Geschichte

BASF in Ludwigshafen erinnert an Schicksale aus der NS-Zeit

Vor etwa 80 Jahren wurde das KZ Auschwitz befreit. Die BASF hat ein Erinnerungsprojekt ins Leben gerufen – und arbeitet damit ihre dunkle Vergangenheit auf.

Von 
Alena Kuhn
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Marie Regina Schuster war eine der ersten Chemikerinnen bei BASF – und sie starb während der NS-Zeit im Konzentrationslager Auschwitz. © BASF Corporate History, Ludwigshafen a.Rh.

Ludwigshafen. „Am 19.4.40 entlassen (nichtarisch)“, steht am Fuße der vergilbten Personalkarte. Sie gehörte Hedwig Ebel, einer ehemaligen Angestellten im Werk Ludwigshafen der I.G. Farben am heutigen Standort der BASF. Der 19. April 1940 war laut BASF nicht nur Ebels letzter Arbeitstag, sondern auch ihr erster. Nur einen Tag lang arbeitete die damals 36-Jährige also im Versand von synthetischen Gerbstoffen, ehe sie wieder entlassen wurde. Der Grund war wohl ihre Religion: Ebel war gemäß ihres Glaubensbekenntnisses Jüdin. So wie ihr erging es auch anderen Beschäftigten – nach dem aktuellen Kenntnisstand der BASF waren 35 Personen im Unternehmen von der antisemitischen NS-Politik betroffen.

Am vergangenen Montag jährte sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal. Das nahm die BASF zum Anlass, das Erinnerungsprojekts „8 Spuren“ ins Leben zu rufen. Hierbei gedenkt der Chemiekonzern acht Schicksalen. „Wir folgen den oftmals nur vagen Spuren im NS-Regime verfolgter, diskriminierter oder ausgegrenzter Menschen, die in den Werken Ludwigshafen und Oppau der I.G. Farben am heutigen Hauptstandort von BASF SE beschäftigt waren“, schreibt die BASF auf ihrer Webseite. Damit soll stellvertretend an alle gedacht werden, denen in der NS-Zeit Leid angetan wurde.

So sieht die BASF am Standort Ludwigshafen heute aus. © BASF SE

Dr. Markus Kamieth, Vorstandsvorsitzender der BASF, hat auf Einladung des „World Jewish Congress“ an der Gedenkfeier zum Jahrestag in Polen teilgenommen. „Der Besuch in Auschwitz und die Menschen, die ich hier getroffen habe, haben mich tief bewegt. Es liegt in der Verantwortung von uns allen, die Erinnerung lebendig zu halten – und gemeinsam dafür zu sorgen, dass sich die Geschichte nie wiederholt“, schreibt Kamieth auf Deutsch übersetzt auf LinkedIn.

Das Projekt „8 Spuren“ ist Teil der BASF-Gedenkinitiative „Gedenken. Nachdenken. Umdenken.“. In Ludwigshafen erinnerten die beiden Schirmherren der Initiative am Jahrestag bei einer internen Gedenkzeremonie an die Opfer des Nationalsozialismus. Vertreter des Unternehmens haben zudem an der Gedenkfeier der Stadt Ludwigshafen teilgenommen.

Dunkle Vergangenheit der BASF: I.G. Farben errichtete Chemiekomplex bei Auschwitz

Die BASF schloss sich 1925 mit anderen deutschen Chemieunternehmen zur I.G. Farben zusammen. Nach der „Machtübernahme“ im Januar 1933 veränderte sich auch der betriebliche Alltag in den I.G. Farben-Werken Ludwigshafen und Oppau: Betriebsappelle wurden verpflichtend, Hakenkreuzsymbole allgegenwärtig und die Werkzeitung wurde ideologisch instrumentalisiert.

Dann beschloss der Zentralausschuss der I.G. Farben im Jahr 1938 alle verbliebenen jüdischen oder aufgrund staatlicher Verfügung als Juden und Jüdinnen geltende Mitarbeitenden zu entlassen. Auch Mitarbeitende, die vom NS-Regime als „jüdische Mischlinge“ definiert wurden oder in sogenannten „Mischehen“ mit „arischen“ Ehepartnern lebten, waren von Verfolgung und Diskriminierung betroffen - genauso Sinti und Roma sowie politische Gegner des Regimes.

Das ist die BASF-Gedenkinitiative „Gedenken. Nachdenken. Umdenken.“

  • Die Initiative beschäftigt sich mit den NS-Verbrechen der BASF als Teil der damaligen I.G. Farben – unter besonderer Beachtung der Werke Ludwigshafen/Oppau und deren Mitarbeitenden.
  • Offizieller Start war die Verlegung einer Stolperschwelle vor dem Besucherzentrum Ludwigshafen im Jahr 2021. Die Stolperschwelle soll an die Opfer der NS-Zwangsarbeit erinnern.
  • Schirmherren sind Katja Scharpwinkel , Vorstandsmitglied der BASF und Standortleiterin Ludwigshafen, und Sinischa Horvat , Betriebsratsvorsitzender der BASF.
  • Den Kern der Initiative bilden Seminare für BASF-Mitarbeitende am Standort Ludwigshafen.
  • Die Seminare behandeln die Geschichte des ehemaligen Konzentrationslagers, klären über die Verbrechen der I.G. Farben auf und schlagen die Brücke zu aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Antisemitismus und Rassismus.

Zudem errichtete die I.G. Farben ab 1941 in einem Vorort von Auschwitz einen neuen Chemiekomplex. Direkt am Rand der Baustelle wurde das Konzentrationslager Buna-Monowitz oder „Auschwitz III“ gebaut. Es war eines der drei Hauptlager von Auschwitz. Dort wurden die KZ-Häftlinge untergebracht, die auf der Baustelle Zwangsarbeit leisten mussten. Laut BASF wurden 35.000 KZ-Häftlinge bis Januar 1945 für die härtesten Arbeiten eingesetzt - etwa 25.000 von ihnen starben.

BASF-Erinnerungsprojekt „8 Spuren“: Chemikerin wurde nach Auschwitz deportiert

Eine davon war Marie Regina Schuster. Sie war eine der ersten Chemikerinnen bei BASF. Schuster hatte studiert, das Studium mit Promotion abgeschlossen – das war damals als Frau eine Besonderheit. 1920 trat sie ihre Stelle im Hauptlabor in Ludwigshafen an. Einige Jahre später heiratete sie ihren Kollegen und bekam eine Tochter, weshalb sie freiwillig kündigte, um sich um die Familie zu kümmern.

Schuster war Gegnerin des Nationalsozialismus und gemäß NS-Zuschreibung Jüdin. 1943 wurde sie wegen sogenannter „Rundfunkverbrechen“ verhaftet: Das Hören ausländischer Sender war zu der Zeit verboten. Ohne ein Verfahren blieb Schuster inhaftiert. Dann wurde sie nach Auschwitz deportiert - und starb dort wenige Wochen später mit 54 Jahren. Die Todesursache sei Phlegmone gewesen – eine eitrige Entzündung des Bindegewebes, schrieb ihr Ehemann in einem Erlebnisbericht und ergänzte: „Es ist bekannt geworden, dass in Auschwitz medizinische Versuche an Phlegmonekranken gemacht wurden.“

Ebel, die an ihrem ersten Arbeitstag wieder entlassen wurde, überlebte die NS-Zeit. Wo sie sich nach ihrer Entlassung aufhielt und wie sie sich als Jüdin einer Deportation entziehen konnte, ist bis heute unklar.

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