Wo in Mannheim Gold zu Geld gemacht wird

Beim mittlerweile einzigen öffentlich-rechtlichen deutschen Leihamt in Mannheim kann man Gold verpfänden oder verkaufen. Zu was ein Experte des Leihamtes rät - und wovon er abrät

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Klein, aber kostbar: Angesichts der aktuellen Rekordpreise beim Gold ist dieser 100-Gramm-Barren mehrere Tausend Euro wert. © Leihamt/Axel Heiter

Gold ist Mythos. Besonders in der Vorweihnachtszeit, wenn schmucke Preziosen für den Gabentisch oder Krügerrandmünzen fürs „Nobel-Sparen“ mit symbolträchtigen Rauschgoldengeln um die Wette glitzern und obendrein das Edelmetall, wie aktuell, sämtliche Preisrekorde bricht. Es ist aber nicht alles Gold, was glänzt. Davon weiß der Chef des Mannheimer Leihamtes, Jürgen Rackwitz, schillernde Geschichten zu erzählen.

Die inzwischen einzige öffentlich-rechtliche Pfandanstalt Deutschlands hat dort ihr Domizil, wo vor mehr als einem Jahrhundert hinter einer (inzwischen restaurierten) palazzoartigen Fassade die Süddeutsche Bank residierte. Die heutige „Bank des kleinen Mannes“ beleiht Wertgegenstände. Und Gold lässt sich, salopp ausgedrückt, bei einem finanziellen Engpass wunderbar versilbern, bleibt aber im Eigentum. Bei der klassischen Pfandleihe macht dieses Edelmetall inzwischen über 90 Prozent aus, berichtet Rackwitz.

Fernseher, Pelzmäntel und Co. nimmt das Mannheimer Leihamt nicht mehr an

Als er die Position vor gut zwei Jahrzehnten übernahm, sind noch jede Menge Fernsehgeräte, Videorekorder, auch Orientteppiche, außerdem Pelzmäntel zur Beleihung angenommen worden. „Solche Sachen akzeptieren wir aber nicht mehr“, der Wertverfall vollziehe sich zu schnell.

Das Leihamt gewährt nicht nur Pfandkredite, es kauft das Edelmetall auch an - ob als Schmuck, Medaillen, Nuggets oder Zahngold. Der Wert des glänzenden Elements mag zwar gewaltig schwanken, hat sich aber noch nie in heiße Luft aufgelöst - wie so manche Crash-Aktie oder Vermögensblase. Schließlich zeichnet Gold aus, nicht reproduzierbar, außerdem unzerstörbar und obendrein ziemlich rar zu sein.

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Zu dem Gespräch mit dieser Redaktion hat Rackwitz zwei Tabletts vorbereiten lassen, auf denen es glitzert und glänzt: Das Auge der Journalistin nimmt auch auf den zweiten Blick nicht wahr, dass sich auf der einen Samt-Unterlage um die 80 000 Euro türmen. Allein der zwischen Schmuck prangende ein Kilo schwere (zertifizierte) Goldbarren - welch ein Gefühl in der Hand! - kostet an diesem Dezembertag mehr als 60 000 Euro.

Finger weg von „Autobahngold“

Und wie hoch ist der Wert jener Ringe, Ketten Armbänder und Uhren, die sich auf dem Tablett nebenan gülden präsentieren? Null, nix, niente, weil „Autobahngold“ - so die Botschaft von Marek Brach und Alina Sprenger vom Goldschmiedeteam. Weil Schmuck aus poliertem Messing beziehungsweise „Fake-Gold“ samt Falschstempel vorzugsweise auf Parkplätzen von Autobahnraststätten, aber auch vor Supermärkten mit rührseligen (Lügen-)Geschichten wortreich angedreht wird, hat sich nicht nur bei der Polizei der Begriff „Autobahngold“ eingebürgert.

Brach und Sprenger erleben regelmäßig, wie gutgläubige Spontankäufer ein ach so echt wirkendes „Goldarmband“ oder vermeintliche Schnäppchen-Halsketten im Leihamt verkaufen wollen und kaum fassen können, auf Trickbetrüger hereingefallen zu sein. Üblicherweise analysieren die zwei ausgebildeten Fachkräfte vorgelegte Edelmetalle mit einer geeichten Präzisionswaage, außerdem den jeweiligen Feingehalt mithilfe von Säureprüfkasten, Dichtewaage und zerstörungsfreier Röntgenfluoreszenz. Das „Bling-Bling“ von „Autobahngold“ erkennen sie allerdings auch ohne Hightech.

Wenn der Goldpreis klettert, wollen viele Menschen den geerbten Schmuck von Oma oder Opas Medaillen zu Geld machen - was auch für Zahngold gilt. Allerdings warnen Verbraucherberatungen vor unseriösen Praktiken. Wie fair Altgold bewertet wird, testete die SWR-Sendung „Marktcheck“ vor einigen Monaten in Mannheim bei zwei privaten Ankäufern und dem Leihamt mit versteckter Kamera. Lediglich das kommunale Leihamt bekam bescheinigt, „absolut fair“ und auf den Cent tagesaktuell bewertet zu haben. „Zahle Höchstpreise - bei dieser Werbung werde ich misstrauisch“, sagt Rackwitz, der die mannigfachen Tricks der „Höchstanbieter“ kennt. Beispielsweise wird der angebliche Superpreis pro Gramm nur für einen Kilobarren gewährt - was ungefähr so häufig ist, als würde Dagobert Duck aus seiner Gold-Badewanne eine Münze vorbeibringen.

In welche Art von Gold investieren? Barren, Münze oder Schmuck?

„Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles“ - dieser Faust‘sche Goethe-Satz ist keineswegs Schall und Rauch, sondern funkelt bis heute als Tatsache. Allerdings gehen die Meinungen über das Edelmetall als Anlagegut auseinander. Banker argumentieren häufig, dass sich damit keine Rendite erzielen lässt - es sei denn, zu niedrigem Kurs erworbenes Gold wird in einer Hochpreisphase verkauft.

Gleichwohl wird Gold zum Absichern von Risiken geschätzt. Aber macht es Sinn, jenseits von Barren und klassischen Münzen wie Krügerrand oder Maple Leaf, die als bankhandelsfähig gelten, auch in Schmuck zu investieren? Rein wirtschaftlich gesehen, so Rackwitz, sei dies nicht zu empfehlen. Denn aufwendig verarbeitetes Geschmeide kann den Material-Gegenwert weit übersteigen. Sollte freilich eines Tages der Handel mit Gold untersagt werden, gibt Rackwitz zu bedenken, würde Goldschmuck „unendlich an Wert gewinnen“. Und deshalb sieht er jene 22-Karat-Goldreifen, wie sie in orientalischen Ländern als Wertanlage verwendet werden, „keineswegs als unklügste Alternative“.

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