Mannheim. Ungewohnt scharfe Töne in der Mannheimer Startup-Szene: Erst nimmt Snocks-Gründer Johannes Kliesch die Startup-Politik der Stadt Mannheim auseinander, dann geht der Startup-Verband auf Distanz zu dem umtriebigen Mannheimer Unternehmer. Kliesch spreche nicht für die Gesamtheit der Startup-Szene in Mannheim und der Metropolregion, betont Oliver Brümmer, baden-württembergischer Landessprecher des Verbands, in einem Statement auf LinkedIn.
„Das fühlt sich schon scheiße an“
Anlass der Debatte ist ein Gespräch, das der Mannheimer OB-Kandidat Christian Specht kürzlich auf YouTube veröffentlicht hat. Unter seinem Wahlkampf-Slogan „Dein Mannheim kann mehr“ lässt sich der Politiker von Snocks-Gründer Kliesch interviewen. Dabei geht es um die Frage, wie Mannheim Startups unterstützt - und was Specht besser machen will, falls er zum Oberbürgermeister gewählt wird.

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Kliesch - dessen E-Commerce-Startup Snocks es inzwischen auf mehr als 50 Millionen Euro Umsatz bringt - spart in dem Interview nicht mit Kritik an der Startup-Politik der Stadt und deren Dachmarke Next Mannheim, unter der die Gründungszentren gebündelt sind. So habe ihn von Next Mannheim noch nie jemand darauf aufmerksam gemacht, dass es einen städtischen Beteiligungsfonds für Startups gebe. Auch sei er nie unterstützt worden, als Startup mit etablierten Unternehmen in Kontakt zu kommen.
Kliesch hinterfragt zudem, warum die Stadt weiter in Gründungszentren investiere - wo es doch schon mehrere gebe. „Ihr schafft eigentlich nur Büroräume, in Zeiten von Homeoffice und Leerständen“, sagt er und verweist auf eine eigene Umfrage mit mehr als 1000 Teilnehmenden. Die habe ergeben, dass der Bedarf von Gründerinnen und Gründern woanders liege, nämlich bei mehr Netzwerktreffen. Ausgerechnet in dem Bereich habe die Stadt aber nun die Mittel gekürzt - und eine entsprechende Kooperation zwischen Snocks und Next Mannheim auslaufen lassen.

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„Wir haben ein Jahr Vollgas gegeben und dann habt ihr gesagt, jetzt ist kein Budget mehr da“, so Kliesch. „Das fühlt sich für mich schon scheiße an.“ Nach Angaben von Christian Sommer, Geschäftsführer von Next Mannheim, ging es bei der Zusammenarbeit um mehrere Netzwerkveranstaltungen für Gründerinnen und Gründer im zu Snocks gehörenden Café, die „Snocks Coffee Treffs“. Außerdem habe die Vereinbarung „Kommunikationsleistungen“ umfasst, genauer gesagt Postings auf Klieschs LinkedIn-Kanal. Snocks habe für die Kooperation 45 000 Euro bekommen. Man hätte die Netzwerktreffen gerne weiter geführt, habe dafür aber keine Mittel mehr, so Sommer. Allerdings habe man Snocks mehrere Vorschläge gemacht, wie die Treffen auch ohne städtische Gelder weitergeführt werden könnten. „Wir hätten uns um die Organisation gekümmert. Und Snocks hätte weiter Einnahmen gehabt: Zu den Treffen kamen immer um die 100 Leute, die im Snocks Café auch konsumiert haben. Aber ohne zusätzliche Bezahlung wollte Snocks das nicht machen“, so Sommer.
„Wollen Dialog auf Augenhöhe“
In einem Post auf LinkedIn verweist Sommer zudem darauf, dass Snocks in der Vergangenheit durchaus Unterstützung von der Stadt bekommen habe. So habe das Startup in der Frühphase seiner Gründung Fördergelder aus dem Kreatech-Programm der Wirtschaftsförderung erhalten. Kliesch sei außerdem selbst im Beirat von Next Mannheim und „hätte hier die Gelegenheit, seine Anregungen und seine Kritik zu platzieren. Auf Einladungen zu Beiratstreffen hat er nie reagiert.“
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Startup-Verbandssprecher Brümmer, der mit The Hackathon Company selbst ein Unternehmen in Mannheim gegründet hat und ebenfalls im Beirat von Next Mannheim sitzt, stört sich nicht zuletzt an „der Tonalität und der Art und Weise“ von Klieschs Interview. „Mutmaßlicher Erfolg berechtigt nicht dazu, seine Gesprächspartner bloßzustellen“, schreibt Brümmer auf LinkedIn. Als Startup Verband trete man für den Dialog auf Augenhöhe mit der Politik ein. Specht selbst reagiert in dem Video gelassen auf die Kritik Klieschs. „Hast mich richtig runtergebürstet“, sagt er am Ende - und lacht. Das Gespräch sei ein richter „Realitätscheck“ gewesen, und der sei auch wichtig.
Brümmer betont, es gebe insgesamt sehr viele Startups, die gut mit der Stadt zusammenarbeiten würden. So seien bezahlbare Räume, wie sie in den Gründungszentren angeboten würden, für viele enorm hilfreich. „Das mag vielleicht im E-Commerce keine so große Rolle spielen, aber für andere Startups schon.“ „Next Mannheim ist mehr als e-commerce. Startup in Mannheim ist mehr als der Interviewpartner und sein verletztes Ego“, schreibt Brümmer in seinem Post in Bezug auf Kliesch.
Der wiederum betont auf Anfrage, er habe in dem Gespräch mit Specht ausschließlich für sich gesprochen. „Ich bin kein Repräsentant der Mannheimer Startup-Szene, das habe ich auch nicht behauptet.“ Er sei auch nicht auf Specht zugegangen wegen des Gesprächs, sondern umgekehrt. Er könne aber verstehen, dass sich einige von seinen Aussagen angegriffen fühlten. „Ich nehme die Kritik an und bin gerne bereit, mich mit allen Beteiligten an einen Tisch zu setzen, um den Startup-Standort Mannheim weiter nach vorne zu bringen“, so Kliesch.
Auf die Frage, ob Snocks für das Interview mit dem CDU-Kandidaten Geld bekommen habe, heißt es von Parteisprecher Volker Proffen unterdessen, man habe dem Unternehmen „einen Teil der entstandenen Produktionskosten erstattet.“
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