Mannheim. Die Mannheimer Privatbrauerei Eichbaum strebt eine Planinsolvenz in Eigenverwaltung an. Am Donnerstagmorgen wurde Eichbaum auf der Internetseite Insolvenzbekanntmachungen.de gelistet – mit dem Antrag „auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das eigene Vermögen“. Ein Sprecher des Amtsgerichts Mannheim erklärte, dass das Gericht „die vorläufige Eigenverwaltung“ angeordnet und einen vorläufigen Sachwalter bestellt habe.
Auch Georg Dohr, Sprecher des Eichbaum-Betriebsrats, bestätigte die Planinsolvenz auf Anfrage des „Mannheimer Morgen“, nachdem nach der jüngsten Betriebsversammlung entsprechende Meldungen die Runde machten.
„Der Arbeitgeber“ habe dieses Vorhaben tatsächlich geäußert und den Antrag noch am selben Tag beim Amtsgericht einreichen wollen, erklärt Dohr.
Von der Geschäftsleitung war zunächst bis Donnerstagmittag keine Stellungnahme zu bekommen, entsprechende Anfragen dieser Redaktion per Telefon und Mail wurden nicht beantwortet.
Kommt jetzt ein Sanierungsplan für die Mannheimer Eichbaum-Brauerei?
Offensichtlich hat der Verkauf der traditionsreichen Marke Karamalz an die Veltins-Brauerei das Unternehmen nicht stabilisiert.
Die Planinsolvenz ist im Prinzip ein verkürztes Insolvenzverfahren. Unter Eigenverwaltung bedeutet, dass das Unternehmen während des Verfahrens die Verfügungsgewalt behält und damit entscheidungs- und handlungsfähig bleibt.
Zügig muss ein Sanierungsplan erstellt werden. In diesem Falle gibt es zwar keinen Insolvenzverwalter, dafür aber einen Sachwalter, der Aufsichts- und Kontrollfunktion ausübt, um sicherzustellen, dass Gläubiger geschützt werden.
Die mehr als 300 Beschäftigten auf der Betriebsversammlung seien schockiert gewesen, berichtet Dohr. Vielen sei die Kinnlade heruntergefallen. Mehr als dreieinhalb Stunden habe die Versammlung gedauert. Sowohl Inhaber Andreas Hiby-Durst als auch der Technik-Geschäftsführer Markus Lopsien sollen nicht dabei gewesen sein.
Wir wollen nicht mit Trillerpfeifen auf die Straße, obwohl wir das durchaus auch können – wir wollen an die Werkbank.
„Eichbaum hat starke Wurzeln und dicke Äste“, sagt Dohr. „Wir wollen nicht mit Trillerpfeifen auf die Straße, obwohl wir das durchaus auch können – wir wollen an die Werkbank.“ Und weiter stellt er klar: „Die Belegschaft ist bereit, ihren Beitrag zu leisten, damit Eichbaum wieder auf die Erfolgsspur kommt. Das Unternehmen hat Chancen am Markt.“
Allerdings – und das sagt viel aus über die derzeitige Stimmung bei Eichbaum – verlangt Dohr, dass die Geschäftsführung während der Planinsolvenz in Eigenverwaltung wechseln müsse. „Wenn die alten Chefs bleiben, sehen wir keine Chance.“
Zerwürfnis zwischen Eichbaum-Geschäftsführung und Belegschaft
Die Gräben scheinen also tief zu sein. Laut Dohr herrscht Funkstille. Niemand aus dem Management rede mit dem Betriebsrat. Gleichzeitig wirft Dohr der Geschäftsführung vor, zuvor Absprachen – beispielsweise über eine Standort- und Beschäftigungssicherung – nicht einzuhalten und Gesprächsangebote nicht wahrgenommen zu haben. Zudem soll sich das Management verplant haben, die Verhandlungen mit Veltins über den Verkauf von Karamalz sollen mehr schlecht als recht gelaufen sein. Der Deal sei zu spät gekommen. Dohr verlangt im Namen der Belegschaft Klarheit über weitere Schritte.
Ihm gehört Eichbaum: Andreas Hiby-Durst
- Eichbaum, gegründet 1679, hat in den vergangenen Jahren mehrere Besitzerwechsel erlebt.
- Der mächtige Mann bei Eichbaum ist jetzt Andreas Hiby-Durst. Dem Geschäftsführer gehören zusammen mit seinem Sohn inzwischen alle Anteile an Eichbaum .
- Im November 2024 war dagegen die Ära der Familie Keilbach zu Ende gegangen, als Thomas Keilbach aus dem Unternehmen ausstieg. Sein Vater Jochen galt als Retter von Eichbaum.
- In einem Management-Buyout hatte Jochen Keilbach 2010 die kriselnde Brauerei von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp – mit der Familie Hiby-Durst als stiller Teilhaberin – übernommen und sie neu positioniert.
- Keilbach starb 2020 , sein Sohn Thomas fungierte noch bis November 2024 zusammen mit Andreas Hiby-Durst als Geschäftsführer.
- Inzwischen ist Markus Lopsien , der als technischer Leiter gekommen war, zweiter Geschäftsführer neben dem Inhaber.
Dieser Forderung schließt sich auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) an. Wichtig sei jetzt, dass der „Arbeitgeber mit voller Transparenz auf seine Mitarbeiter zukommt“, sagte Stephanie Albicker von der Mannheimer NGG. Klar sei aber, dass einseitige Entscheidungen auf Kosten der Belegschaft nicht zu akzeptieren seien. Albicker weiter: „Wir sind sehr zuversichtlich und glauben an den Standort Mannheim für die Eichbaum-Bauerei.“ Grund für den Optimismus sei auch das große Engagement der Beschäftigten.
Eichbaum hat mit Karamalz eine starke Marke verloren, die früheren Angaben zufolge 20 Prozent des Umsatzes ausmachte. Größtes Problem ist nun die unzureichende Auslastung. Hier müsse dringend angesetzt werden, meint Betriebsratssprecher Dohr - unter anderem durch Kooperationen mit anderen Getränkeherstellern.
Aus seiner Sicht muss keiner der mehr als 300 Beschäftigten bei Eichbaum seinen Job verlieren. Ein Ansatz sei, offene Planstellen zu streichen – hier sei bewusst vorgesorgt worden -, die normale Fluktuation und Rentenabgänge zu nutzen sowie Altersteilzeitprogramme aufzusetzen. Generell hofft Dohr auf eine geordnete Insolvenz, die einen „apokalyptischen Absturz in den Abgrund“ verhindere.
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