Mannheim. Den beiden 1000-Liter-Behältern aus weißlichem Kunststoff sieht man nicht an, dass sie ein seit 137 Jahren gehütetes Geheimnis bewahren. Sie enthalten Substanzen, die als Grundlage für eine der berühmtesten und wertvollsten Marken der Welt benötigt werden: Coca-Cola. Die Behälter stehen im „Sirupraum“ des Coca-Cola-Werks im Stadtteil Vogelstang, er ist für Fremde tabu.
Zwar kann man auf jedem Etikett der Limonaden-Flasche lesen, was diese enthält: unter anderem Wasser, Zucker, Koffein, Phosphorsäure als Säuerungsmittel und Pflanzenextrakte - aber eben nicht im Detail: „Das Rezept ist nach wie vor geheim“, sagt Betriebsleiter Christopher Bee. Es liegt dem Unternehmen zufolge in einem Banktresor in Atlanta, wo der Apotheker John Stith Pemberton „das Getränk gegen Müdigkeit und Kopfschmerzen“ 1886 entwickelt hatte.
Preiserhöhung bei Coca-Cola zum 1. September
Um es herzustellen, wird aus dem Inhalt der beiden Behälter das „Konzentrat“ gemischt, die „heilige Kuh“, wie Bee es nennt. „Aus diesem Konzentrat erzeugen wir dann das finale Produkt“ - mit Hilfe von Wasser, Zucker, „Was-auch-immer“ - zugegeben in einem bestimmten Verhältnis, dann wird das Getränk abgefüllt. Das Konzentrat kommt Bee zufolge in verplombten Fahrzeugen aus einem Werk in Europa, von wo, verrät er nicht. Auch nicht, wie viel Liter Brause er aus 1000 Litern Konzentrat macht, nur, dass sehr oft welches geordert werde.
Die Produkte des Standorts, der neben Coca-Cola und deren „light“- und „Zero-Zucker“-Varianten auch Fanta, Sprite und Mezzo-Mix samt Variationen abfüllt, werden überwiegend im Umkreis bis 250 Kilometer vermarktet. Zum 1. September erhöht die Coca-Cola Europacific Partners Deutschland GmbH (CCEP DE), zu der das Werk gehört, nun die Bruttolistenpreise. Sie sollen über alle Produkte und Packungen hinweg im Schnitt „im höheren einstelligen Prozentbereich“ zulegen.
Energie-Preise treffen auch Coca-Cola in Mannheim
Als Grund werden „weiterhin hohe Kosten, beispielsweise für Zutaten, steigende Energiekosten, Verpackungsmaterialien und Dienstleistungen“ genannt, „nicht zuletzt auch aufgrund der anhaltend hohen Inflation“. Allerdings gebe man die Steigerungen nicht eins zu eins an die Kunden weiter, also an den Handel und den sogenannten Außer-Haus-Markt wie die Gastronomie. CCEP DE gehört zum Abfüller Coca-Cola Europacific Partners plc und kam 2022 auf einen Umsatz von 2,68 Milliarden Euro. Lizenzgeber ist die Coca-Cola Company, die auch das Konzentrat verkauft.
Das Thema Energie habe das Mannheimer Werk in den letzten Jahren „sehr stark umgetrieben“, vor allem während der Gaskrise, sagt Bee. „Wir brauchen insbesondere Gas, um Wasser aufzuheizen für unsere Waschmaschinen.“ Die beiden Anlagen reinigen bei 75 Grad zurückgenommene Mehrwegflaschen, sie liefen „nahezu ununterbrochen“. Um unabhängiger zu sein, wurden die Brenner so umgerüstet, dass sie auch mit Öl arbeiten - das allerdings erst gebracht werden müsste.
Coca-Cola: Eine PET-Flasche, 15 Füllungen
Der Standort, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1935 reichen, beherbergt drei Produktionslinien, die 2022 zusammen auf 224 Millionen Liter kamen, abgefüllt werden 150 000 Flaschen pro Stunde. Von 14 Produktionsstandorten in Deutschland sei Mannheim nicht der größte, aber „einer der modernsten“, sagt Bee.
Maßgeblichen Anteil daran haben zwei vergleichsweise neue Linien mit einem Stunden-Ausstoß von je 60 000 Flaschen: eine 2018 für etwa 20 Millionen Euro angeschaffte PET-Einweglinie, deren Flaschen vor Ort aus einem reagenzglas-förmigen Kunststoffrohling mit angehängtem Deckel „geblasen“ werden.
Und eine Glas-Mehrweglinie mit integrierter Sortieranlage, 2019 für fast 30 Millionen Euro angeschafft, laut Bee „eine Mega-Linie, knapp zwei Fußballfelder groß“. Vor der Abfüllung kontrollieren Kamerasysteme den Zustand der Glasflaschen, defekte oder gealterte werden „ausgeleitet“. Im Schnitt verträgt eine PET-Flasche 15 und eine aus Glas 25 Füllungen. Im Werk gibt es zudem eine ältere PET-Mehrweglinie für Ein-Liter-Flaschen.
Rund 450 Mitarbeiter arbeiten bei Coca-Cola in Mannheim
Dank der Investitionen und der Ausweitung der Produktionszeiten hat der Standort seinen Output deutlich gesteigert, laut Bee als Reaktion auf eine gestiegene Nachfrage. 2023 sollen knapp 45 Millionen „Unit Cases“ abgefüllt werden, eine interne Einheit à 5,678 Liter, CCEP DE hat knapp 700 Millionen im Visier.
Die Mannheimer Mitarbeiterzahl blieb mit 450 stabil, obwohl CCEP DE 2022 ankündigte, sein Automatengeschäft abgeben zu wollen, was in Mannheim laut der Gewerkschaft NGG etwa 30 Mitarbeiter betraf. Es seien aber welche dazugekommen, so Bee. Vor sieben Jahren sei der Standort durchaus „in der Diskussion“ gewesen, aber heute sei „dieses Gespenst sehr weit weg“.
Weitere Investitionen in den auch von der Lage her attraktiven Standort seien nicht ausgeschlossen. Zwar ist dieser nur gemietet, der Vertrag wurde aber vor ein paar Jahren um 25 Jahre verlängert. Die Belegschaft sei zufrieden, sagt NGG-Gewerkschaftssekretär Kai Eifler.
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