Kommentar Bezahlen mit Kryptowährungen wird ein Nischenthema bleiben

Knapp 30 Händler in Mannheim wollen laut der Kryptostadt-Initiative das Bezahlen mit Digitalwährungen ermöglichen. Dennoch wird es kein Massenphänomen. Es fehlt eine geeignete Zielgruppe, findet Simon Retzbach

Veröffentlicht
Kommentar von
Simon Retzbach
Lesedauer

Mannheim. Nun soll Mannheim also vorneweg gehen und die erste „kryptofreundliche“ Stadt in Deutschland werden. Wirklich überraschend ist der Grundgedanke, eine Zahlung mit Kryptowährungen zu ermöglichen, nicht. Denn die Digitalwährungen werden durch teils immense Kurssprünge immer bedeutsamer.

Genau hier steckt nun aber das Problem der Kryptostadt-Initiative. Zahlreiche Deutsche teilen zwar mittlerweile deren aufrichtige Begeisterung für das Thema Krypto – allerdings nicht so, wie die Initiative es sich vorstellt. Mit dieser Differenz wird das Projekt letztlich zu kämpfen haben und mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Nischenprodukt bleiben.

Handel

Mit Bitcoin bezahlen: Mannheim wird erste Kryptostadt Deutschlands

Veröffentlicht
Von
Simon Retzbach
Mehr erfahren

Denn die Begeisterung für Krypto wird im Kern von zwei Dingen getragen: Glaube und Misstrauen. Der feste Glaube an steigende Kurse lässt Leute in die Digitalwährungen investieren –aber eben langfristig.

Auch ein gewisses Misstrauen macht Krypto für viele interessant: Misstrauen in herkömmliche Strukturen wie Zentralbanken und die Politik, die nach Auffassung vieler Investoren Währungen wie den Euro oder den US-Dollar durch die Druckerpresse willkürlich wertlos macht. Auch hier die Lösung: Dezentrale Kryptowährungen ohne staatlichen Einfluss.

Mehr zum Thema

Serie „Digitales Leben“

So funktioniert die Blockchain-Technologie

Veröffentlicht
Von
Björn Hartmann
Mehr erfahren

Bei Misstrauen spricht ebenfalls wenig für tägliche Konsumausgaben mit Kryptowährungen. Wer vom System alternativer Währungen überzeugt ist, möchte diese nach einem Kauf möglichst nicht mehr hergeben. Das verbreitete Motto „Hold on for dear life“, übersetzt etwa „Halte (die Kryptowährungen) um deines Lebens willen fest“, bringt diese Einstellung auf den Punkt. Die oft starken Wertschwankungen werden mit extremer Langzeitperspektive wortwörtlich „ausgehalten“.

Insgesamt ist es also schwer, eine Zielgruppe für das Vorhaben der Kryptostadt zu finden. Es will die bestehende Community ansprechen, wohl wissend, dass das Thema für Außenstehende eher wenig interessant ist. Doch bei Krypto-Investoren dürfte durch eine andere Form der Begeisterung für das Thema ebenfalls wenig Bereitschaft zur neuen Bezahlweise aufkommen.

Da helfen auch die möglicherweise niedrigeren Kosten im Vergleich zur Kartenzahlung wenig. Aus der authentischen Begeisterung vom Team rund um Max Burger dürfte wohl kaum ein tatsächlich tragfähiges Modell der Kryptostadt werden. Dafür liegt die tatsächliche Motivation von Krypto-Enthusiasten zu weit weg von reiner Begeisterung über bargeldloses Bezahlen.

Redaktion

VG WORT Zählmarke