Mannheim. Dass Wirtschaft zu 50 Prozent Psychologie ist, wusste schon Ludwig Erhard. Deshalb ist es erfreulich, dass die kleinen und mittleren Unternehmen in Baden-Württemberg mutig die Weichen für die Zukunft gestellt haben – obwohl in den vergangenen Jahren eher der Krisen-Blues angesagt war. „Die Zeichen stehen auf Optimismus und Wachstum. Die Unternehmen im Südwesten setzen auf Innovationen und Neuerungen. Deshalb hat sich auch kein Investitionsstau gebildet. Im Gegenteil“, sagt Thorsten Wieland. Er kümmert sich bei der Commerzbank in der Quadratestadt um die rund 6000 Unternehmerkunden in der Region zwischen Mannheim und Heidelberg, die einen Umsatz bis zu 15 Millionen Euro erzielen.
Wieland bezieht sich mit seinen Aussagen nicht nur auf die eigene Klientel, die Basis liefert die aktuelle Unternehmerkundenstudie, für die die Zentrale des Geldinstituts das Meinungsforschungsinstitut Ipsos beauftragt hat. Weil auch Südwest-Unternehmen befragt wurden, ist die Studie für Baden-Württemberg und die Region repräsentativ. Befragt wurden übrigens Kundinnen und Kunden aller Banken.
Bereits jedes dritte Unternehmen nutzt Künstliche Intelligenz
Und wie stellen die Unternehmen die Weichen für die Zukunft? Wieland fasst die Ergebnisse so zusammen: „Jeder zweite Betrieb hat Investitionen wie geplant umgesetzt. Die Mehrheit erwartet eine stabile oder positive Auftrags- und Branchenentwicklung. Neue Arbeitskräfte und Wachstum sind die wichtigsten Ziele. Und bereits jedes dritte Unternehmen nutzt Künstliche Intelligenz (KI), sagt Wieland.
Betriebe stemmen Investitionen vor allem aus Eigenmitteln
Etwas überraschend ist es, dass die Unternehmen in den vergangenen vier Jahren – also auch in der Corona-Zeit – fleißig investiert haben. Das liegt nach Wielands Angaben vor allem daran, dass die Betriebe im Südwesten nach den erfolgreichen Boom-Jahren über ein gutes Finanzpolster verfügen und bei den Investitionen auf Überschüsse und Rücklagen zurückgreifen konnten. „Außerdem nehmen die Unternehmen auch staatliche Fördermittel in Anspruch. Leasing und Fremdkapital spielen inzwischen auch wieder eine größere Rolle“, sagt Wieland.
Unternehmen planen auch in der Zukunft Neueinstellungen
Und in welche Bereiche wollen die Unternehmen in den nächsten drei Jahren investieren? Digitalisierung und Prozessoptimierung (58 Prozent), Anlagen, Maschinen, Technik und IT (48) sowie Personalbereich und Arbeitgeberattraktivität (41) folgen auf den ersten drei Plätzen.
Am Fachkräftemangel hat sich trotz Entlassungen nichts geändert
„Auch wenn Unternehmen täglich Schlagzeilen mit geplanten Entlassungen machen, hat sich am generellen Fachkräftemangel nichts geändert“, sagt Wieland. Doch das ist eben nicht so einfach: „Es geht für die Betriebe darum, die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben, damit sie am Ende des Tages mit neuem Personal weiterwachsen können“, sagt er. Die Unternehmen suchen also kurz- bis mittelfristig Leute, die sie nicht haben, gleichzeitig werden Beschäftigte für bestimmte Jobs nicht mehr gebraucht, wie das gegenwärtig in der Auto- und Zuliefererindustrie der Fall ist.
Bürokratieabbau ist der Wirtschaft wichtiger als steuerliche Erleichterungen
Der Politik ist es en offensichtlich nicht gelungen, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Besonders treibt die kleinen und mittleren Unternehmen der Bürokratieabbau um. Das ist den Betrieben noch wichtiger als steuerliche Entlastungen. Gerade ihnen dürfte es besonders schwerfallen, von den wenigen Beschäftigten auch noch einige nur für die Erledigung des Papierkrams abstellen zu müssen. „Die Betriebe sehen im Bürokratieabbau den größten Stellhebel für eine positive Entwicklung nach oben. Das ganze Thema um die Regulatorik nervt sie ungemein“, sagt Wieland.
Auch Handwerker setzen Künstliche Intelligenz bereits ein
Natürlich hat das Meinungsforschungsinstitut Ipsos die Unternehmer auch gefragt, in welchem Umfang sie KI einsetzen. Ein Drittel verwendet KI schon, und 17 Prozent meinen, dass sie dies in Zukunft tun werden. Da stellt sich allerdings die Frage: Wann? Interessant ist, dass 18 Prozent sich mit dem Thema überhaupt noch nicht beschäftigt haben. Immerhin wollen sie das aber noch tun. Ein Drittel wiederum meint: Das ist nichts für uns – und das wird auch so bleiben. „Ich würde das nicht so pessimistisch sehen. Bei den Gesprächen, die ich mit Unternehmern führe, habe ich den Eindruck, dass die KI ein großes Thema auch bei den kleinen und mittleren Betrieben wird“, sagt Wieland und nennt ein Beispiel: „Auch Handwerker arbeiten schon bei Serviceanleitungen und der Auftragsgestaltung mit KI“, sagt der Experte von der Commerzbank Mannheim.
Unternehmen vertrauen der KI allerdings nicht blind
Am meisten eingesetzt wird die KI für die Erstellung von Texten (69 Prozent). „Das können Kundenanschreiben sein, aber auch Inhalte für die eigene Website“, so Wieland. Fast genauso wichtig ist der KI-Einsatz für administrative Tätigkeiten wie zum Beispiel die Buchhaltung (64). „Schnell, schnell, schnell. Zeit ist das kostbarste Gut“, sagt Wieland.
Naiv gehen die Betriebe mit der KI allerdings nicht um. Sie birgt demnach Chancen und Risiken gleichermaßen. 74 Prozent – das ist der höchste Wert – sehen Gefahren (Fehlinformationen, Datenschutz), aber Vorteile gibt es auch einige: Durch KI können demnach die Prozesse effektiver gestaltet (70), und die Kosten gesenkt werden (62). Bei der Frage, ob die KI den Fachkräftemangel lindern kan
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