MVV Netze

Protest gegen hohe Netzanschlusspreise in Mannheim

Häuslebauer müssen seit Jahresanfang 160 Prozent mehr für ihre Netzanschlüsse zahlen. Der Eigentümerverband Haus und Grund kritisiert die mangelnde Kommunikation der MVV Netze.

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Walter Serif
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MVV Netze verlangt seit Jahresbeginn in Mannheim für den Anschluss ans Stromnetz 8627 statt 3034 Euro. © Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Mannheim. Die Kritik an der Kommunikationspolitik des Mannheimer Energiekonzerns MVV wächst. „Wir sind sehr befremdet darüber, wie die MVV mit ihren Kunden umgeht“, sagt Josef Piontek, Vorsitzender des Eigentümerverbands Haus und Grund Mannheim. Die Begründung liefert Piontek gleich nach: „Vom geplanten Gas-Ausstieg der MVV haben die Kunden erst aus der Zeitung erfahren, auch bei der drastischen Erhöhung der Netzanschlusspreise werden die Verbraucher vor vollendete Tatsachen gestellt. Die MVV diktiert das alles von oben herab und nutzt ihre Monopolstellung aus“, sagt Piontek.

Die MVV Netze, ein Tochterunternehmen des Mannheimer Energiekonzerns, hatte Anfang 2025 die Netzanschlusspreise drastisch angehoben - dies aber nicht öffentlich kommuniziert. Eine Pressemitteilung verschickte die MVV Netze erst diese Woche, nachdem unsere Redaktion dem Unternehmen dazu entsprechende Fragen gestellt hatte.

Kommentar Die hohen Netzanschlusspreise überfordern die Häuslebauer

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Zuvor hatte MVV Netze nur die Preisliste im Internet aktualisiert. Eine Interessengemeinschaft mit dem Namen IG Kunden MVV reagierte darauf mit heftigen Vorwürfen auf die die massiven Preiserhöhungen. Ein Sprecher der MVV Netze bestätigte diese großenteils. „Die Preiserhöhungen betragen bei einem Standardhausanschluss für Strom, Gas und Wasser über alle Medien im Durchschnitt zusammen rund 160 Prozent“, sagte er.

Fernwärmepreis steigt erst 2026 - und zwar um die Hälfte

Demnach müssen die Verbraucher für den Stromanschluss statt 3034 jetzt 8627 Euro zahlen. Der Wasseranschluss verteuert sich von 3370 auf 10 058 Euro. Krasser fällt die Preiserhöhung beim Anschluss ans Gasnetz aus. Dieser kostet 12 257 Euro, 2024 waren es nur 1605 Euro. Dagegen bleibt der der Anschlusspreis bei der Fernwärme in den Vorranggebieten in diesem Jahr konstant bei 5890 Euro.

Energie

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2026 soll der Preis dort, wo das bestehende Netz durch Neuanschlüsse von Gebäuden verdichtet wird, kräftig um rund die Hälfte auf 8925 Euro steigen. Dass die Anhebung niedriger als bei den anderen Anschlüssen ausfallen soll, dürfte für die Kunden ein schwacher Trost sein.

Der Mannheimer Eigentümerverband hat für die drastischen Preiserhöhungen jedenfalls kein Verständnis: „Mannheim wirbt ja dafür, dass junge Familien in Mannheim oder im Umland bauen sollen. Die Baukosten sind ohnehin schon hoch genug, jetzt kommen noch fast 25 000 Euro für die Netzanschlüsse von Fernwärme Strom und Wasser dazu. Wer kann sich denn das dann noch leisten?“, fragt sich Piontek.

