Eigene Immobilie im Ausland

Warum es in Italien Häuser für einen Euro gibt

In unter einer Stunde am Meer oder in den Bergen: Camilla Drescher Noro hat sich den Traum vom Haus in Italien erfüllt. Dort stemmen sich zahlreiche kleine Orte gegen das Aussterben - mit einem verlockenden Angebot

Von 
Micaela Taroni
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Camilla Drescher Noro hat im Rahmen der Aktion Case a un Euro im italienischen Ort Pratola Peligna (im Bild) ein Haus für einen Euro erstanden. Mit der Aktion wollen kleine italienische Gemeinden Investoren in ihre Orte locken. © iStock/Laz@Photo

Rom. Ein eigenes Haus in den italienischen Bergen für den Preis einer Tasse Espresso, vermutlich sogar günstiger: Was nach einem Tagtraum klingt, ist für die Dänin Camilla Drescher Noro Wirklichkeit geworden. Die 61-Jährige hat sich im 7200-Seelen-Ort Pratola Peligna im Herzen der Abruzzen eine Immobilie für einen Euro gekauft und so von der Aktion „Case a un Euro“ („Ein-Euro-Häuser“) profitiert. Damit versucht die Gemeinde, vernachlässigten Häusern neues Leben einzuhauchen und Personen anzulocken, die in die mittelalterliche Kleinstadt investieren.

Ihren Euro hat Camilla Drescher Noro in ein Anwesen mit 100 Quadratmeter Wohnfläche investiert. Hinzu kamen 12 000 Euro für die Sanierung und weitere 5000 Euro Notar- und Übertragungsgebühren. „Das Haus war in relativ gutem Zustand, und ich habe nur das Wesentliche renoviert“, erzählt die Dänin, die mit einem Italiener verheiratet war und schon seit 30 Jahren mit dem Gedanken spielte, sich in ihrer Wahlheimat ein eigenes Zuhause zuzulegen.

Haus ist 45 Minuten vom Meer entfernt

Doch erst während der Pandemie hat Camilla den Schritt gewagt: „Ich saß zu Hause und habe im Internet gesurft, da bin ich auf die Aktion der ,Ein-Euro-Häuser? gestoßen.“ Zusammen mit ihrer Tochter Claudia besuchte sie die Gegend und war „sofort begeistert“: „Mein Haus ist nur 45 Minuten Autofahrt von Roccaraso, einem renommierten Skigebiet, und 45 Minuten von den Adria-Stränden entfernt.“

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Vor allem die Lage habe sie überzeugt. Die Mutter von fünf Kindern aus Hørsholm bei Kopenhagen schwärmt für die Abruzzen, die für viele Urlauber noch ein Geheimtipp sind. Die Bergregion ist als grünes Herz Italiens bekannt und gilt als ideales Ziel für einen Aktivurlaub. Ein nicht unwesentlicher Faktor waren für Camilla Drescher Noro auch die Lebenshaltungskosten in Italien, die im Vergleich zu Dänemark sehr viel niedriger ausfallen. Inzwischen hat sie weiteren Freunden geholfen, ein Haus für einen Euro zu erwerben.

Und die Gemeinden wiederum wollen Investoren anlocken: „Unsere Initiative zielt vor allem darauf ab, verlassene Immobilien zu renovieren, die ansonsten komplett verfallen und eine Gefahr für die Sicherheit darstellen würden“, sagt die Bürgermeisterin von Pratola Peligna, Antonella Di Nino. 26 Häuser wurden in ihrer Ortschaft bereits verkauft, andere sollen von der Gemeinde in den kommenden Monaten angeboten werden. Die Besitzer sind entweder ausgewandert und haben auf ihren Besitz verzichtet. Oder sie sind verstorben, und die Erben wollen sich um die Immobilien nicht mehr kümmern.

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Rund 60 Gemeinden in Italien locken mit der Aktion „Häuser für einen Euro“ Bewohner an. So soll das Überleben der Dörfer gesichert und der Tourismus angekurbelt werden. Die Häuser von Privatpersonen werden häufig den Gemeinden gespendet. Diese verkaufen sie zum symbolischen Wert von einem Euro, um den Kauf so niedrigschwellig wie möglich zu gestalten.

„Alles in voller Transparenz“

Viele der Objekte müssen umfassend renoviert werden. Kaufinteressenten sollten also in jedem Fall mit einigen Ausgaben rechnen. Trotzdem entpuppen sich viele Häuser als Schnäppchen. Jede Gemeinde legt die eigenen Bedingungen für den Verkauf fest. „Viele Ausländer machen sich Sorgen, dass etwas schieflaufen und sie hereingelegt werden könnten“, weiß Camilla aus Erfahrung. „Da aber alles von der Gemeinde abgewickelt wird, erfolgt alles in voller Transparenz.“

Derzeit verbringt die noch berufstätige Frau eine Woche im Monat in Pratola Peligna. Ihr Ziel ist, mindestens eine Jahreshälfte dort zu verbringen. Die Abruzzen locken im Winter mit ausgezeichneten Pisten in Skigebieten, in denen ein Urlaub wesentlich günstiger ist als in den Alpen. Im Sommer winkt die Region mit flachen Adria-Stränden, fernab vom Trubel populärer Badeorte wie Rimini und Riccione.

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