Rom. Seit 1982 wird auf dem Petersplatz in Rom zu Weihnachten ein großer Baum aufgestellt. Papst Johannes Paul II. (1978-2005) hat die Tradition ins Leben gerufen. Gemeinden aus Norditalien liefern dem Vatikan seither auf eigene Kosten einen Christbaum und betrachten den Service meist auch als Ehre. Nicht so in diesem Jahr. Eigentlich soll eine majestätische, 29 Meter hohe und 200 Jahre alte Rottanne aus der Gemeinde Ledro im Trentino auf dem Petersplatz aufgestellt werden – wenn alles gut geht. Umweltschützer protestieren gegen die Schenkung und haben über 40 000 Unterschriften gesammelt.
Ledro liegt an der Nordostspitze des Gardasees und hat rund 5000 Einwohner. Der Unmut über den Tannentransport nach Rom geht also weit über die Gemeindegrenzen hinweg. „In Zeiten des Klimawandels müssen klare und unmissverständliche Zeichen gesetzt werden“, heißt es in der an Papst Franziskus gerichteten Online-Petition der Aktivisten-Gruppe Bears-andothers. Franziskus habe in seinen Enzykliken mehrfach den Erhalt der Schöpfung und der Natur angemahnt. Das Fällen der 29 Meter hohen Rottanne sowie die Entsendung weiterer 39 Tannenbäume als Weihnachtsdekoration für Vatikan-Gebäude stünden damit nicht im Einklang. Auch die Kosten von insgesamt 60 000 Euro seien zu hoch und hätten für Gesundheits- oder Verkehrsmaßnahmen ausgegeben werden können.
„Ungezügeltes Konsumverhalten hat auch den Vatikan angesteckt“
„Jedes Jahr an Weihnachten wird ein sinnloses Gemetzel an Bäumen verübt, als Folge eines ungezügelten Konsumverhaltens, das auch den Vatikan angesteckt hat“, sagt Lorenzo Vescovi, einer der Mitinitiatoren des Protestes. Er gehört dem Komitee Quaranta e tre millioni (40 und drei Millionen) an. Die 40 stehe für die 40 Vatikan-Tannen, drei Millionen Bäume würden jedes Jahr an Weihnachten in Italien gefällt.
Als hätte man den Streit schon kommen sehen, erklärte der Vatikan bereits im September in einer Mitteilung: „Die Auswahl (des Baumes) erfolgte unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit, das heißt, es wurden reifere Bäume ausgewählt, deren Entnahme einen natürlichen Austausch darstellt.“
Auch Ledros Bürgermeister Renato Girardi hat sich eingeschaltet. Er erklärte, der Tannenbaum gehöre zu einem Areal, das aus Waldpflege-Gründen sowieso abgeholzt worden wäre. Die 39 kleineren Tannen für die Büros hingegen nicht. „Sie werden von Baumschulen gekauft“, sagte Girardi. Über die Umweltaktivisten fügte der Bürgermeister hinzu: „Mit ihren Gemeinheiten versuchen sie einer ganzen Gemeinde das Fest zu verderben.“
Tatsächlich werden zur Einweihung am 7. Dezember 600 Personen aus Ledro und seinen Partnergemeinden auf dem Petersplatz erwartet. Damit dem „Baum der Zwietracht“ bis dahin nichts zustößt, wurde nur verraten, dass er aus den Wäldern am Nota-Pass auf 1200 Metern Höhe stammt. Sein genauer Standort wird geheim gehalten, aus Sorge vor weiteren Protestaktionen.
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