Software

Heidelberger SAS schafft neue Räume für Kreativität

Billard, Darts, Lounge-Atmosphäre - der Heidelberger Softwarehersteller SAS gestaltet die Büros um. Was dahinter steckt und was außerdem der geplante Börsengang macht, verrät Deutschland-Chefin Helene Lengler

Von 
Alexander Jungert
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Mischung aus Lounge und Wohnzimmer: Beschäftigte von SAS sollen sich bei der Arbeit in ungezwungener Atmosphäre austauschen. © SAS

Heidelberg. Kreativität entsteht am besten im persönlichen Austausch. Davon ist Helene Lengler (57) überzeugt. Sie leitet von Heidelberg aus das Deutschland-Geschäft des US-Softwareherstellers SAS. Das Unternehmen ist im früheren Hotel „Haarlass“, einem denkmalgeschützten Gebäude am Neckar, untergebracht. Dort sollen nach der stark von Heimarbeit geprägten Corona-Zeit wieder mehr Räume geschaffen werden, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemeinsam kreativ sein können.

Mit den Systemen von SAS sollen Unternehmen und öffentliche Einrichtungen Daten aus unterschiedlichsten Quellen in Echtzeit auswerten und aus den daraus gewonnenen Informationen Abläufe effizienter gestalten können. Dabei wird auch künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt.

Billardtisch und Popcornmaschine

Wer durch die Flure im Haarlass läuft, sieht jahrhundertealte Gemäuer, eingearbeitet in die moderne Fassade. Ein Teil des Hauptgebäudes ist kürzlich umgebaut worden. „Wir kommen aus einer Welt mit vielen Einzelbüros. Das öffnen wir gerade hin zu stärkeren Teamstrukturen in Hubs“, erklärt Lengler. Ein Raum sieht aus wie eine Mischung aus Lounge und Wohnzimmer. Es gibt einen Billardtisch, und an der Wand hängt eine Dartscheibe. In der Küche steht eine Popcornmaschine.

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Der Fokus liegt auf stärkerer Kommunikation. Rund um die Mittagszeit findet regelmäßig „Break and Cake“ („Pause und Kuchen“) statt. Dann stellt jemand ein Projekt vor, zum Beispiel den neuen Podcast zu künstlicher Intelligenz. Oder SAS-Manager aus anderen Ländern sind zu Gast.

Helene Lengler © Peter Vogel

SAS ist das weltweit größte Softwareunternehmen in privater Hand. Zumindest noch, denn es will bis Ende 2024 die Vorbereitungen für einen möglichen Börsengang abgeschlossen haben. Lengler sagt: „Ob der Börsengang direkt am 1. Januar 2025 passieren wird, hängt natürlich von den Märkten und wirtschaftlichen Gegebenheiten ab.“ Für den Gang aufs Parkett überarbeitet SAS unter anderem die Finanzberichterstattung. Denn ein börsennotiertes Unternehmen unterliegt breiteren Transparenzpflichten - es muss regelmäßig und ausführlich Bilanzkennzahlen veröffentlichen.

SAS - Welche Märkte welchen Umsatz machen

SAS gehe nicht an die Börse, weil dringend Geld für zusätzliche Expansionspläne gebraucht werde. „Vielmehr wollen wir die fast 50 Jahre alte Tradition von SAS absichern und das Unternehmen auf die nächsten 50 Jahre vorbereiten“, sagt Lengler. Denn irgendwann werde es wohl eine Art Eigentümerwechsel geben. SAS-Chef und Mitgründer Jim Goodnight sei vor Kurzem 80 Jahre alt geworden. „Wir wollen sicherstellen, dass SAS und damit auch die Arbeitsplätze nachhaltig erhalten bleiben.“

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In der Deutschland-Zentrale in Heidelberg arbeiten rund 300 Menschen. Die Zahl ist über die Jahre hinweg stabil geblieben. Weltweit sind es rund 11 700. Einen größeren Abbau von Arbeitsplätzen wie bei anderen Technologie- und Softwarekonzernen beabsichtigt SAS nicht. Während Corona habe es, anders als bei der Konkurrenz, keine größeren Einstellungswellen gegeben. „Wir ersparen uns die Notwendigkeit, im großen Stil Personal abzubauen“, erklärt Lengler. Das habe auch mit der Eigentümerstruktur des Unternehmens zu tun, es gebe kein „Wachsen um des Wachsens willen“.

SAS hat 2021 laut Jahresbericht weltweit einen Umsatz von rund 3,2 Milliarden Dollar erzielt, fast die Hälfte davon auf dem amerikanischen Markt. Europa, Naher Osten und Afrika machten fast 37 Prozent aus, der Rest entfiel auf Asien-Pazifik. Weitere Kennzahlen zu einzelnen Ländern werden nicht veröffentlicht. Ein Großteil der Kunden kommt aus der Banken- und Versicherungsbranche.

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Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine führte im Jahr 2022 zu Verschiebungen im Auftragseingang, weil Kunden die eine oder andere Investition erst einmal zurückgestellt hatten. Große Projekte sind nach Angaben von Lengler allerdings nicht dauerhaft gekippt worden. SAS entschied sich relativ früh, die Geschäftstätigkeit in Russland einzustellen, also auch keinen Service mehr anzubieten. 100 Beschäftigte waren betroffen.

Nach anfänglicher Zurückhaltung plant das Unternehmen nun, mit seinen Analytics-Plattformen stärker in die Cloud vorzudringen. Mithilfe von SAS „Viya on Azure“ etwa will der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport seine Mitarbeiter effizienter einsetzen, damit sich die Wartezeiten für Passagiere reduzieren. Grundsätzlich nimmt Lengler eine deutlich differenzierte Diskussion zur Cloud wahr als noch vor ein paar Jahren, als der erste Hype begonnen hat. „Die Kunden schauen genauer hin: Wo macht der Umstieg auf die Cloud wirklich Sinn? Wo bringt das Auslagern von Geschäftsprozessen tatsächlich einen Mehrwert, als Strukturen und Daten in eigenen Rechenzentren zu halten?“

Hype um künstliche Intelligenz

Natürlich beobachtet die Managerin die Aufregung um ChatGPT. „ChatGPT macht das abstrakte Konzept künstlicher Intelligenz greifbar. Automatisiertes Generieren von Inhalten ist plötzlich in aller Munde. Jeder kann Songtexte, Gedichte oder Geschäftsbriefe in einer bestimmten Sprache erstellen lassen - aber davon würde ich keine Unternehmensentscheidungen abhängig machen.“ Die Gesellschaft müsse nun erst lernen: Was ist machbar, was ist sinnvoll?

Berufszweige werden sich verändern, prognostiziert Lengler. KI könne zwar bestimmte Aufgaben übernehmen - doch wenn es darum gehe, Sachverhalte zu bewerten und kreativ zu sein, könne das nur der Mensch.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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