Mannheim. Deutschland hat im internationalen Steuerwettbewerb weiter an Boden verloren. Das lässt sich am aktuellen Mannheim Tax Index des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ablesen. Nach der Senkung des französischen Körperschaftsteuersatzes zwischen 2019 und 2022 von 33,5 Prozent auf 26 Prozent ist die Steuerbelastung der Betriebe in Deutschland im Vergleich mit wichtigen Wettbewerbern am höchsten.
Laut der Auswertung des Mannheimer Forschungsinstituts liegt die effektive Durchschnittssteuerbelastung eines profitablen Investitionsprojekts im Jahr 2022 bei 28,8 Prozent. Damit übersteigt sie den EU-Durchschnitt um zehn Prozentpunkte. Im internationalen Vergleich von 35 Ländern rangiert Deutschland auf Platz drei knapp hinter Spanien mit 29 Prozent. Die Spitze belegt Japan, mit einem Steuersatz von 34,1 Prozent.
ZEW-Forscherin: Was Deutschland jetzt braucht
„Deutschland hat gegenüber Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich inzwischen Hochsteuerlandcharakter für Investitionen“, sagt Christoph Spengel von der Universität Mannheim, der im Team mit ZEW-Forschern die Daten erhoben hat.
Und das hat nach Spengels Einschätzungen unangenehme Folgen: „Die Position Deutschlands im Mittelfeld der Steuerbelastungen vergleichbarer großer Industrie-Nationen ist aufgrund fehlender Reformen seit der grundlegenden Steuerreform aus dem Jahr 2008 gefährdet“, lautet das Fazit. ZEW-Forscherin Daniela Steinbrenner warnt: „Ohne Änderungen bei der Körperschaftsteuer ist Deutschland aus steuerlicher Perspektive ein vergleichsweise unattraktiver Standort für Unternehmen mit internationalen Investitionsalternativen.“
Welche Länder als Vorbild dienen können
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machen auch konkrete Reformvorschläge: Neben einer generellen Absenkung des hohen Gewinnsteuersatzes - wie es Frankreich gemacht hat - sehen sie in Sonder- und Sofortabschreibungen nach dem Beispiel Großbritanniens eine attraktive Alternative. Von diesen profitieren demnach nur Unternehmen, die tatsächlich investieren. Eine deutliche Verbesserung der Investitionsdynamik erwartet das ZEW-Team aber nur, wenn diese breit angelegt sind, damit eine Vielzahl von Betrieben profitieren kann.
Die effektive Durchschnittssteuerbelastung spielt bei Standortentscheidungen multinationaler Konzerne eine wichtige Rolle. Der Mannheim Tax Index berücksicht deshalb neben den Steuern auf Gewinne und eingesetztes Kapital auch die Regelungen bei Abschreibungen oder Vorratsbewertung.
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