Komplexer Fall vor dem Mannheimer Landgericht  

Banken bei Krediten betrogen?

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Auch beim Verkauf von Photovoltaikan-lagen soll betrogen worden sein. © Sebastian Gollnow
Eine Stunde benötigt Staatsanwältin Christiane Prantl, um die 23 Seiten der Anklage vorzutragen: Diese legt einem in Untersuchungshaft sitzenden Geschäftsmann zur Last, sich bei vier Banken in der Rhein-Neckar-Region zwischen Herbst 2016 und Spätjahr 2018 mittels falscher Angaben und manipulierter Urkunden satte Darlehen in einer Gesamthöhe von 20 Millionen Euro erschlichen zu haben. Außerdem geht es am Mannheimer Landgericht um den betrügerischen Verkauf von Photovoltaikanlagen.

Selbstanzeige gestellt

Dass es sich um komplexe Vorwürfe in einem Gewirr von Gesellschaften beziehungsweise Beteiligungen handelt, signalisiert bereits die Tatsache, dass die Große Wirtschaftsstrafkammer bis Ende März 18 Verhandlungstage angesetzt hat. Wie die Vorsitzende Richterin Christiane Loos mitteilt, gab es im Vorfeld keine Gespräche im Sinne eines „Deals“.
Zu den skurrilen Besonderheiten des Falles gehört, dass der im Raum Heidelberg tätige Geschäftsmann im April 2019 eine Selbstanzeige gestellt und darin seine Kredittricksereien offenbart hat – mit wortreich beteuerter Reue. Aber im gleichen Jahr – die in Mannheim ansässige Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität ermittelte noch – soll der heute 49-Jährige schon eine neue Betrugsmasche ausgetüftelt haben: Die Anklage wirft dem einstigen Geschäftsführer einer Solaranlagen-Firma vor, gemeinsam mit einem anderen Unternehmen einen Kaufvertrag über eine Photovoltaikanlage abgeschlossen zu haben, obwohl man an ihr keine Eigentumsrechte besaß. Ein ahnungsloses Ehepaar überwies auf Basis eines gefälschten Vertrages 695 000 Euro plus Umsatzsteuer. Die Staatsanwaltschaft listet vier betrügerische Verkäufe von Solaranlagen auf. Jene angeblichen Gutschriften für eingespeisten Strom, mittels derer die getäuschten Erwerber hingehalten wurden, sind nie ausgezahlt worden.
Aus der verlesenen Anklage geht hervor, dass die Raiffeisen Privatbank Wiesloch-Baiertal dem Kreditbetrüger in Millionenhöhe aufgesessen ist: Darlehen sind nicht nur an den Geschäftsmann R. vergeben worden, sondern auch an dessen Ehefrau und außerdem an die Eltern. Dem Geldinstitut wurde als Sicherheit ein riesiges Familienvermögen von 87 Millionen Euro vorgegaukelt, das angeblich von der Hamburger Sparkasse verwaltet wurde. Erstaunlicherweise fielen weder die gefälschten Kontoauszüge beziehungsweise Unterlagen auf, noch gab es direkte Anfragen bei der norddeutschen „Haspa“.
Außerdem haben regionale Volksbanken – vertrauend auf gefälschte, aber nicht vorhandene Sicherheiten – hohe Darlehen ohne Bonitätskontrolle gewährt. Zur Auszahlung eines gemeinschaftlichen Kredits von drei Instituten (Konsortialkredit) in Höhe von 15 Millionen Euro soll es nur deshalb nicht mehr gekommen sein, weil bei einer verbandsinternen Prüfung Merkwürdigkeiten auffielen.

Mannheim.

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