„Sie machen sich sicher Gedanken um ihre BASF“, sagt Vorstandschef Martin Brudermüller zu den fast 5000 Aktionären im Mannheimer Rosengarten. Um dann zu beruhigen: „Das müssen Sie aber nicht.“ Der BASF sei es in ihrer 158-jährigen Geschichte mehrfach gelungen, sich neu auszurichten. In seiner Rede vor der Hauptversammlung wirbt der BASF-Chef immer wieder um das Vertrauen der Anteilseigner, beschwört den Teamgeist und die Innovationskraft seines Unternehmens.
Es ist Brudermüllers vorletzte Rede als Vorstandsvorsitzender. Sein Vertrag war nur um ein Jahr verlängert worden, so dass er nach der Hauptversammlung im Frühjahr 2024 das Amt abgeben wird. So klingt der emphatisch gehaltene Vortrag schon ein bisschen nach Vermächtnis - und auch nach Rechtfertigung. Etwa beim in den vergangenen Monaten oft kritisierten China-Kurs der BASF.
Auch in USA investiert
So investiert der Ludwigshafener Chemiekonzern zehn Milliarden Euro in einen neuen Verbundstandort in Südchina. BASF müsse dort sein, wo der Markt am stärksten wächst, argumentiert Brudermüller. „China steht für die Hälfte der weltweiten Umsätze in der Chemie. Bei BASF steht China aber nur für weniger als 15 Prozent des Gesamtumsatzes.“ Außerdem investierte man gleichzeitig in anderen Ländern, etwa eine Milliarde Euro am US-Standort Geismar.
Auch in Ludwigshafen investiere BASF jährlich weiterhin zwei Milliarden Euro für die Modernisierung und die ökologische Transformation des Standorts. Brudermüllers Einschätzung zu Deutschland klingt düster. „Unser Heimatmarkt macht uns zunehmend Sorgen.“ Unter anderem gefährde die „überbordende Bürokratie“ die Wettbewerbsfähigkeit.
Bei den Redebeiträgen der Aktionäre kamen viele Fragen und skeptische Einschätzungen zu China. Zum Beispiel von Arne Rautenberg, Fondsmanager bei Union Investment: „Der russische Angriff hat gezeigt, wie schnell geopolitische Alpträume Realität werden können.“ Dennoch halte der Vorstand unbeirrt an der „Hochrisikostrategie“ fest.
Während die Dividende - 3,40 Euro je Aktie - noch als „aktionärsfreundlich“ akzeptiert wurde, gab es jede Menge Kritik am Aktienkurs. Die BASF-Aktie war Anfang 2022 noch rund 70 Euro wert, jetzt sind es knapp 50 Euro. Auch dass der Kurs im Vergleich zum Dax und dem weltweiten Chemiesektor schlechter abschneide, wurde moniert.
Das sei „unbefriedigend“ räumt Brudermüller ein. Die Angst vor einem Gasnotstand und der Abschaltung des Ludwigshafener Werks habe die Aktie nach unten gedrückt. Diese Gefahr sei jetzt gebannt. Inzwischen könne BASF den größten Konzernstandort auch dann noch betreiben, wenn nur rund 30 Prozent der bisherigen Gasmenge ankämen.
Schwerfälliger Tanker?
In den Reihen der Aktionärsvertreter kam auch mehrfach die Frage auf, ob die Verbundstruktur der BASF noch zukunftsfähig sei. Oder ob die BASF ein schwerfälliger Tanker sei, der nicht agil genug reagieren könne. In der Verbundstruktur sind Anlagen und Infrastruktur eng miteinander vernetzt. Das sei auch weiterhin ein großer Vorteil, betont Brudermüller. Gerade Pilotanlagen und Projekte für mehr Klimafreundlichkeit, etwa bei der Kreislaufwirtschaft, ließen sich im Verbund besser erproben und skalieren.
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Bei der Hauptversammlung wurde auch der langjährige Finanzvorstand Hans-Ulrich Engel mit jeder Menge Lob und Dank verabschiedet. Brudermüller bezeichnete ihn als „großartigen Kollegen“, ein Aktionär nannte ihn den „Fels in der Brandung“. Engel geht in Ruhestand, sein Nachfolger ist Dirk Elvermann, ein BASF-Eigengewächs.
Fragen zu Dubourgs Weggang
Aufsichtsratschef Kurt Bock musste Fragen zum abrupten Weggang von Vorständin Saori Dubourg beantworten. Über die Gründe sei Verschwiegenheit vereinbart, „aber es ist eben so, dass sich die Wege manchmal trennen“. Mehrfach wurde angeregt, der Aufsichtsrat möge sich bei der Vorstandssuche außerhalb der BASF umschauen - für mehr frischen Wind. Das sieht Bock anders: „Es steht der BASF gut zu Gesicht, wenn sie in der Lage ist, Vorstandspositionen von innen zu besetzen.“ Auch die Nachfolge Brudermüllers werde von langer Hand geplant. Den größten Beifall der Aktionäre gab es dafür, dass die Hauptversammlung nach drei Jahren wieder in Präsenz stattfand. BASF gab auch die Zahlen für das erste Quartal 2023 bekannt. Ein Absatzeinbruch sorgte für einen schwachen Jahresstart.
Trotzdem bestätigte der Konzern seine Ziele für das laufende Jahr. Dass der Gewinn im ersten Quartal deutlich höher ausfiel, geht auf einen Sondereffekt im Vorjahreszeitraum zurück - eine Milliarden-Abschreibung auf die Beteiligung an Wintershall Dea.
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