ZEW

Wieviel Geld der Staat für unsere Zukunft ausgibt

Das ZEW Mannheim hat die Ausgaben im Bundeshaushalt untersucht. Warum den Ökonomen die Weitsicht im Etat fehlt und warum das sogar noch schlimmer werden kann

Von 
Walter Serif
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Ein Fünftel der Etatausgaben sind auf die Zukunft ausgerichtet. © Daniel Karmann

Mannheim. Wie viel Zukunft steckt im Bundeshaushalt? Als der Bundestag Ende Januar über den Etat debattierte, meinte Finanzminister Christian Lindner, die Bundesregierung würde trotz aller Sparzwänge unsere Zukunft sichern. Begründung des FDP-Politikers: Die Investitionen würden dank der Ampel-Koalition auf Rekordniveau steigen.

Studie des ZEW Mannheim: Nur jeder fünfte Euro fließt in die Zukunft

Nach Ansicht von Forschern des ZEW Mannheim lässt sich aber mit dem verengten Blick auf die Investitionen nicht ablesen, welchen Nutzen die staatlichen Ausgaben für die mittlere oder ferne Zukunft haben. So ist es ja ein Unterschied, ob Steuergeld in ein Fußballstadion oder in ein KI-Forschungszentrum fließt. Außerdem fallen unter Investitionen nur Sachkapitalausgaben, aber keine Personalausgaben für Bildung und Forschung. Das ZEW hat deshalb alle Ausgaben im Bundeshaushalt untersucht. Das Ergebnis: Der Staat gibt nur jeden fünften Euro für die Zukunft aus.

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Für seine Berechnungen hat das Wirtschaftsforschungsinstitut einen speziellen Indikator entwickelt, den es seit 2018 einsetzt. Die Zukunftsquote bemisst den Anteil der Ausgaben im Etat mit hohem Zukunftsbezug. Beim Etat 2023 lag die Quote bei 20 Prozent – der Wert war während der Pandemie auf 18,2 Prozent gesunken. Der Höchstwert betrug 2018 exakt 20,4 Prozent.

Sondervermögen erhöhen Zukunftsquote im Bundeshaushalt

Die aktuelle Zukunftsquote wäre sogar niedriger, aber das ZEW hat nicht nur den Kernhaushalt, sondern auch die Sondervermögen einbezogen. Und diese steigern das Gesamtergebnis mit einigen Ausnahmen überproportional. Beim Klima- und Transformationsfonds (KTF) liegt die Zukunftsquote bei 65,8 Prozent, der Digitalfonds kommt sogar auf 81,3 Prozent. Dagegen errechnen die Forscher beim Wirtschaftsstabilitätsfonds eine Zukunftsquote von null Prozent, weil das Geld ausschließlich in die Krisenbekämpfung geflossen ist.

„Die Sondervermögen der vergangenen Jahre haben die Zukunftsorientierung der Bundeshaushalte gestützt. Das Ende der schuldenfinanzierten Nebenhaushalte nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt daher eine große Herausforderung dar“, sagt ZEW-Wissenschaftler Friedrich Heinemann. Und was schlägt er dann vor, beim KTF musste nach dem Karlsruher Urteil ja bereits gekürzt werden?

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„Im Kernhaushalt sollten deswegen die Zukunftsausgaben gestärkt werden, um ein langfristiges Absinken der Zukunftsquote zu verhindern“, so Heinemann. Zuschüsse an die Rentenkasse fallen zum Beispiel nicht darunter. Deshalb stellt sich die Frage, wie realistisch die Forderung ist. Denn es tun sich ja immer neue Finanzlöcher auf.

Die Zukunftsquote kann nach Ansicht der Autoren auch einen Beitrag im Rahmen einer Reform der Schuldenbremse leisten. Viele Vorschläge zielten auf eine höhere Investitionsorientierung der Schuldenbremse ab. Doch aufgepasst, warnen die Forscher. Denn dann würde ja für die Politik der Anreiz bestehen, bestimmte Ausgaben einfach als Investitionen zu deklarieren.

Sind höhere Kredite eine Option?

Die Wissenschaftler schlagen deshalb eine Erhöhung der Obergrenze für die Kreditaufnahme vor – mit der Bedingung, dass die Zukunftsquote dann um einen genau bestimmten Wert steigen muss. Parlamente und Rechnungshöfe müssten dann ein Auge darauf haben, damit es bei der Verbuchung der Ausgaben keine Manipulationen gibt.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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