Sport trifft Wirtschaft

Kann die Fußball-EM den Aufschwung in Deutschland bringen?

Wie weit die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-EM im eigenen Land kommt, darüber waren sich der renommierte Ökonom Lars Feld und DfB-Schatzmeister Stephan Grunwald zwar nicht einig beim Talk "Sport trifft Wirtschaft" des Mannheimer Morgen und des Reitvereins Mannheim. Dass eine gute EM-Stimmung der Wirtschaft helfen könnte, glauben aber beide - aber Tore allein reichen halt doch nicht

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Bettina Eschbacher und Alexander Jungert
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Mannheim. Sport ist am Ende mehr als ein nur ein Spiel. „Sport ist Teil der Gesellschaft, er hat eine zentrale Funktion für das Zusammenleben“, sagt Peter Hofmann, Präsident des Mannheimer Reitervereins. Zudem zieht Hofmann Parallelen zur Wirtschaft. Es gehe um fairen Wettbewerb. Leistung zahle sich aus.

Willkommen beim Talk „Sport trifft Wirtschaft“, zu dem der Reiterverein Mannheim und der „Mannheimer Morgen“ im Rahmen des Maimarkt-Reitturniers eingeladen haben. Moderator ist „MM“-Chefredakteur Karsten Kammholz. Man stehe selbst für Fairplay und wolle den Austausch fördern, sagt HAAS-Media-Chefin Yvonne Wenzel, die neben Hofmann die Begrüßung des Abends übernommen hat und für die HAAS Mediengruppe spricht. Auf dem Podium sitzen der renommierte Ökonom Lars Feld und Stephan Grunwald, Schatzmeister des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

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Kann der Sport der Wirtschaft helfen? Gute Stimmung bei der anstehenden Fußball-Europameisterschaft kann zum ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung zumindest beitragen, so sehen es Feld und Grunwald – aber Euphorie alleine reiche dafür nicht. Man müsse mit Blick auf die wirtschaftliche Wirkung eines solchen Turniers Konjunktur und Strukturprobleme scharf trennen, sagt der langjährige Wirtschaftsweise Feld, der sich auf dem Podium nebenbei als Mitglied des FC Bayern München outet. Doch das ist eine andere Geschichte.

An den Strukturproblemen Deutschlands, wie den hohen Arbeits- und Energiekosten, ändere das EM-Turnier nichts, meint Feld. Aber: „Konjunktur ist immer auch ein Stück weit Psychologie. Eine gute Stimmung kann deshalb auch ein bisschen Aufschwung bringen.“ Eine „schöne Europameisterschaft mit einem einigermaßen guten Abschneiden der deutschen Nationalmannschaft“ würde den allmählichen vorhergesagten Aufschwung für das zweite Halbjahr 2024 stützen.

Erwartungen an den Fußball auch weit über den Sport hinaus groß

Dass die Erwartungen an den Fußball weit über das Sportliche hinaus groß sind, weiß Grunwald. „Wir kennen die Verantwortung, die wir haben.“ Der Einfluss des Sports auf wirtschaftliche Erfolge werde aber überschätzt. Zumal er die Stimmung hierzulande vor der Heim-EM aktuell gerade mal die Note „ausreichend“ gibt.

Als Beispiel für eine historische Verklärung nennt Grunwald das „Wunder von Bern“. Als die deutsche Nationalmannschaft 1954 überraschend Weltmeister wurde, sei es der Wirtschaft doch nicht auf einen Schlag besser gegangen. Das sei nur im Nachhinein so stark miteinander verknüpft worden. Bestimmte wirtschaftliche Faktoren könne der Fußball nicht bestimmen. „Da müssen wir die Kirche im Dorf lassen.“

Mannheims Trainer-Legende Klaus Schlappner lässt nichts über das "Wunder von Bern" kommen. © Michael Ruffler

Trainerlegende Klaus Schlappner, 83 Jahre alt, sieht das zumindest beim „Wunder von Bern“ anders, wie er bei der anschließenden Fragerunde des Publikums deutlich macht. Er habe die schlimme Nachkriegszeit miterlebt. „Vor 1954 war Not, die Familien waren in Not.“ Die Verunsicherung sei groß gewesen. „Und dann kam 54“ – und mit dem WM-Titel das Gefühl: „Wir sind wieder wer.“ Dieser Impuls habe bewirkt, so der ehemalige Erfolgstrainer des SV Waldhof, dass die Bevölkerung die Ärmel hoch gekrempelt, neues Selbstbewusstsein gewonnen habe. Genau das habe den Impuls für den Aufschwung gebracht.

Das sagt der Schatzmeister des DFB zum Ausrüster-Wechsel

Wie eng Fußball mit Emotionen verbunden ist, zeigt auch die Debatte um den künftigen Ausrüster der DFB-Elf: US-Konzern Nike löst ab 2027 Dauerpartner Adidas ab. Schatzmeister Grunwald verteidigt den Beschluss, für den der DFB viel Kritik einstecken muss. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wünscht sich mehr „Standortpatriotismus“. Nike soll nach Informationen des „Handelsblatts“ mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr überweisen – doppelt so viel wie angeblich Adidas.

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„Die Debatte ist in der Gesamtheit schwierig bis verlogen“, sagt Grunwald. „Wir haben ein transparentes Ausschreibungsverfahren gemacht, das beste wirtschaftliche Ergebnis gesucht – und mit Nike gefunden.“ Wenn der DFB bei den Angeboten, wie sie auf dem Tisch lagen, den Zuschlag an Adidas gegeben und dies mit Argumenten wie der langen Partnerschaft, Vertrauen und Treue begründet hätte, wäre wahrscheinlich die Staatsanwaltschaft ins Haus gekommen. Schließlich sei der Verband verpflichtet, das wirtschaftlich beste Angebot zu wählen.

Wie weit die deutsche Nationalmannschaft bei der Fußball-EM kommt, darüber sind sich Feld und Grunwald übrigens uneins. Feld tippt auf Halbfinale, Grunwald auf Finale.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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