MVV Netze

  • Die MVV Netze GmbH ist ein Tochterunternehmen der Mannheimer MVV Energie AG. Das Unternehmen plant, baut und betreibt die Energienetze, das Wassernetz und die Wasserwerke in Mannheim und in angrenzenden Gemeinden.
  • Die MVV Netze hat rund 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Geschäftsführer des Unternehmens sind Volker Glätzer und Florian Pavel

Und er gönnt sich einen weiteren Seitenhieb: „Beim Gas wird das Ganze auf die Spitze getrieben. Das ist ein Abwehrpreis, die MVV will wohl, das keiner mehr welches bezieht“, so Piontek. Auch die Interessengemeinschaft ärgert sich darüber. „Die MVV scheint sich gedacht zu haben, wir passen auch hier die Preise so nach oben an, dass niemand mehr auf die Idee kommt, gegebenenfalls eine umweltfreundliche Gastherme in Kombination mit regenerativen Energien zu nutzen“, heißt es

Die Interessengemeinschaft verweist dabei auch auf den Gasanschlusspreis bei Netze BW, einem Tochterunternehmen des Karlsruher Energiekonzerns EnBW: „Netze BW verlangt für einen Gasanschluss 952 Euro statt 12 352 Euro.“

MVV-Sprecher: Gestiegene Kosten nicht die einzige Erklärung für Preissteigerungen

Die Begründung der MVV Netze für die exorbitant hohen Preissprünge ist sehr allgemein formuliert und nicht besonders transparent für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das liegt schon daran, dass das Unternehmen auch auf mehrfache Nachfrage mit verwertbaren Zahlen geizt. Volker Glätzer, der Geschäftsführer der MVV Netze, betont, dass in den gestiegenen Preisen „keine Gewinnmargen“ enthalten seien. Der Sprecher verweist auf den „erheblichen Anstieg der Kosten für Tiefbau und Material“.

Um wie viel Prozent sind sie gestiegen? Dazu gibt es keine Zahlen. Begründung: Die Kostensteigerungen würden je nach Gewerk „sehr unterschiedlich ausfallen“. Der Gasanschlusspreis wurde demnach deshalb so stark erhöht, weil er 15 Jahren unverändert blieb. Die Preise für Strom, Fernwärme und Wasser wurden zuletzt 2018 angepasst.

Die gestiegenen Kosten sind nach Sprecherangaben aber nicht die einzige Erklärung für die exorbitant hohen Preissteigerungen. Bisher mussten die Häuslebauer „nur“ 50 bis 70 Prozent der Anschlusskosten bezahlen, der Rest wurde über die „allgemeinen Netzentgelte beziehungsweise Verbrauchspreise durch alle Kunden“ finanziert. Jetzt müssen die Häuslebauer die Kosten „bis zu 100 Prozent“ tragen - mit Ausnahme der Fernwärme, dort wird der Verrechnungsmodus erst 2026 umgestellt.

„Dadurch schaffen wir Preistransparenz und Kostengerechtigkeit, indem wir die Kosten den einzelnen Verursachern direkt zuordnen“, so Geschäftsführer Glätzer. Die Stadtwerke Heidelberg wenden diesen Verrechnungsmodus auch an, bestätigt eine Sprecherin.

Dem Eigentümerverband gefällt aber das ganze Geschäftsmodell nicht: „Wenn ein Unternehmen Geld verdienen will, muss es vorher investieren. Die MVV wälzt aber die Kosten für die Netzanschlüsse an die Kunden ab und investiert selber nichts. Das geht gar nicht“, sagt Piontek und spinnt seinen Gedanken weiter: „Die MVV-Kunden werden dreimal zur Kasse gebeten. Beim Anschluss, bei der Lieferung der Energie und bei der Stilllegung. Die MVV wirbt ja dafür, dass die Verbraucher von Gas auf die Fernwärme umsteigen sollen.“

Da widerspricht der Sprecher, beim Umstieg auf die Fernwärme entfallen die Stilllegungskosten. Und wer sich im Erschließungsgebiet für die Fernwärme entscheidet, muss für den Anschluss weiter nur noch 5890 Euro zahlen. Wenigstens eine frohe Botschaft für die Hausbesitzer, die auf Fernwärme umsteigen wollen.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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