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SAP-Streit mit Vorruheständlern: Vergleichsvorschlag auf dem Tisch

Seit Monaten schwelt ein heftiger Streit zwischen Vorruheständlern und dem Walldorfer Softwarekonzern SAP vor Gericht in Mannheim. Jetzt gibt es einen Vorschlag zur Einigung.

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Alexander Jungert und Alena Kuhn
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Ein Firmengebäude von SAP am Stammsitz Walldorf. © SAP SE

Mannheim/Walldorf. Landesarbeitsgericht Mannheim, Saal 1. Minutenlang spricht die Vorsitzende Richterin Barbara Seeling in ihr Diktiergerät, passt Anträge an, stellt Fragen an die Anwaltschaft. Begriffe, die oft fallen: Strukturerhöhung, Inflationsausgleichsprämie, Gleichheitsgrundsatz.

Dann geht es ans Eingemachte. Der Rechtsstreit zwischen Vorruheständlern und SAP, der nach dem Arbeitsgericht nun in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht geführt wird, ist emotional. Immer wieder kommen Zwischenrufe von Klägern und Besuchern. Einer Klägerin geht es um den finanziellen Aspekt, einem anderen Kläger ist das Geld weniger wichtig. Er spricht von einem „Vertrauensbruch“, der von SAP begangen worden sei.

Tatsächlich aber könnte der Streit schon bald aus der Welt sein. Denn vor dem Landesarbeitsgericht gibt es einen Vergleichsvorschlag. „Es wäre schön, wenn die Beschäftigten nicht im Streit ausscheiden“, sagt Richterin Seeling.

Vereinfacht erklärt sieht der Vergleich so aus: SAP leistet eine Sonderzahlung von 750 Euro brutto – und zwar an alle 1500 Beschäftigten des Vorruhestandsprogramms aus dem Jahr 2019, um das sich der Streit dreht. Voraussetzung ist, dass die mehr als 30 Klägerinnen und Kläger damit einverstanden sind – und ihre Klagen zurückziehen. Mit Erfüllung des Vergleichs sollen zudem finanzielle Ansprüche für die Jahre 2023 und 2024 geklärt „und der Rechtsstreit erledigt“ sein.

Fristsetzung für Vorruheständler

Die klagenden Vorruheständler haben bis Mitte Februar Zeit zu überlegen, ob sie das Angebot annehmen oder nicht. Für SAP gilt eine Frist bis Mitte März. Sollte der Vergleich platzen, fällt das Landesarbeitsgericht ein Urteil – das am 17. April verkündet werden soll. In welche Richtung eine Entscheidung gehen würde, formuliert Seeling schon klar: Das Landesarbeitsgericht folgt der Argumentation der Vorinstanz, dem Arbeitsgericht – und gibt SAP Recht. Man könne als Kläger wahrscheinlich entweder nichts bekommen oder die 750 Euro, fasst Seeling zusammen.

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Alexander Jungert
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Um die Hintergründe zu verstehen, muss man etwas ausholen. Vor fast genau einem Jahr ist der Streit zwischen Vorruheständlern und SAP vor dem Arbeitsgericht Mannheim entbrannt. Die Kläger sind SAP-Beschäftigte, die Angebote zum Vorruhestand angenommen haben. Solche Angebote gab es beim Walldorfer Softwarekonzern in den vergangenen Jahren öfter, um zu sparen und die Belegschaft umzubauen. Bislang galten die finanziellen Bedingungen immer als großzügig.

Vorruheständler scheitern mit Klage

So erhielten Vorruheständler nicht nur ein gutes Einkommen, sondern auch Gehaltserhöhungen, die für die arbeitende Belegschaft vereinbart worden sind – wenigstens die sogenannte Strukturerhöhung. Sie ist unabhängig von der Leistung. Für das Jahr 2023 bekamen Vorruheständler aber nur die halbe Strukturerhöhung im Vergleich zu den „Aktiven“, das heißt 0,74 statt 1,48 Prozent. Auch die Inflationsausgleichsprämie von 1500 Euro fiel für sie flach. Insgesamt dürfte es für jede einzelne Person – bis auf wenige Ausnahmen – um 2000 bis 3000 Euro gehen.

Mit ihren Zahlungsklagen scheiterten die Vorruheständler vor dem Arbeitsgericht. Es bestehe weder ein vertraglicher Anspruch auf eine Gehaltserhöhung noch auf eine Inflationsausgleichsprämie, so das Urteil Mitte Februar 2024. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz werde nicht verletzt.

Das wollten die Vorruheständler nicht hinnehmen und gingen in Berufung. Seither ist das Landesarbeitsgericht gefragt (u.a. Az. 19 Sa 12/24). Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg sitzt in Stuttgart, hat in Mannheim aber eine Außenkammer.

Rechtsanwalt Mathias Helmke, der etliche Mandaten vor Gericht vertritt, macht nochmals klar: „Hier geht es um die Mitarbeiter, die SAP groß gemacht haben.“ Sie hätten lange überlegt, ob sie überhaupt gegen ihren Arbeitgeber vorgehen sollen. Aber sie seien einfach enttäuscht von SAP, weil sie in dem Glauben gelassen worden seien, die vollen Zahlungen zu erhalten.

Das sagt der Personalchef von SAP zum Angebot

SAP-Anwältin Barbara Reinhard hebt hervor, dass es „natürlich um wertvolle Mitarbeiter“ gehe und diese auch so behandelt würden. Sie erinnert an die aus ihrer Sicht großzügigen Abfindungen von bis zu 720 000 Euro. Dafür müsste man lang „schaffe“.

Dass einige Klägerinnen und Kläger nun die Möglichkeit hätten, so zu entscheiden, dass insgesamt 1500 Personen eine „Sonderzahlung mit Blick auf die gestiegenen Verbraucherpreise“ erhielten, hält Richterin Seeling für ein „sehr charmantes Angebot“ von SAP.

Der Walldorfer Softwarekonzern bekräftigt in einer ersten Reaktion das „entsprechende Angebot“. Daniel Müller, Personalchef von SAP Deutschland, wird zitiert: „Wir haben uns entschlossen, den betreffenden Kolleginnen und Kollegen die Hand zu reichen, um hierdurch einen Beitrag zur Lösung dieses Konflikts zu leisten.“

An diesem Donnerstag finden vor anderen Kammern des Landesarbeitsgerichts weitere Verhandlungen in der Sache statt. Auch dort wird der Vergleichsvorschlag zur Sprache kommen.

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

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