Mannheim. Klappern gehört zum Handwerk. Auch im Wissenschaftsbetrieb. Deshalb muss man natürlich aufpassen, wenn sich die Protagonisten bei einer Jubiläumsfeier selbst über den grünen Klee loben. Wie zum Beispiel bei der Jubiläumsfeier des ZEW Mannheim am Montagabend. Da fielen Superlative wie „Erfolgsgeschichte“ oder „Leuchtturmprojekt“, die fast schon reflexhaft zum Widerspruch reizen.
Kooperation zwischen ZEW und Uni
Doch von jeder Regel gibt es auch in der Forschung eine Ausnahme. Der vor zehn Jahren vom ZEW und der Mannheimer Universität ins Leben gerufene Wissenschafts-Campus Mannheim Taxation ist tatsächlich etwas Besonderes. Mannheim Taxation bringt immer wieder die besten Köpfe der Wirtschafts-, Rechts- und Politikwissenschaften aus dem In- und Ausland zu aktuellen Fragen der Steuerforschung zusammen.
Zu diesen klugen Köpfen gehört mit Hanno Kube ein Professor aus Heidelberg, der durch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nachtragshaushalt 2023 bekannt geworden ist. Kube hat die Klageschrift der Bundestagsfraktion der Union in Karlsruhe eingereicht und damit die aktuelle „finanzpolitische Zeitenwende“ mitausgelöst, von der Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) in seinem Festvortrag spricht.
Newsletter "MM Business" - kostenlos anmelden!
Die Steuerforschung des Mannheimer Verbunds zeichnet sich vor allem durch ihren Praxisbezug aus. Das Team erstellt zum Beispiel seit vielen Jahren den Mannheim Tax Index, der die Steuerbelastung der deutschen Unternehmen im internationalen Vergleich misst. „Solche Daten sind für eine evidenzbasierte Politikberatung wichtig. Wir Politiker brauchen aber auch Ideen, und hier gibt es sie“, sagt Bayaz.
Doch nicht immer - oder erst zu spät - hören die Politiker auf den Rat der Wissenschaftler. Darüber geärgert hat sich auch schon Universitätsprofessor Christoph Spengel, der sein Amt als Sprecher von Mannheim Taxation inzwischen an Philipp Dörrenberg abgegeben hat.
Bundesweite Schlagzeilen
Spengel und sein Team haben dafür gesorgt, dass es Fachbegriffe wie Cum-Ex und Cum-Cum in die Schlagzeilen geschafft haben. Über Jahre hinweg konnten demnach Investoren den deutschen Fiskus mit höchst einfallsreichen Maschen um viele Milliarden Euro erleichtern. Inzwischen sind auch schon die ersten Urteile gefallen. Aber selbst im Rückblick bleibt es unerklärlich, warum der Staat die Cum-Ex-Geschäfte erst 2012 gestoppt hat. Spengel warf den damaligen Finanzministern in diesem Zusammenhang Versagen vor.
Auch auf einem anderen Feld haben die Forscherinnen und Forscher aus Mannheim mit ihren Daten der Politik Orientierungshilfe gegeben. Die Ergebnisse sind allerdings ernüchternd. Es geht um die globale Mindeststeuer. Sie soll dafür sorgen, dass Konzerne wie Google oder Apple endlich zur Kasse gebeten werden. Ihre effektive Steuerquote lag 2013 bei drei beziehungsweise einem Prozent.
Die Umsetzung der globalen Mindeststeuer wäre für die 454 Konzerne in Deutschland, die unter die Mindeststeuer mit Einmalkosten von 319 Millionen Euro und laufenden Kosten in Höhe von knapp 100 Millionen Euro verbunden. „Die Kosten sind enorm, das Steuermehraufkommen dürfte eher gering sein“, sagt Sophia Wickel.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-darum-sind-die-mannheimer-steuerforscher-so-erfolgreich-_arid,2151576.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html