Mannheim. Der Moment ist da. Hasso Plattner verabschiedet sich auf der Hauptversammlung als Aufsichtsratsvorsitzender von SAP. Auf eine große Rede verzichtet er. „Wir haben gemeinsam viel erreicht und die SAP zu dem gemacht, was sie heute ist: das wertvollste Unternehmen Deutschlands und ein Konzern von Weltrang. Das erfüllt mich mit großem Stolz“, sagt Plattner. „Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, das Amt in neue Hände zu geben.“ Punkt, fertig, damit ist für ihn alles gesagt.
Vorstand und Aufsichtsrat in der Mannheimer SAP Arena erheben sich, ebenso Aktionärinnen und Aktionäre. Fast eine Minute Applaus. Plattners Blick schweift durch die Arena. Was er wohl gerade denkt?
Plattner hat SAP geprägt wie niemand sonst. Als letzter Gründer geht er von Bord, nach einem halben Jahrhundert. Allein mehr als 20 Jahre davon an der Spitze des Aufsichtsrats. Nachfolger ist der frühere Nokia-Spitzenmanager Pekka Ala-Pietilä, unterstützt von 95,5 Prozent der Aktionäre.
Kritik: Plattner habe sich zu spät um Nachfolge gekümmert
Ursprünglich war Ex-Deloitte-Chef Punit Renjen heißer Anwärter. Doch nach „grundlegend unterschiedlichen Auffassungen, die sich nicht überbrücken ließen“, wie Plattner sagt, wurde daraus nichts. Man vereinbarte die Trennung. „Das war die richtige Entscheidung“, erklärt Plattner. „Es hat nicht gepasst.“ Renjen selbst ist nicht bei seinem Abschied aus dem Aufsichtsrat in der SAP Arena anwesend. Anderweitige Verpflichtungen, heißt es.
Jella Benner-Heinacher von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) bekräftigt die Kritik, Plattner habe sich zu spät um seine Nachfolge gekümmert. „Wir haben wiederholt den Generationenwechsel gefordert“, sagt sie. Nun sei es eine „schwere Geburt“ gewesen. Die Aktionäre hätten sehr viel Geduld aufbringen müssen.
Vehement wehrt sich Plattner gegen den Eindruck, er habe nicht loslassen können. „Ich habe nicht am Stuhl geklebt.“ Mitglieder des Aufsichtsrats hätten ihn in der Vergangenheit darum gebeten, weiterzumachen. Der Job sei „zwar interessant, aber nicht nur interessant“, ergänzt er.
Am Donnerstag ist eine Feier mit Kanzler Olaf Scholz geplant
2022 hatten der Nominierungsausschuss sowie der Aufsichtsrat beschlossen, Plattner für die erneute Wahl in den Aufsichtsrat für eine letzte Amtszeit vorzuschlagen, obwohl dieser die für den Aufsichtsrat beschlossene Regelaltersgrenze von 75 Jahren sowie die Regelzugehörigkeitsdauer von zwölf Jahren bereits überschritten hatte.
Unabhängig von ihrer Kritik lobt Benner-Heinacher das Lebenswerk. „Sie sind für uns Mr. SAP.“ Plattner ist inzwischen 80 Jahre alt. An diesem Donnerstag ist eine Feier geplant - mit einiger Prominenz. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird erwartet in der Mannheimer Arena, die benannt ist nach dem Konzern. Scholz kam schon vor knapp zwei Jahren zum 50. Geburtstag von SAP.
Doch erst einmal schlägt auf der Hauptversammlung die Stunde von Pekka Ala-Pietilä. Der finnische Manager stellt sich den rund 2000 anwesenden Aktionärinnen und Aktionären vor. Nach ein paar Allgemeinfloskeln („Arbeit im Aufsichtsrat ist Teamarbeit“) wird er deutlich: „Niemand kann Hassos Fußstapfen ausfüllen. Es wäre ein Riesen-Fehler, das überhaupt zu versuchen.“ Plattner habe eine „einzigartige Geschichte“ und eine außergewöhnliche Kenntnis des Unternehmens und des Geschäfts.
Ala-Pietilä, in Finnland geboren und in den USA gelebt und gearbeitet, macht Werbung für sich. Er habe Teams in globalen Hightech-Unternehmen geleitet. Da er bereits früher lange Jahre im Aufsichtsrat von SAP gesessen habe, sei ihm der Softwarekonzern „sehr vertraut“. Das sei ein Vorteil.
Man muss wissen: Ala-Pietilä soll sein Amt zunächst auf zwei Jahre ausüben. Ist er also lediglich eine Übergangslösung? Einige Aktionärsvertreter fragen das.
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Plattner stellt zunächst klar: Ala-Pietilä sei eine gute Wahl, zumal er Verständnis für das deutsche System der Unternehmensführung sowie für die europäische Führungskultur mitbringe. Vielleicht könne man Ala-Pietilä dazu bewegen, etwas länger zu bleiben. Doch auf weitere Sicht, das hebt auch Aufsichtsratsmitglied Friederike Rotsch hervor, werde ein Nachfolger für Ala-Pietilä gesucht. „Wir haben die Zeit und die nötige Ruhe dafür.“
Plattner hinterlässt auch ein unliebsames Erbe
Oftmals fällt auf der Hauptversammlung das Wort Compliance, damit ist die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien von Unternehmen gemeint. Denn ein unliebsames Erbe Plattners gibt es bei SAP: Juristische Streitereien um geistiges Eigentum mit den US-Konkurrenten Teradata und Oracle. SAP musste bereits riesige Entschädigungssummen zahlen, bis heute werden weitere verhandelt. Die Aktionärsvertreter haken kritisch nach. Vorstandsvorsitzender Christian Klein erklärt, die Compliance-Abteilung werde weiter ausgebaut und die Bedingungen der Behörden würden erfüllt.
Als Klein seine Rede hält, steht „Danke für alles, Hasso!“ auf der Leinwand. „In Deutschland könnten wir mehr solche Persönlichkeiten brauchen“, sagt Klein. „Unternehmer, die unkonventionell sind und mit großer Neugier alles hinterfragen.“ Dann dankt der SAP-Chef für die gemeinsamen Jahre. „Sie werden uns fehlen.“
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Der Abschied von Hasso Plattner ist eine Zeitenwende bei SAP