Viernheim. Der Online-Supermarkt Picnic ist auf seiner Expansionstour in den Süden Deutschlands in der Region angekommen. Am Mittwoch hat das Unternehmen, das 2015 in den Niederlanden gegründet worden ist, in Viernheim sein neues Fulfillment-Center eröffnet. Dabei handelt es sich um ein Logistikzentrum, in dem die Produkte - mehrheitlich Lebensmittel - gelagert und nach dem Bestelleingang verpackt und mit kleinen elektrisch angetriebenen Transportern ausgeliefert werden. Sie werden demnächst auch in der Region unterwegs sein.
Mitgründer hat Bezug zu Viernheim
Obwohl der Sitz von Picnic in Düsseldorf ist, hat Frederic Knaudt, Mitgründer von Picnic Deutschland, einen engen Bezug zur Region: „Meine Frau kommt aus Viernheim“, erzählte er bei der Eröffnung. Beim Treffen mit der Schwiegermutter am Vorabend sei man auf Bürgermeister Matthias Baaß zu sprechen gekommen. In Anspielung an dessen schon über 25 Jahre dauernde Amtszeit sagte Knaudt: „Wir wollen Ihnen die Langfristigkeit nachmachen und lange in Viernheim vertreten sein.“ „Wir sind sehr glücklich darüber, dass es gelungen ist, Picnic für diesen Standort zu gewinnen“, freute sich Baaß, der das Konzept als „sehr zukunftsträchtig“ bezeichnete. Es könne viele Menschen aus der Region in Arbeit bringen.
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„Das Gebäude steht beispielhaft für den Wandel im Handel“, sagte der Bürgermeister. Die etwa 25 000 Quadratmeter große Halle im Gewerbegebiet war früher ein Zentrallager von Kaufhof. Zehn Filialen der Region seien von dort aus beliefert worden, berichtete Baaß. „An Ihrem innovativen Konzept wird erkennbar, welcher Wandel stattgefunden hat.“ Das Berliner Immobilienunternehmen Aventos hat das Gebäude 2021 gekauft, weiterentwickelt und umgebaut. „Es war unfassbar ineffizient genutzt und von außen heruntergekommen“, sagte Patrick Ibler, Leiter der Entwicklungsabteilung Süddeutschland. „Man sieht, dass wir was gemacht haben.“
Weiterer Standort in Wiesloch ist schon im Bau
Noch sieht das Viernheimer Fulfillment-Center recht leer aus. Es befindet sich im Hochlauf, die Zahl der täglichen Bestellungen liegt noch bei nur rund 50. Etwa die gleiche Anzahl Menschen sind laut Standortleiter Karl Köpke dort bislang beschäftigt. Doch in den nächsten Wochen und Monaten werden es deutlich mehr. Bis zu 550 Personen sollen dort einmal arbeiten, und auch damit ist das Wachstum längst nicht beendet. Ein weiteres Fulfillment-Center in Wiesloch ist schon im Bau.
Drei Lagerzonen
Trotz einiger Lücken in den Regalen erscheint die Halle wie ein riesiger Supermarkt. Es gibt drei Lagerzonen für Tiefkühl- (minus 22 Grad), Kühl- (vier Grad) und Trockensortiment (Raumtemperatur). Was für den Laien fehlt, ist die Ordnung nach Warengruppen, die man aus dem Laden kennt. Auf einzelnen Paletten lagern nebeneinander ein paar Dutzend Flaschen Marken-Mineralwasser, sechs Dosen Tomaten, Kartoffeln, Weinflaschen oder Melonen. Die Regale ähneln denen im Supermarkt, nur dass anstelle der Preisschilder Etiketten mit QR-Codes und Zahlen für die internen Abläufe angebracht sind. Wegen möglichen Bruchs lagern Gläser eher in Bodennähe, Kosmetikartikel sind von Lebensmitteln getrennt.
Klares Konzept beim Packen der Bestellungen
Für Picnic hat das Ganze System. Geht es doch darum, den Bestell- und Lieferprozess zügig abzuwickeln. Noch wichtiger ist, dass die Ware nicht beschädigt wird und unversehrt bei den Kunden ankommt. Deshalb beginnen die „Shopper“, wie die Kommissionierer heißen, ihre Runde bei den schwersten Artikeln, den Getränken. Begleitet werden sie von einem großen Wagen mit 21 Kisten, die nach einem bestimmten System, das ihnen ein Computer vorgibt, befüllt werden. Weiche, empfindliche Waren wie Brot oder Chips kommen zum Schluss in die Box. (Tief-)Kühlware wird separat in isolierte Boxen verpackt.
Sind alle 21 Boxen gepackt, werden sie in größere Transporter verladen und in Zwischenlager - „Hubs“ - gebracht. Dort werden die Kisten direkt in die nur 1,35 Meter breiten, von Picnic konzipierten E-Transporter weiterverladen und schließlich zu den Kunden gefahren.
Potenzial von vier Millionen Haushalten im Südwesten
In Deutschland ist Picnic seit 2018. Angefangen in Neuss, war die Region Rhein-Ruhr erstes Liefergebiet. Später kam der Großraum Hamburg/Bremen, dann Berlin hinzu. Der neue Standort in Viernheim wird intern als Frankfurt bezeichnet, weil Picnic nicht nur die Metropolregion Rhein-Neckar, sondern auch das Rhein-Main-Gebiet abdecken will. Dort liegen auch die ersten Ziele, die seit einigen Tagen von Viernheim aus betreut werden: Darmstadt und Wiesbaden. Als nächstes sind Mainz und Hanau dran, danach sollen Bestellungen aus Viernheim, Mannheim und Heidelberg möglich sein. Köpke geht davon aus, dass es in etwa vier Wochen soweit ist.
Picnic sieht in der Region ein Potenzial von etwa vier Millionen Haushalten. „Das ist ein sehr wichtiger Schritt für uns“, sagte Joris Beckers, einer der vier Picnic-Gründer bei der Eröffnung. „Es ist für uns die wichtigste Region, im Herzen Deutschlands.“
Zielgruppe: Familien und ihr Wocheneinkauf
Picnic orientiert sich bei seinem Geschäftsmodell am „Milchmann-Prinzip“ und unterscheidet sich damit grundlegend von anderen Lieferdiensten. Während bei Konkurrenten wie Gorillas, Flink, Getir oder flaschenpost.de auf Abruf bestellt werden kann und die Lieferung meist kurz danach beim Kunden ist, setzt Picnic auf feste Bestell- und Lieferzeiten. Das soll den Prozess effizient und kostensparend gestalten und Lebensmittelverschwendung verhindern. Außerdem ist die Zielgruppe eine andere: „Picnic ist dort stark, wo besonders viele Familien leben“, erklärte Knaudt. Sie nutzten Picnic für den Wocheneinkauf, der durchschnittliche Kunde bestelle 43 Mal im Jahr. Eine Liefergebühr gibt es nicht, dafür liegt der Mindestbestellwert bei 35 Euro.
Bis 23 Uhr können Kunden für den nächsten Tag bestellen. Erst dann ordert Picnic Frischwaren wie Brot, Obst, Gemüse, Fleisch oder Wurst. Weil dafür der genaue Bedarf bekannt ist, bleibt nichts übrig. Die Belieferung des Fulfillment-Centers übernimmt der Partner Edeka.
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