Energie - Analyst begrüßt Einstieg des neuen Großaktionärs – der sich langfristig und nachhaltig engagieren möchte

„Gut für MVV und für EnBW“

Von 
Martin Geiger
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Fahnen mit dem Unternehmenslogo wehen vor der Mannheimer MVV-Zentrale. © MVV

Mannheim. Die kurze Mitteilung ist am Mittwoch um 7.30 Uhr vor Handelsbeginn an den Börsen veröffentlicht worden. Und sie leitet das Ende von hochfliegenden Plänen und einer langen, komplizierten Beziehung ein. Die Aktionäre EnBW und RheinEnergie, heißt es in der Meldung, haben „eine grundsätzliche Einigung mit einem Bieter über den Verkauf ihrer Beteiligungen an der MVV Energie AG in Höhe von zusammen 45,1 Prozent gefunden“.

Anfang Oktober hatten die beiden Energieunternehmen – mal wieder – erklärt, dass sie ihre Anteile am Mannheimer Versorger verkaufen wollen – dieses Mal allerdings gemeinsam und in Kooperation mit der MVV. Und nun scheint es zu klappen: Zwar müssen sowohl Kartellbehörden als auch der Mannheimer und der Kölner Stadtrat dem Geschäft noch zustimmen. Doch ernsthafte Schwierigkeiten erwartet dabei niemand mehr.

So scheint der Weg frei zu sein für den neuen Großaktionär, der Anteile im aktuellen Wert von rund 750 Millionen Euro übernimmt. Nach Informationen dieser Redaktion aus Branchenkreisen handelt es sich dabei um die weltweit tätige Vermögenverwaltungsgesellschaft First State Investments. Diese wurde 1988 in Australien gegründet, 2019 vom japanischen Mitsubishi-Konzern übernommen und verwaltet eigenen Angaben nach ein Vermögen von knapp 150 Milliarden Euro – hauptsächlich von Pensionsfonds, Versicherungen und anderen institutionellen Anlegern.

„Langfristige Ergebnisse“

„Wir verfolgen einen langfristigen Anlageansatz mit dem Schwerpunkt auf dem Kapitalerhalt und stabiler Leistung in unterschiedlichen Marktzyklen statt dem Erreichen kurzfristiger Gewinne“, beschreibt das Unternehmen, dessen Sprecher nichts zu dem Vorhaben sagen wollte, sich auf seiner Internetseite selbst. Bei den Investitionsentscheidungen betrachte man die „Unternehmensqualität mit einem ganzheitlicheren Blick, der zukunftsgerichtete, langfristige, nachhaltige und gesellschaftliche Ergebnisse einbezieht“. So hat die Gesellschaft eigenen Angaben zufolge bereits 2007 als eine der ersten die Prinzipien der Vereinten Nationen für verantwortliche Investitionen unterzeichnet.

Damit scheint das Unternehmen der Großaktionär zu sein, den die MVV sich gewünscht hatte. Denn zu Beginn des Verkaufsprozesses hatte es aus dem Hochhaus am Mannheimer Luisenring geheißen, man hoffe auf eine „langfristig stabile Aktionärsstruktur, die auch in Zukunft eine konsequente und erfolgreiche Umsetzung der auf die nachhaltige Gestaltung der Energiewende ausgerichteten Unternehmensstrategie sicherstellt“.

„Tendenziell ist das eine Win-win-Situation“, sagt auch ein externer Beobachter wie Erkan Aycicek, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). „Der Investor verfolgt einen eher langfristigen Ansatz und wird darum voraussichtlich wenig in das operative Geschäft eingreifen“, sagt Aycicek. „Das ist gut für die MVV. Und für die EnBW ist es relativ gut, dass sie aus einer Beteiligung aussteigt, in der sie wenig operativ bewegen konnte.“

Denn das Verhältnis zwischen Karlsruhe und Mannheim ist seit langem angespannt. Nicht nur, weil beide Unternehmen auf wichtigen Geschäftsfeldern Konkurrenten sind. Sondern auch, weil die EnBW seit ihrem, im Zuge der Fusion von Ruhrgas und Eon überraschend erfolgten, Einstieg 2004 ihren Anteil sukzessive erhöhte – und in Mannheim nicht wenige eine feindliche Übernahme befürchteten. Dies gipfelte in einer Klage der MVV gegen die Genehmigung der jüngsten Anteilsaufstockung, die sogar den Bundesgerichtshof beschäftigt.

Auch dieses Kapitel endet

Auch die Beziehung zwischen Köln und Mannheim verlief nicht wie erhofft. 2008 schlossen MVV und RheinEnergie eine strategische Partnerschaft – mit dem Ziel, im liberalisierten Energiemarkt einen großen, konkurrenzfähigen Stadtwerke-Verbund zu schmieden. Doch daraus wurde ebenso wenig etwas wie aus den erhofften Synergieeffekten, für die die Distanz wohl doch zu groß war. So wird auch dieses Kapitel aller Voraussicht nach bald enden. Mit der kurzen Mitteilung, die am Mittwoch um 7.30 Uhr veröffentlich worden ist.

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

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