Auch wenn Unternehmen wie Mercedes-Benz die Kurzarbeiter-Sonderregel teilweise schamlos ausnutzen, hat sich dieses Instrument für die Beschäftigten in Deutschland gerade seit der Corona-Krise als ein Segen erwiesen. Denn Arbeitslosigkeit ist eine der Hauptursachen für den sozialen Abstieg, der im Extremfall mit dem Besuch des Gerichtsvollziehers endet.
Der Staat hat seinen Bürgerinnen und Bürgern seit der Pandemie massiv unter die Arme gegriffen. Das war auch richtig so und hat dazu geführt, dass das soziale Netz nicht gerissen ist. Folglich ist die Überschuldungsquote in Deutschland seither nicht gestiegen, sondern stark gesunken. Im Bundesdurchschnitt sogar mehr als in der Metropolregion Rhein-Neckar, in der übrigens das Gefälle zwischen Städten wie Ludwigshafen und Heidelberg sehr groß ist.
Oliver Dangmann, Geschäftsführer der Mannheimer Creditreform, geht jedenfalls davon aus, dass sich der positive Trend umkehren wird – er erwartet bereits in diesem Jahr einen deutlichen Anstieg der Überschuldungszahlen. Bundesweit sind nach den Creditreform-Berechnungen immerhin 20 Prozent der Haushalte gefährdet, die ihre Strom- und Gasrechnung nicht mehr bezahlen können. Da ist ein Nachzahlungsschock zu erwarten. Verschärfend kommt hinzu, dass die „Corona-Rücklagen“ – während des Lockdowns konnte man ja kaum Geld ausgeben – bei vielen bereits aufgebraucht sind. Das lässt sich auch an der gesunkenen Sparquote ablesen. Bei den Sparkassenkunden kann rund die Hälfte kein Geld mehr zur Seite legen und lebt von der Substanz.
Die Ökonomen mögen mit Blick auf allgemeine Kennziffern wie das Bruttoinlandsprodukt darüber räsonieren, ob die Rezession ausfällt oder nicht. Entscheidend für die Menschen ist, ob sie ihren Arbeitsplatz behalten. Und da gibt es in der Metropolregion immer mehr beunruhigende Nachrichten – von der BASF bis zu Daimler Truck. Offensichtlich stellen sich viele Unternehmen strategisch neu auf – leider auch auf Kosten der Belegschaften, die um ihre Jobs fürchten. Arbeitslosigkeit führt – vor Scheidung und Krankheit – am häufigsten in die Schuldenspirale.
Diese Gefahr ist gerade in diesen unsicheren Zeiten besonders groß – es wird sich zeigen, ob die Kurzarbeit-Sonderregel im Sommer nicht doch verlängert werden muss.
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