Greentech

Essbares Besteck - Mannheimer Start-up Frenvi plant 45 neue Jobs in Wiesloch

Über den Wirtschaftsstandort Deutschland wird im Moment viel geschimpft, mancher Betrieb droht gar mit Abwanderung ins Ausland. Doch es gibt auch andere Beispiele, wie das Mannheimer Start-up Frenvi zeigt

Von 
Tatjana Junker
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Gabel und Gebäck in einem: In dem essbaren Besteck sind u.a. Weizenmehl und brauner Zucker enthalten, je nach Zweck gibt es süße und salzige Varianten. © Frenvi

Mannheim. Vor rund fünf Jahren haben Abhinav Ramachandran und Phanindra Gopala Krishna das Mannheimer Start-up Frenvi gegründet. Ihr erstes Produkt damals: essbare Löffel, zum Beispiel für Eis. Die beiden Männer, die aus Indien stammen und in Heidelberg studierten, wollten damit unter anderem eine Antwort geben auf das in der EU anstehende Verbot für Plastik-Einweggeschirr.

Für Frenvi entsteht in Wiesloch eine neue Produktion für 4,7 Millionen Euro

Nachdem das Unternehmen 2021 die Produktion gestartet hat - in einem eigenen Werk in Indien - steht jetzt der nächste große Meilenstein an: Ab 2025 will Frenvi seine Produkte auch in der Region herstellen. Rund 45 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Dazu wird derzeit in Wiesloch, auf einem früheren Grundstück von Heidelberger Druckmaschinen, auf knapp 5000 Quadratmetern eine neue Produktion für 4,7 Millionen Euro aufgebaut.

Kapazität wächst auf 750 Millionen Einheiten im Jahr

„Im Moment gehen wir davon aus, dass wir im zweiten Quartal 2025 dort starten können“, sagt Stefan Beyerle, COO bei Frenvi. Die Produktion in Wiesloch sei um einiges größer als die in Indien, wo derzeit gut 30 Beschäftigte arbeiten. Insgesamt wachse die Produktionskapazität mit der Investition auf 750 Millionen Einheiten im Jahr.

Das Frenvi-Team am Stammsitz im Mannheimer Mafinex, vorne in der Mitte Frenvi-COO Stefan Beyerle. © Frenvi

Doch warum eine Produktion in Deutschland aufbauen, wo der Standort doch wegen hoher Energie- und Lohnkosten und viel Bürokratie oft als zunehmend industriefeindlich wahrgenommen wird? „Wir wollten eigentlich schon immer in Deutschland produzieren“, sagt Beyerle. In der Anfangszeit des Unternehmens sei der Aufbau einer Produktion hier aber zu teuer gewesen - zumal die ganze Welt damals mitten in der Pandemie steckte.

Deutscher Standort soll lange Seewege vermeiden

Die aktuelle Investition in Wiesloch wird mit Hilfe verschiedener Banken finanziert, auch die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg und das baden-württembergische Wirtschaftsministerium unterstützen das Vorhaben. Durch die Produktion in Wiesloch erspare man sich künftig lange Seewege vor allem für die Märkte Deutschland und Europa, die bisher von Indien aus beliefert werden. Dadurch verringere sich der CO2-Fußabdruck der Produkte erheblich, so Beyerle - gerade für ein Greentech-Unternehmen ein wichtiges Argument. Ein weiterer Vorteil der heimischen Produktion sei, dass das Label „made in Germany“ in vielen Ländern, zum Beispiel im arabischen Raum, immer noch ein starkes Verkaufsargument sei, mit dem sich auch höhere Preise durchsetzen ließen. Der hohe bürokratische Aufwand in Deutschland sei trotzdem eine Herausforderung. „Wenn Sie mich fragen würden, was einfacher war: eine neue Produktion mitten im Lockdown in Indien aufzubauen oder eine neue ohne Pandemie in Deutschland, bin ich nicht sicher, wie die Antwort ausfallen würde“, sagt Beyerle.

Greentech-Start-up Frenvi

  • Das Greentech-Start-up Frenvi wurde 2019 von Phanindra Gopala Krishna und Abhinav Ramachandran in Mannheim gegründet.
  • Derzeit arbeiten knapp 50 Beschäftigte bei dem Unternehmen: 14 am Hauptsitz in Mannheim und gut 30 in Indien, wo das Unternehmen seine Waren produziert.
  • In Indien lag der Umsatz im Bilanzjahr 2023/24 bei etwa 1,1 Millionen Euro.
  • 2025 will Frenvi eine zweite Produktion in Wiesloch aufbauen und investiert dafür rund 4,7 Millionen Euro.

 

Zumindest was die Produktionskosten betrifft, stehe der künftige Wieslocher Standort aber wegen seines hohen Automatisierungsgrades nicht schlechter da als der indische. Am allerliebsten hätte Frenvi Beyerle zufolge seine neue Produktion unterdessen direkt in Mannheim aufgebaut. Hier - im Gründungszentrum Mafinex - hat das Unternehmen seinen Hauptsitz mit aktuell 14 festangestellten Mitarbeitenden. „Die Wirtschaftsförderung der Stadt Mannheim hat uns auch wirklich toll unterstützt auf der Suche nach einem Standort, am Ende hat es hier aber leider nicht geklappt.“

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Neben der Investition in eine deutsche Produktion baut das Mannheimer Unternehmen sein Portfolio weiter aus. Außer dem essbaren Besteck, das es in süßen (für Eis oder Kaffee) oder salzigen Varianten (für Suppen oder als Pommes-Pikser) gibt, stellt Frenvi inzwischen auch kompostierbares Geschirr - also Getränkebecher oder Teller - aus Reis- und Weizenkleie her.

Damit zielt das Unternehmen vor allem auf große Veranstaltungen ab, zum Beispiel Festivals. „Bei solchen Massenevents funktionieren Mehrweglösungen meistens nicht gut, deshalb ist kompostierbares Einweggeschirr aus unserer Sicht hier die beste Lösung.“ Es könne nach dem Gebrauch im Biomüll entsorgt werden, „aber selbst wenn es auf dem Acker landet, löst es sich innerhalb von rund 20 Tagen auf.“

Forschung zu weiteren Anwendungsmöglichkeiten

Auch Mehrweg-Kaffeebecher hat Frenvi inzwischen im Portfolio. Sie seien zwar nicht komplett kunststofffrei, bestünden aber zu 50 Prozent aus Kaffeefasern, wodurch der CO2-Fußabdruck deutlich geringer ausfalle. Mit seinen Mehrweglösungen versucht das Mannheimer Unternehmen gerade, in verschiedene Fußballstadien hereinzukommen, dazu gebe es Gespräche mit mehreren Clubs und Sportvereinen, auch in der Region.

Gleichzeitig forscht Frenvi an weiteren Anwendungsmöglichkeiten für bio-basierte Materialien, zum Beispiel im Bau. So arbeite man gemeinsam mit dem Mannheimer Start-up Vision Domes und Wissenschaftlern der Uni Hohenheim an einem Projekt zu Dämmmaterialien aus Tee-Treber, also Resten aus der Teeproduktion. Auch zum Einsatz im Innenausbau, zum Beispiel bei Bodenplatten, gebe es Überlegungen und Gespräche. „Wir sind hier schon relativ nah am Markt. Wenn das klappt, könnte das unser nächstes Geschäftsfeld werden“, sagt Beyerle.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

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