Ludwigshafen. Eine Schiffstaufe mitten im Ludwigshafener Werk? Geht die BASF jetzt unter die Schiffsbauer? Immerhin hat der Chemiekonzern das neue, ganz besondere Tankschiff Stolt Ludwigshafen mitentwickelt - und es wird exklusiv nur von der BASF gechartet. Um das Schiff mit Champagner im Ludwigshafener Werkshafen taufen zu können, gab es extra eine Ausnahmegenehmigung zur Aufhebung des Alkoholverbots. Gebaut hat das Schiff allerdings die Reederei Stolt Tankers - in Zusammenarbeit mit BASF. Stolt wird den Tanker auch auf dem Rhein betreiben.
Vier Jahre hat es von der ersten Idee bis zur Schiffstaufe am Freitag gedauert. „Es ist nicht das größte Schiff unserer Flotte, aber das speziellste“, sagt Stolt-Präsident Lucas Vos. Das Schiff wurde eigens für den Einsatz bei Niedrigwasser entwickelt - mit viel Aufwand und einem einzigartigen Design: Um eine hohe Tragfähigkeit zu erzielen, ist die Stolt Ludwigshafen mit einer Länge von 135 Metern und einer Breite von 17,5 Metern deutlich größer als die gängigen Tanker auf dem Rhein.
Neue Leichtigkeit
Und dabei ist das Schiff auch noch viel leichter: Der Rumpf wurde in Leichtbauweise gestaltet, ist aber gleichzeitig sehr stabil. Deshalb hat es eine höhere Frachtkapazität als andere Binnenschiffe. Dazu kommt ein spezielles Antriebssystem. All das ermöglicht den Betrieb bei extremem Niedrigwasser, wenn fast alle anderen Tanker im Hafen bleiben müssen. Fünf Mann braucht es dafür als Besatzung. Sogar die berühmt-berüchtigte, für die Rheinschifffahrt kritische Stelle in der Nähe von Kaub kann Stolt Ludwigshafen noch bei einem Pegelstand von 30 Zentimetern passieren. Und kann dabei immerhin noch 800 Tonnen Ladung transportieren.
Viel Euphorie und Stolz
Bei normalen Pegelständen kann das Binnenschiff maximal 5100 Tonnen transportieren - und zwar flüssige Chemikalien aller Art. Was der Bau gekostet hat, wird aber nicht verraten. Nach BASF-Angaben ist es das „leistungsfähigste Niedrigwasser-Schiff, welches den Rhein befährt“. Die Euphorie und der Stolz sind spürbar am Morgen der feierlichen Schiffstaufe am Werkshafen.
Wer sie verstehen will, muss zurückblicken auf den Sommer 2018 und die dramatischen Folgen der Hitze für BASF: Die Dürre hatte zu einem lange andauernden Niedrigwasser des Rheins geführt. Frachtschiffe konnten den Fluss nicht mehr oder nur mit ganz wenig Ladung befahren. Dadurch kam die Rohstoffversorgung des Ludwigshafener Stammwerks, des größten Standorts im Konzern, fast zum Erliegen.

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Als Folge davon musste die BASF die Auslastung der Anlagen in Ludwigshafen reduzieren. Das wiederum belastete das Ergebnis für das Gesamtjahr 2018 mit rund 250 Millionen Euro. Neben anderen Faktoren trug das Niedrigwasser dazu bei, dass das Konzernergebnis um mehr als 20 Prozent zurückging.
Lebenswichtiger Rhein
„Der Rhein ist die Lebensader für unser Werk“, sagt Ralf Busche, Leiter der BASF-Standortlogistik. Sieben Millionen Tonnen Rohstoffe kommen jährlich ins Werk, rund die Hälfte davon per Schiff. Entsprechend massive Auswirkungen haben Niedrigwasserphasen für den Ludwigshafener Standort. Der Extrem-Sommer 2018 - den Experten mit dem Klimawandel in Zusammenhang bringen - habe zu einem Wendepunkt bei BASF geführt, sagt Busche. „Wir sind uns bewusst geworden, dass es in Zukunft häufiger zu Niedrigwasser kommen kann.“
In Zukunft besser gerüstet
Daraufhin brachte das Management ein Paket an Maßnahmen auf den Weg. Das Ziel: künftig besser gerüstet zu sein bei Niedrigwasser am Standort Ludwigshafen.
Frühwarnsystem: So hat BASF gemeinsam mit der Bundesanstalt für Gewässerkunde ein digitales Frühwarnsystem für Niedrigwasser mit einer Vorwarnzeit von bis zu sechs Wochen umgesetzt. Dadurch kann sich die Logistik im Werk besser und früher auf die Lage einstellen.
Alternativen: Das Unternehmen setzt inzwischen verstärkt auf alternative Verkehrsträger, insbesondere auf die Bahn. Wichtige Ladestellen wurden entsprechend ausgebaut, um flexibler zu sein.
Aktionsplan: Zudem ist der Konzern Mit-Unterzeichner des Aktionsplans „Niedrigwasser Rhein“ vom Bundesverkehrsministerium. Mit verschiedenen Maßnahmen soll die Schiffbarkeit des Rheins verbessert werden.
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Kühlwasser: Auch beim für die Produktion wichtigen Kühlwasser aus dem Rhein gab es ein Umdenken. Die zentralen Rückkühlanlagen wurden ausgebaut, die Kühlwasserströme optimiert. Inzwischen sieht sich BASF in der Lage, während heißer Wetterphasen Produktionsunterbrechungen in Ludwigshafen zu verhindern und den Standort unabhängiger vom Flusswasser des Rheins zu machen.
Spezialschiffe: Seit 2018 hat das Unternehmen die Anzahl der für BASF exklusiv im Charter fahrenden Niedrigwasser-geeigneten Schiffe gegenüber 2018 mehr als verdoppelt. Dazu gehören beispielsweise zwei neue Niedrigwasserschiffe für BASF von den Reedereien HGK (Gas 94) und GEFO (Canaletto), die auf Basis der Anforderungen von BASF entworfen und gebaut wurden.
Flaggschiff dieser neuen Niedrigwasser-Tanker ist die Stolt Ludwigshafen. Sie schließt das Maßnahmenpaket ab. Der Vorzeige-Tanker geht gleich nach der feierlichen Zeremonie und Vorstellung an die Arbeit. An diesem Samstag wird er im Mannheimer Hafen beladen und bringt seine Fracht nach Antwerpen - erstmal bei normalem Rhein-Pegel.
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