Ukraine-Krieg

BASF kappt jetzt Russland-Geschäft fast komplett

Von 
Bettina Eschbacher
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Die BASF will nur noch im Bereich Saatgut und Pflanzenschutzmittel Geschäfte mit Russland machen. © BASF

Ludwigshafen. Die BASF stoppt ihr Russland-Geschäft jetzt fast komplett. Am 3. März hatte der Ludwigshafener Chemiekonzern bekanntgegeben, dass er keine neuen Geschäfte mehr mit Russland und Belarus abschließen will – als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine. Jetzt geht BASF noch einen Schritt weiter: Bis Anfang Juli sollen nun alle Aktivitäten in den beiden Ländern eingestellt werden.

Mit einer Ausnahme: Das Geschäft zur Unterstützung der Nahrungsmittelproduktion läuft weiter, „da der Krieg das Risiko birgt, eine weltweite Nahrungsmittelkrise auszulösen“. Wie eine BASF-Sprecherin auf Anfrage erklärt, handelt es sich dabei „insbesondere um den Bereich Saatgut und Pflanzeneigenschaften sowie um Pflanzenschutzmittel, die zur Vermeidung von Hungersnöten notwendig sind“. Russland ist zum Beispiel größter Weizenexporteur der Welt.

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Von dem Stopp der Geschäftsbeziehungen dagegen betroffen sind in Russland hergestellte oder importierte Produkte, vor allem an Kunden in Gesundheit und Pflege sowie der Automobil- und Bauwirtschaft. Der BASF-Vorstand habe diese Entscheidung laut Mitteilung aufgrund der jüngsten Entwicklungen in diesem Krieg und im internationalen Recht getroffen, einschließlich des fünften EU-Sanktionspakets. „BASF verurteilt den russischen Angriff auf die Ukraine und die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung aufs Schärfste“, heißt es in der Mitteilung.

Ein Prozent des Konzernumsatzes

Besonders groß war das Geschäftsvolumen auch vor dem Ukraine-Krieg nicht: 2021 lag der Anteil von Russland und Belarus am Gesamtumsatz der BASF – in Höhe von 78,6 Milliarden – bei rund einem Prozent. Aktuell sind 684 Mitarbeitende für den Dax-Konzern in Russland und Belarus tätig. Diese will BASF bis Jahresende „weiterhin unterstützen“. Wie konkret diese Unterstützung aussieht, ob etwa das ganze Gehalt weitergezahlt wird, teilte das Unternehmen nicht mit.

In Russland wurde bisher an zwölf Standorten produziert. Möglich ist, dass Anlagen der BASF nun verstaatlicht werden. Entsprechende Maßnahmen hatte Russland als Reaktion auf Werksschließungen ausländischer Unternehmen angekündigt. Deshalb will zum Beispiel HeidelbergCement, ebenfalls ein Dax-Unternehmen, in Russland weiterproduzieren.

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Die drei Zementwerke dort stellten große Vermögenswerte dar, so argumentiert der Baustoffhersteller. Wenn man sich aus dem Geschäft zurückziehe, sei anzunehmen, dass diese Werke in Staatshand fallen würden. Wie groß BASF das Risiko beurteilt, Anlagen in Russland an den Staat zu verlieren, war aber nicht zu erfahren. Die Sprecherin erklärte, dass man sich nicht „an Spekulationen über die weitere Entwicklung“ beteilige. Derzeit werden detaillierte Pläne zu einer geordneten Einstellung der Aktivitäten in Russland und Belarus erarbeitet.

Vor einigen Tagen hatte auch der Walldorfer Softwarekonzern SAP angekündigt, sich noch stärker aus Russland zurückziehen zu wollen. In den vergangenen Wochen war das Unternehmen von der ukrainischen Regierung kritisiert worden, weil es seine Aktivitäten zunächst nur teilweise eingestellt hatte. Weitere Firmen aus der Region, wie der fränkische Ventilatorenhersteller ebm-papst oder der Kindergetränke-Produzent Capri Sun mit seinem großen Werk in Eppelheim, haben ihr Russland-Geschäft bis auf Weiteres ausgesetzt und verkaufen ihre Produkte dort nach eigenen Angaben nicht mehr.

Der öffentliche Druck auf Unternehmen, vor allem bekannte Marken, ist groß. Zu spüren bekam das zum Beispiel der Schokoladenhersteller Ritter Sport: Weil er seine Produkte weiter in Russland verkaufte, erntete er einen Shitstorm, im Internet wurde zum Boykott aufgerufen. Das Unternehmen argumentierte wiederum, ein Rückzug aus dem zweitwichtigsten Absatzmarkt gefährde Arbeitsplätze und die Lebensgrundlage vieler Kakaobauern. Ein Sprecher hatte sich bestürzt geäußert über die Welle des Hasses, die dem Hersteller entgegenschlage. Schließlich gab der Schoko-Hersteller bekannt, dass er den Gewinn aus den laufenden Verkäufen in Russland an humanitäre Hilfsorganisationen spenden werde.

Gasembargo größte Sorge

Für BASF wiederum ist ein mögliches Gasembargo die ungleich größere Bedrohung als der Verzicht auf einen kleinen Teil des Konzernumsatzes. Vorstandschef Martin Brudermüller fand in den vergangenen Wochen deutliche Worte für die Folgen, falls ein Importstopp für russisches Gas verhängt wird. Das könne die deutsche Volkswirtschaft in „ihre schwerste Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs bringen“, hat er zum Beispiel gewarnt. Deutschland bezieht rund 55 Prozent seines Bedarfs an Erdgas aus Russland. Das sei kurzfristig nicht zu ersetzen.

Bei der BASF würde ein Rückgang der russischen Lieferungen zu Einschnitten bei der Produktion führen. Das Unternehmen hat vorgerechnet, dass eine Reduzierung der Gasversorgung auf unter die Hälfte des heutigen Bedarfs „zu einer vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit“ im Stammwerk Ludwigshafen führen würde. Sollten Basischemikalien nicht mehr geliefert werden können, werde das die Lieferketten vieler Branchen treffen, wie Landwirtschaft, Automobil, Hygiene, Pharma oder Elektronik.

Teuer kommt die BASF bereits jetzt, dass der Start der neuen Ostseepipeline Nord Stream 2 auf Eis gelegt wurde. Deshalb hatte die Mehrheitsbeteiligung Dea Wintershall Wertberichtigungen für ihre Darlehen an die Nord Stream 2 AG vorgenommen. BASF berücksichtigt diese Wertberichtigungen in ihrem Ergebnis zum 1. Quartal anteilig mit rund 1,1 Milliarden Euro.

Am Freitag stellt sich BASF auf der virtuellen Hauptversammlung den Fragen der Aktionäre.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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