Einzelhandel

Kaffee als Diebesgut immer beliebter: Was sagen Mannheimer Händler?

Die Kaffeepreise sind zuletzt stark gestiegen. Das macht die Packungen in den Geschäften für Diebe immer attraktiver. Wie Händler in Mannheim damit umgehen.

Von 
Christian Schall
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Packungen mit Bohnenkaffee stehen in den Regalen eines Supermarktes. © Christian Schall

Mannheim. Diebstahlsicherungen an Waren kennt man vor allem aus dem Textileinzelhandel und aus Elektromärkten. Weil Langfinger aber alles gebrauchen können, was sich gut weiterverkaufen lässt, werden sie auch in Supermärkten und Discountern immer wichtiger. Zigaretten bekommt man deshalb inzwischen oft nur noch auf Nachfrage an der Kasse, hochwertige Spirituosen sind zusätzlich in einer verschlossenen Vitrine verwahrt.

Nun ist ein weiteres Produkt verstärkt ins Visier von Dieben geraten: Kaffee. Wegen der zuletzt stark gestiegenen Preise schließen manche Supermärkte die Packungen häufiger weg. Flächendeckend kostet im Handel ein Pfund gemahlener Bohnenkaffee eines Markenherstellers inzwischen zehn Euro.

Kaffeediebstahl hat stark zugenommen

Handelsexperte Frank Horst vom Kölner Forschungsinstitut EHI sagte der Deutschen Presse-Agentur, Kaffee gehöre seit Langem zu den meist gestohlenen Waren. „In den letzten Jahren hat das stark zugenommen. Es ist nicht selten, dass ein ganzes Regal leer geräumt wird.“

In den Geschäften gebe es wenig Personal, weshalb Diebstahl oft unbemerkt bleibe, sagte Horst. Kaffeepackungen würden deshalb zunehmend gesichert, beispielsweise in Vitrinen, und nur auf Nachfrage an Kunden herausgegeben. „Manche Standorte haben so große Probleme, dass sie keine andere Wahl haben.“ In Großstädten sei das ausgeprägter, auf dem Land komme es ebenso vor. Besonders begehrt seien Bohnen in der Kilopackung.

Das EHI befragt jährlich Unternehmen aller wichtigen Einzelhandelsbranchen. Die Firmen schätzen dabei, wie sich die Verluste auf Kunden, Mitarbeiter und andere Verursacher verteilen.

Preise und Konsum

  • Laut Statistischem Bundesamt war Bohnenkaffee im Juni im Schnitt 45 Prozent teurer als noch 2020. Allein im August wurde er im Vergleich zum Vorjahr um knapp ein Viertel teurer.
  • Grund dafür sind höhere Rohstoffpreise , ausgelöst von Trockenheit und schlechten Ernten in wichtigen Anbauländern.
  • Mit durchschnittlich 163 Litern pro Kopf im vergangenen Jahr bleibt Kaffee der Deutschen liebstes Getränk – deutlich vor Bier und sogar Tafelwasser.

In Mannheim hat eine Stichprobe in verschiedenen Supermärkten und Discountern keine Veränderung bei der Warenpräsentation oder -sicherung ergeben. Ob bei Rewe, Marktkauf Scheck-in, Aldi oder Lidl: In den besuchten Märkten liegen die Packungen wie gehabt offen und frei zugänglich in den Regalen aus. Wenn, dann sind sie allenfalls unsichtbar geschützt. Auch Lidl verzichtet am Standort im Ulmenweg auf die anderswo bereits verwendeten gelben Aufkleber, die am Ausgang Alarm schlagen, wenn das Produkt nicht bezahlt wird. Dafür sind in der genannten Filiale Rinder- und Lammsteaks oder Lachs mit den schützenden Etiketten versehen.

„Wir haben bisher davon abgesehen noch keinen Kaffee weggeschlossen“, sagt Robin Homann, Marktleiter des Edeka City-Marktes Mail & Orth in der Schwetzingerstadt. „Das ist eine aufwendige Sache.“ Es brauche dafür zusätzliche Sicherungen oder Schränke und vor allem Personal, das den Kunden die Ware auf Nachfrage übergebe. „Die Diebstahlraten bei Kaffee sind nach oben gegangen“, hat Homann festgestellt. Es komme verstärkt vor, dass Packungen mit Pads oder Kapseln gestohlen würden. Eine Packung koste fünf bis sieben Euro.

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Rewe-Kaufmann Thomas Viering, der in Mannheim Märkte in Q6Q7 und in S6 betreibt, hat indes reagiert: „Die Großpackungen Kaffee sind in meinen beiden Märkten schon seit mindestens fünf Jahren unter Verschluss und somit nur auf Nachfrage erhältlich“, erklärte er dieser Redaktion. Das sei notwendig geworden, da diese Artikel Gastronomen zu Schleuderpreisen angeboten worden seien. „Diese unschlagbaren Angebote wurden möglich, da die Ware zuvor in Supermärkten entwendet wurde.“ Aktuell stehe neben Kaffee vor allem (Rind-)Fleisch im Fokus der Diebe.

Eine beim Discounter Lidl verkaufte Packung Kaffeebohnen ist mit einem Aufkleber vor Diebstahl geschützt. © Bettina Eschbacher

Rewe sagte auf das Thema angesprochen: „Nach unserer Einschätzung handelt es sich bundesweit um einige wenige Einzelfälle an Brennpunkt-Standorten.“ Das Sichern von Kaffee sei bislang kein Massenphänomen. Für Kunden und Mitarbeiter sei es nicht praktikabel, den Zugang zu erschweren. Das Kaffeesortiment fülle mehrere Regalmeter.

Ein Sprecher von Kaufland sagte: „Bei vereinzelten Produkten, wie beispielsweise Bohnenkaffee, setzen wir bei einem geringen Teil unserer Standorte filialindividuell auch Sicherheitsmaßnahmen wie Sicherungsboxen ein.“ Die Handelskette beschäftige auch Detektive. Die meisten Kunden seien ehrlich: Ladendiebstähle machten weniger als 0,1 Prozent der Kundenkontakte aus.

Kaffee wird teurer und teurer - Diebstahl als Protest

Edeka teilte mit, aufgrund seiner Unternehmensstruktur könne das Unternehmen keine Aussage treffen. „Das Vorgehen liegt im Ermessen der selbstständigen Kaufleute vor Ort.“ Von Norma hieß es, Kaffee werde in keiner Filiale weggesperrt. Das sei auch nicht in Zukunft geplant. Aldi und Lidl wollten sich nicht äußern.

Dass Kaffee öfter gestohlen wird, hängt laut Handelsexperte Horst auch mit gestiegenen Preisen zusammen: Kilopackungen von Marken wie Dallmayr, Melitta und Jacobs kosten inzwischen bis zu 20 Euro, vereinzelt auch mehr. Einige Sorten Kaffeebohnen, wie fair gehandelte oder biologisch angebaute, liegen bei 26 bis 30 Euro.

Bei einigen Kunden sei Diebstahl ein Protest gegen die hohen Preise, sagte Horst. Gestohlen werde teils aus Eigenbedarf. In gewerblich organisierten Banden und in der Beschaffungskriminalität sei Kaffee ebenfalls beliebt, weil er leicht wiederverkauft werden könne.

Die durch Ladendiebstahl entstehenden Schäden nehmen laut EHI weiter zu. 2024 haben Kunden Waren im Wert von rund 2,95 Milliarden Euro gestohlen - ein Anstieg von 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. (mit dpa)

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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