Risikokapital

Sparkasse Rhein Neckar Nord beteiligt sich an Start-up Styx

Sparkasse und Risikokapital - geht das? Die Sparkasse Rhein Neckar Nord hat sich jetzt mit Styx aus Mannheim ausgerechnet an einem Unternehmen beteiligt, das Start-ups Risikokapital gibt. Warum der Deal passen soll

Von 
Walter Serif
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Die Sparkassen-Manager Andreas Kautz (l.) und Thomas Kowalski (3. v. l.) mit den Styx-Gründern David Zwilling (2. v. l.) und Florian Fischer (r.) © Thomas Tröster

Mannheim. „Wenn’s um Geld geht - Sparkasse“. Jeder kennt diesen legendären Spruch, der inzwischen ein wenig angestaubt klingt. Die Sparkassen steuern deshalb gegen - zum Beispiel mit lustiger Kinowerbung. Damit betreiben sie bei der Jugend Imagepflege. Da gibt es ja einige, die nicht unbedingt von Bausparverträgen träumen, sondern sich lieber die ETF-Kurse auf einer Smartphone-App anschauen.

Schwieriger Immobilienmarkt

So locker-leicht wie die Werbung daherkommt, ist das Umfeld der Sparkassen in der Realwelt aber längst nicht mehr. Die Zeiten sind schwierig - mitten in der Rezession, die geprägt ist von einem Gebräu aus Inflation, steigenden Zinsen, niedrigem Wachstum und Zukunftsängsten.

Dieses Umfeld ist auch Gift für den Immobilienmarkt, auf dem die Sparkasse Rhein Neckar Nord in Mannheim ein großer Akteur ist. Als Kreditgeberin und Maklerin - sie hat eine eigene Immobilien-Gesellschaft. Gegenwärtig gehen die Immobilienpreise zwar leicht nach unten. „Aber die hohen Zinsen setzen den Menschen zu, viele können sich einen Kauf nicht leisten“, weiß Vorstandschef Stefan Kleiber. Wer in der Verwertungskette Immobilien weiter Geld verdienen will, muss sich deshalb doppelt anstrengen und auch die ausgetretenen Pfade schleunigst verlassen.

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Vor diesem Hintergrund ist der Sparkasse ein Coup gelungen, der zeigt, wie offen die Köpfe in der Zentrale am Mannheimer Paradeplatz für neue Ideen sind. Die Sparkasse hat nämlich mit dem Mannheimer Start-up Styx Urban Investments einen Partner gefunden, der ihren Horizont erweitert. Die Sparkasse und Styx agieren zwar auf dem demselben Geschäftsterrain, aber in verschiedenen Rollen.

„Die Immobilien waren sozusagen unser Match“, sagt der stellvertretende Sparkassen-Vorstandschef Thomas Kowalski. Er und Andreas Kautz, Fachmann für Eigenanlagen und Beteiligungen, haben zwei Gesprächspartner zum Pressetermin mitgebracht, die keine Nobodys in der Start-up-Szene sind. Florian Fischer und David Zwilling gründeten den Risikokapitalgeber Styx 2020 in Mannheim - zusammen mit Marcel Hauptenbuchner, der auch als Investor firmiert. In Mannheim ist dieser umstritten, seine Kritiker werfen ihm Gentrifizierung vor, weil nach dem Kauf und der Sanierung von Immobilien die alten Mieter angeblich durch Wohlhabendere verdrängt würden.

Styx investiert Risikokapital in junge Start-ups, die Technologien und Lösungen für die Themen Stadt und Immobilien anbieten. Das Unternehmen betritt in deren Frühphase das Feld und schaut, ob es sich lohnt, ihnen Geld zu geben. Dass sich die Sparkasse jetzt mit einem „größeren sechsstelligen Betrag“ (Kowalski) bei Styx eingekauft hat, ist überraschend. Denn bei dem Wort Risikokapital gehen bei der Sparkasse in der Regel die Alarmglocken an. Doch deren Kunden müssen jetzt keine Angst haben. „Die Beteiligung liegt unter zehn Prozent, wir gehen also nur ein geringes kalkuliertes Risiko ein, denn der investierte Betrag ist vergleichsweise sehr niedrig“, sagt Andreas Kautz.

Neuland im Bereich Risikokapital

Gleichwohl betritt die Sparkasse Neuland auf dem Geschäftsfeld Wagniskapital. „In der Regel kommen wir als Kreditinstitut ja erst später an den Tisch, wenn’s ums Fremdkapital geht“, sagt Vorstandsvize Kowalski. Die Sparkasse kann also mit ihrer Beteiligung Geld in einer Phase der Verwertungskette verdienen, die sie bisher gemieden hat.

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Christian Schall
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Styx hat sich bisher an acht Unternehmen beteiligt, damit wird das Risiko der Sparkasse weiter gestreut. „Wir investieren bis zu 500 000 Euro je Unternehmen und wollen pro Jahr drei bis fünf Beteiligungen unter Dach und Fach bringen“, sagt Florian Fischer. Mit Zahlen geizt er allerdings. Klar wird aber, dass Styx ähnlich wie eine Beteiligungsgesellschaft agiert. Die Start-ups bekommen Geld, und wenn die Gewinnzone erreicht ist, gibt Styx die ein oder andere Beteiligung wieder ab. Dauerhafte Investments dürften deshalb eher die Ausnahme sein.

Living Lab als Experimentierfeld

Interessant natürlich auch für die Sparkasse ist, dass Styx den Start-ups mit dem sogenannten Living Lab ein Experimentierfeld anbietet, das diesen hilft, ihre Geschäftsidee auszutesten - und Styx die Möglichkeit zu erkennen, ob es nicht doch besser wäre, die Hände von dem Investment zu lassen. „Wir können also testen, bevor wir investieren. Es gibt natürlich auch Ausfälle, aber wir gehen natürlich nicht so aggressiv ins Risiko wie die Investoren in den USA“, sagt David Zwilling. Das hören Kowalski und Kautz gerne und geben diese für die Sparkassen risikomindernde Message weiter.

Im Living Lab erfolgreich ausprobiert wurde das israelische Unternehmen Solidrip, das ein Bewässerungssystem entwickelt hat. Da die Styx-Gründer viele Immobilien besitzen, konnte Solidrip das System an mehreren begrünten Dächern und Fassaden testen. Das Unternehmen will jetzt nach Mannheim kommen. „Mannheim ist gerade auf dem Gebiet Nachhaltigkeit ein attraktiver Standort für Start-ups“, sagt Zwilling. Ob das Solidrip-Investment wirklich Geld abwirft, muss sich zeigen. Gewiss ist schon jetzt: Das System spart 60 Prozent Wasser.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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