Der Mannheimer Südzucker-Konzern reagiert verhalten auf den Regierungsplan für mehr gesündere Ernährung. Das Ziel, allen Menschen in diesem Land eine gute Ernährung zu ermöglichen, unterstütze man zwar, erklärt ein Sprecher. „Auch sehen wir, dass man in der Ernährungsstrategie zurecht Bewegung und Kalorien in den Blick nimmt. Denn für das Körpergewicht zählt die Kalorienbilanz - also wie viele Kalorien am Tag aufgenommen und wie viele verbrannt werden. Bedauerlicherweise stellt die Ernährungsstrategie aber dann auf einzelne Lebensmittel oder sogar Nährstoffe, wie Zucker, ab, was eben zu eng gedacht ist“, so der Sprecher weiter.
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Weniger Zucker, Fett und Salz beim Essen vor allem für Kinder, mehr Bio und Regionales beim Mittagstisch in der Kantine: Für Millionen Menschen soll eine gesündere Ernährung im Alltag leichter werden. Das Kabinett beschloss dazu eine Strategie mit Zielen und Maßnahmen, Agrarminister Özdemir hatte sie am Mittwoch vorgestellt. „Leckeres, gesundes und nachhaltiges Essen darf nicht vom Geldbeutel abhängen oder davon, aus welcher Familie man kommt“, sagte Özdemir. Und fügte gleich noch zur Klarstellung hinzu: „Entscheiden muss sich dann jeder selbst, da hat niemand jemandem etwas vorzuschreiben.“ Denn um einen „Kulturkampf“ solle es ausdrücklich nicht gehen, machte der Minister mit Blick auf Debatten deutlich, ob noch Schnitzel oder Kaffee mit Zucker auf dem Tisch sein dürfen.
WWF übt Kritik
Ansetzen soll die Strategie „Gutes Essen für Deutschland“ besonders an Orten, wo jeden Tag viele Menschen essen, trinken oder einkaufen - in Firmen, Schulen, Kitas und Supermärkten.
„Lebensmittel in gut und böse aufzuteilen, ist genauso wenig zielführend, wie eine reine Zuckerreduktion, ohne gleichzeitig die Kalorien zu senken. Das macht niemanden schlank“, sagt der Südzucker-Sprecher. „Es kommt eben auf die Kalorienbilanz und eine ausgewogene Ernährung insgesamt an, zu der traditionell auch Zucker gehört.“
Die Verbrauchzentralen begrüßen es, dass die Bundesregierung den Handlungsbedarf erkannt habe. Die Strategie sei „ein erster Schritt“, entscheidend aber die Umsetzung. Die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) erklären, bei konkreten Maßnahmen bleibe die Strategie schwammig. Es sei fraglich, ob die Ernährungswende so erreicht werden könne. Die Umweltorganisation WWF moniert, die Pläne blieben unverbindlich. Denkbar wäre etwa ein Bundesinvestitionsprogramm mit Eigenanteilen der Länder für die Umstellung auf eine nachhaltige Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen oder Krankenhäusern.
Werbeverbote geplant
Die Strategie enthält auch, dass die Regierung Beschränkungen bei der Werbung für ungesündere Produkte an die Adresse von Kindern plant. Nur steckt das Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag seit Monaten wegen Einwänden der FDP fest. Özdemir warb am Mittwoch für die überarbeiteten Pläne, über die weiter zu reden sei. „Ich stehe da im Wort“, machte er klar. Es wäre „ein Treppenwitz der Geschichte“, wenn man keine Lösung fände. Özdemir hat die Vorgaben schon enger gefasst. Werbeverbote für Produkte mit zu viel Zucker, Fett und Salz sollen demnach auf Zeiten konzentriert werden, wenn besonders viele Kinder Fernsehen schauen. (mit dpa)
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