Sportlegende aus Leimen

Boris Beckers Leben als "Tennismaschine" auf der Berlinale

Der Dokumentarfilm „Boom! Boom! - The World vs. Boris Becker“ läuft auf der Berlinale - und bietet dem ehemaligen Tennisstar auch ein Forum zur Selbstdarstellung

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Dpa
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Boris Becker, ehemaliger Tennis-Profi und Protagonist, spricht bei der Pressekonferenz zum Film „Boom! Boom! The World vs. Boris Becker“ im Rahmen der Berlinale. © Monika Skolimowska (dpa)

Berlin. Der Kontrast könnte kaum größer sein. Vor wenigen Monaten saß Boris Becker noch wegen Insolvenzstraftaten in einem Gefängnis in England ein. Nun steht die Tennislegende im Blitzlichtgewitter des Filmfestivals Berlinale, dort, wo sich dieser Tage Hollywoodgrößen wie Kristen Stewart, Anne Hathaway, Steven Spielberg oder Cate Blanchett die Klinke in die Hand geben. Sie alle wollten über Filme sprechen - auch Becker ist dafür nach Berlin gereist. Der Regisseur Alex Gibney hat eine Dokumentation über die Höhen und Tiefen seines Lebens gedreht. Davon feiert der erste Teil auf der Berlinale Premiere.

Kurz davor sitzt Becker auf einer Pressekonferenz und sagt, er hoffe, der Film zeige eine Seite von ihm, die man so noch nicht kennt. „Gerade in Deutschland wird es oft nicht zugelassen, dass der jüngste Wimbledon-Sieger aller Zeiten erwachsener geworden ist.“

Subjektive Sichtweise

Die Idee zu „Boom! Boom! - The World vs. Boris Becker“ sei vor fünf Jahren entstanden. Für die Doku hat Gibney den Tennisstar 2019 interviewt und 2022, wenige Tage vor dessen Verurteilung in London zu zweieinhalb Jahren Haft. Laut Urteil hatte er seinen Insolvenzverwaltern Vermögenswerte in Millionenhöhe verschwiegen. Mitte Dezember war der Ex-Tennisstar nach 231 Tagen freigekommen. Wie konnte es zu diesem Tiefpunkt kommen? Bei dem Versuch, darauf Antworten zu finden, lässt die Doku viele Stationen von Beckers Karriereaufstieg Revue passieren - und gibt vor allem seiner Sicht viel Raum. Was Becker zu sagen hat, ist nicht neu, in der Vergangenheit wurde es oft erzählt.

Es ist die Geschichte eines tennisverrückten Kindes, das mit 17 als jüngster Champion aller Zeiten die Trophäe in Wimbledon in den Händen hält. Becker wird zum Volkshelden, zum Teenager-Idol, das dem Tennissport in Deutschland zu einer nie da gewesenen Blüte verhilft.

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Stephan Alfter
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Die Medien stürzen sich auf ihn, aus Boris Becker wird „Bum Bum Boris!“, das „Bobbele“. Ein Hype, mit dem Becker nicht klarkommt. Vor allem dann nicht, wenn die Erfolge ausbleiben. Immer wieder spricht er im Film über fehlende Eigenständigkeit und den Kampf, diese zu erlangen. Und über den Druck, der auf ihm lastete, und der ihn in die Sucht nach Schlaftabletten treibt.

„Das Leben als eine gewinnende Tennismaschine ist viel härter als es aussieht“, sagt Becker am Sonntag. Man müsse immer funktionieren. Jeder Spieler habe einen Weg, mit diesen Erwartungen umzugehen. Er habe es besonders in Deutschland schwer gehabt. „Wenn ich nicht gewinne, versuchen besonders Deutsche, mich zu kreuzigen.“

Das alles könnten Erklärungsversuche für Beckers Absturz sein - eine eindeutige Antwort darauf, wie aus der Tennislegende ein verurteilter Straftäter werden konnte, gibt zumindest der erste Teil des Films nicht. Entstanden ist dagegen ein eindrückliches Porträt des Ausnahmetalents, das es mit eiserner Willensstärke immer wieder schafft, nach Niederlagen aufzustehen.

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Eine Eigenschaft, die ihm auch nach seiner Zeit als aktiver Profi zugute gekommen sei. „Mein Leben als Tennisspieler hat mich auf meine Zeit im Gefängnis vorbereitet“, sagt Becker. „Das einzige, was dich in einem Endspiel auf dem Tennisplatz in Wimbledon rettet, ist deine Einstellung.“ Das Leben im Gefängnis sei dem sehr ähnlich. „Du weißt nie, was morgen um die Ecke kommt.“

Erzählt wie ein Western

Der Film wird über weite Strecken erzählt wie ein Italo-Western. Oscar-Gewinner Gibney („Taxi zur Hölle“) inszeniert viele der gezeigten Tennisspiele als Shoot out, Gegner werden wie mit Steckbrief vorgestellt, zum Duell laufen die dramatischen Klänge von Ennio Morricones „L’arena“.

Neben Becker kommen auch Weggefährten zu Wort, wie Ex-Profispieler Björn Borg und John McEnroe. Es rührt, wie die gealterten Tennisstars mit gegenseitigem Respekt voneinander sprechen, sich analysieren - und es amüsiert, wenn sie auch mal liebevoll übereinander herziehen. Der zeitweise zähe Film dürfte vor allem Tennisfans bis zum Ende fesseln.

Auf den Titel angesprochen - die Welt gegen Boris Becker - antwortet der Ex-Tennisstar, er wolle sich nicht über sein Leben beschweren. Er habe Fehler gemacht, wie vermutlich jeder andere auch. Dafür habe er einen hohen Preis bezahlt. Nun sei er froh, aus dem Gefängnis gekommen zu sein. dpa

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