Viernheim. Wie kann das Unendliche, das unerreichbar ist, fassbar gemacht werden? Vielleicht nur in der Kunst, die Widersprüche darstellen und manchmal versöhnen kann. So sind Unendlichkeit und Widersprüche Themen der neuen Ausstellung „Malerei und Grafik – Objet petit a“ von Alexander Horn im Kunstverein Viernheim.
Erste Ausstellung in Viernheim: extra Bilder geschaffen
Der Mannheimer stellt das erste Mal in Viernheim aus und hat extra für die Präsentation Bilder geschaffen. „Ich freue mich, dass ich hier Bilder zeigen kann. Für die Vorbereitung habe ich auf einem Spaziergang über Themen nachgedacht und bin auf das Thema ,Chaos’ gestoßen – und dann auf den Begriff des ,Tohuwabohu’. So ist – dank Viernheim – eine ganze Serie von Chaos-Bildern entstanden.“
Laudatorin Kim Behm, Co-Leiterin von Port 25 in Mannheim, sagte zu der „Tohuwabohu-Reihe“: „Ein wenig rätselhaft, ein wenig typisch ,Alexander-Horn-mäßig’ verhangen – melancholisch, aber nicht ohne eine feine Ironie.“ So trägt das erste Bild der Tohuwabohu-Serie den Titel „Hope for Happiness“ – für Horn ein Farbversuch: „Ich hatte im Winter nur weiß-schwarze Porträts gemalt. Nun erkundete ich das Gegenteil.“ Auf dem Bild mit dem Format von 150 mal 190 Zentimeter erforscht der Künstler die Möglichkeiten heller Pastellfarben, die – indirekt und unerreichbar – die dunklen Farben erahnen lassen.
Bis 20. Juli zu sehen
- Die Ausstellung „Malerei und Grafik“ von Alexander Horn ist bis 20. Juli im Kunstverein Viernheim, Rathausstraße 36, zu sehen.
- Sie ist geöffnet Donnerstag und Freitag, jeweils von 15 bis 18 Uhr, und Samstag, immer von 10 bis 13 Uhr.
- Am Freitag, 12. Juli, ist die Ausstellung von 15 bis 22 Uhr geöffnet, es gibt im Rahmen der Innenstadt-Aktion „Taste & Meet“ eine Weindegustation mit Eric Carstensen. mgb
Ein anderes Chaos- und Tohuwabohu-Bild mit dem Titel „Renne durch dein Leben“ ist entstanden, als die Mutter des Künstlers mit Herzrhythmus-Störungen im Krankenhaus behandelt wurde. „Ich habe die medizinischen Aufnahmen, die meine Mutter mir zeigte, verarbeitet“, erklärt der Künstler. Entstanden ist eine Flusslandschaft mit sanften Farben. Andere Bilder wiederum gewinnen ihren Humor aus dem eigenartigen Gegensatz zwischen Bild und Titel. So zeigt das Bild „Listen to the Voice of Buddha“ einen großen schwarzen Fleck in einer hellen Farben-Landschaft. Was das bedeuten mag?
Größte ausgestellte Arbeit muss übers Eck präsentiert werden
Die größte Arbeit mit dem Titel „Objet petit a – Objekt klein a“ misst stolze 190 mal 790 Zentimeter und muss in Viernheim aufgrund der Größe über das Eck präsentiert werden. Der Begriff „Objet petit a“ wurde vom französischen Psychoanalytiker Jacques Lacan (1901 bis 1982) geprägt. Kim Behm erläuterte: „Lacan ging davon aus – und ich vereinfache jetzt stark –, dass wir Menschen uns ab dem Zeitpunkt der Geburt unvollkommen fühlen. Wir fühlen einen Mangel, den wir durch die Anhäufung von Dingen auszugleichen suchen. Aber es ist vergeblich, denn dieser Mangel kann niemals ausgeglichen werden. Das ,Objet petit a’ ist nicht erreichbar.“
Auf seiner größten Arbeit dieser Schau zeigt der Künstler nun in Pastellfarben wie einem Aprikosenrosa oder Graublau die Sehnsüchte nach dem Ausgleich des Mangels. Doch alles mündet im Staccato und Crescendo der schwarzen Linien – und im Mangel. „Ein rätselhaftes Bild, voller Widersprüchlichkeiten. Ein Bild, dessen wir nicht habhaft werden können, das unerreichbar ist, eben ein ,Objet petit a’“, führt Laudatorin Brehm aus. Wer dann ganz genau hinschaut, wird ein winziges „alpha“ neben anderen Zeichen entdecken – eventuell doch humorvolle Symbole der Hoffnung und des Erreichbaren?
Zu weiteren Bildern wurde der Mannheimer Künstler durch die unendlichen Weiten des Weltalls inspiriert. Die Aufnahmen der Astronomie aus unbekannten Dimensionen werden hier in menschliches Tun und Kunst verarbeitet. „Obwohl man so viel weiß, ist doch alles so rätselhaft. So vieles ist nicht erklärbar“, betonte Horn bei der Ausstellungseröffnung. Mal sind diese Rätselbilder in tiefste Dunkelheit gehüllt, mal werden sie durch eine Öffnung zum Licht und zur Hoffnung geprägt. Eine Anregung zur Meditation.
Mehrere Stipendien und Preise bekommen
Der 1970 geborene Horn studierte an der Freien Kunstakademie in Mannheim. Er erhielt den Rudi Baerwind-Förderpreis und den Kiwanis-Kunstförderpreis, mehrere Projekte wurden durch Stipendien des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert. Er stellte zum Beispiel in Berlin, Köln und Heidelberg aus. Fritz Stier, Vorsitzender des Kunstvereins Viernheim, freute sich, Horns Arbeiten zeigen zu können: „Vielen Dank, es ist gelungen, diese wundervolle Ausstellung nach Viernheim zu holen.“
Zur Ausstellung gibt es am Freitag, 12. Juli, eine Weindegustation mit Eric Carstensen. Als Claus Bunte, Zweiter Vorsitzender, bei dem Bio-Winzer anfragte, sagte der sofort zu: „Klar, Alexander Horn gestaltet die Etiketten für meinen Wein.“ Ein witziger Zufall. Behm schloss ihre Rede mit den Worten: „Ich würde sagen, die Hope für Happiness, die Hoffnung aufs Glück, die erfüllt sich zumindest mal hier in dieser Ausstellung beim Betrachten der Bilder.“
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