Mannheim/Frankfurt. Die Bahn verteidigt den Neubau der Riedbahn trotz anfänglicher Störungen. „Mit der Generalsanierung haben wir ein Pilotprojekt für die Erneuerung unserer Infrastruktur erfolgreich und im Zeitplan abgeschlossen“, sagt der Vorstandschef der Netzgesellschaft InfraGo, Philipp Nagl, „diese Leistung lassen wir uns nicht kleinreden“.
Zuletzt musste die Bahn viel Kritik für etliche Störungen und Unzulänglichkeiten an der gerade erst fertiggestellten Strecke gefallen lassen. Nagl spricht von Kinderkrankheiten, die bei jeder Inbetriebnahme einer neuen Strecke auftreten.
Riedbahnsanierung: Beschädigte Kabel müssen saniert werden
So konnten nach der Wiedereröffnung der 70 Kilometer langen Trasse noch nicht alle regulären Züge wieder eingesetzt werden. Inzwischen fährt die Bahn wieder den normalen Verkehr.
Auch verschiedene technische Probleme stören noch den Betrieb. So sorgen fehlerhafte Gefahrenmeldungen an manchen Schranken für einen langsameren Verkehr. Bei den Bauarbeiten beschädigte Kabeln müssen ausgetauscht, Stellwerkstechnik optimiert werden.
Laut Nagl zeigen sich derlei Schwachpunkte erst im laufenden Betrieb. „Wir fahren die Strecke aktuell unter voller Last ein und beseitigen letzte Fehlerquellen so schnell es geht“, versichert der Vorstand. Bis Anfang Februar sei dieser Prozess weitestgehend abgeschlossen. Nach Bahnangaben gab es anfangs noch täglich Störungen. Inzwischen treten sie nur noch alle zwei bis drei Tage auf.
Noch können die Züge auch nur mit einer maximalen Geschwindigkeit von 160 Kilometern in der Stunde über die Riedbahn fahren. Denn das automatische Zugsteuerungssystem ETCS ist noch nicht eingeschaltet. Am kommenden Wochenende finden Testfahrten für ein Höchsttempo von 200 Stundenkilometern im südlichen Abschnitt der sanierten Trasse statt. Auf diesem Teilstück zwischen Biblis und Mannheim wird ETCS in der kommenden Woche hochgefahren. Dann dürfen die Züge auch mit Tempo 200 unterwegs sein.
Pünktlichkeitsbilanz auf Riedbahnstrecke soll sich deutlich verbessern
Ob sich der versprochene Gewinn an Pünktlichkeit im Gesamtnetz durch die kostspielige Generalsanierung einstellen wird, bleibt noch offen. Die entsprechenden Vergleichsdaten können noch nicht erhoben werden.
Die Sanierung hatten Bahnvorstand und Politik mit großen Versprechen begleitet. Die Pünktlichkeitsbilanz soll sich zum Beispiel deutlich verbessern, da es 80 Prozent weniger betriebliche Störungen geben soll. Mit rund 300 Zügen täglich ist die Riedbahn eine der am stärksten frequentierten Trassen. Den Vorwurf, hier sei zu viel versprochen worden, weist die Bahn zurück. „Ziel war es, den Zustand dieser meistbefahrenen Strecke zu verbessern“, betont das Unternehmen. Das habe funktioniert.
Die Netzzustandsnote habe sich nachweislich von der mäßigen Schulnote 3,5 auf 2,1 verbessert. Laut Nagl sind die Baukosten bisher auch im geplanten Rahmen von 1,3 Milliarden Euro geblieben.
Weiter 40 Streckenabschnitten sollen von Grund auf erneuert werden
Die erste Generalsanierung ist nur der Auftakt für ein Mammutbauprogramm in den kommenden Jahren. Weitere 40 wichtige Korridore sollen von Grund auf erneuert werden. Ein eher kleines Vorhaben läuft mit der Ausbaustrecke zwischen Oberhausen und Emmerich bereits.
Im kommenden Jahr folgt das die zweite große Herausforderung mit der Verbindung zwischen Hamburg und Berlin. 2,2 Milliarden Euro wird die Sanierung der Strecke kosten. In den folgenden Jahren sind gleichzeitig jeweils mehrere Vorhaben geplant. Ob dieser Vorstellung aufgeht, hängt vor allem von den Finanzierungsmöglichkeiten ab. Denn die neue Bundesregierung muss sich nicht an die Absichten der alten Regierung halten. Die Ampel hatte viele Milliarden für die Erneuerung der wichtigsten Strecken zugesagt.
Der noch amtierende Verkehrsminister Volker Wissing würde gerne eine Fonds einrichten, der die Finanzierung der Infrastruktur für die kommenden zehn Jahre sicher stellt. Doch darauf wird wohl erst einmal nichts werden.
Wie es weiter geht, hängt vom Wahlergebnis und der anschließenden Regierungsbildung ab. Dass die Bahn die Sanierung der Riedbahn so vehement verteidigt, ist nicht nur eine Reaktion auf die Kritik an den Störungen in den erste Wochen. Das Projekt gilt auch als wegweisendes Beispiel für die Sanierungsstrategie der Bahn.
Für die Generalsanierungen werden die jeweiligen Trassen monatelang gesperrt. Es muss ein aufwändiger Ersatzverkehr organisiert werden. Laut Bahn ist dieses Vorgehen eines Gutachtens zufolge wirtschaftlicher als die Modernisierung bei einem laufenden Betrieb. Gemeinsam mit der Bauindustrie sei es gelungen, innerhalb von fünf Monaten 400 Prozent mehr Bauvolumen ins Gleis zu bringen als bei vergleichbaren Projekten, betont das Unternehmen.
Massives Sparprogramm soll die Bahn wieder auf die Erfolgsspur bringen
Zugleich war das Vorhaben auch ein Prestigeprojekt des Verkehrsministers und von Bahnchef Richard Lutz. Ersterer kann eine Achtungserfolg für sich verbuchen. Letzterer steht durch die miserablen Leistungen der Deutschen Bahn unter Erfolgsdruck.
Neben den Generalsanierungen soll ein massives Sparprogramm den Konzern wieder auf eine Erfolgsspur zurückbringen. Rund 20.000 Stellen werden abgebaut und die Spedition Schenker verkauft. Die verlustreiche Gütersparte muss schnell wieder in die Gewinnzone zurückkehren. Sonst droht deren Zerschlagung in Folge einer EU-Vorgabe, die eine dauerhafte Subventionierung der Verluste als unerlaubte Beihilfe bewertet.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-die-riedbahn-nach-der-sanierung-nicht-alles-laeuft-rund-_arid,2276351.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/biblis.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html