Nordweststadt II

Grünes Licht für neues Quartier

Stadtverordnete beschließen Vorentwurf des Bebauungsplans. Gespräche mit Grundstücksbesitzern stehen bevor

Von 
Wolfram Köhler
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Auf dem 20 Hektar großen Gelände zwischen Autobahndreieck und der bestehenden Nordweststadt sollen rund 840 Wohneinheiten entstehen. © bernhard Kreutzer

Viernheim. Gleich zwei Bürgerinitiativen positionieren sich im Laufe des Jahres zum geplanten Baugebiet Nordweststadt II. Die einen erneuern ihren seit Jahrzehnten bestehenden Wunsch, auf dem 20 Hektar großen Gelände unweit des Autobahndreiecks Wohnhäuser zu errichten. Die anderen stemmen sich gegen das Projekt – mit wechselnden Argumenten: Mal fürchten sie um seltene Arten, mal sehen sie eine zu hohe Lärmbelastung für potenzielle Bewohner. Später wird der grundsätzliche Bedarf für zusätzlichen Wohnraum dieser Größenordnung in Viernheim infrage gestellt. Am Ende dürfen sich die Befürworter freuen: Im November verabschieden die Stadtverordneten den Vorentwurf für den Bebauungsplan und bestätigen damit ihre Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 2021, die bestehende Nordweststadt um das zusätzliche Quartier zu erweitern.

Über den Jahreswechsel läuft die frühzeitige Beteiligung von Behörden und Öffentlichkeit. „Die sich daraus ergebenden Anregungen werden in das weitere Bauleitverfahren eingearbeitet“, erklärt Erster Stadtrat Jörg Scheidel. Ab Februar stehe dann die nächste Runde der Eigentümergespräche an. Das gesamte Areal soll für den Bau von Mehr- und Einfamilienhäusern neu aufgeteilt werden. Einige Besitzer seien daran interessiert, wieder ein Grundstück zu bekommen, berichtet Scheidel. Mit den anderen sei über den Kaufpreis zu verhandeln. Dieser Prozess soll nach Vorstellung der Verwaltung im Sommer abgeschlossen sein. Anschließend ist der Entwurf des Bebauungsplans zu beschließen, es folgt eine weitere öffentliche Auslegung, so dass voraussichtlich Anfang 2026 der Bebauungsplan in Kraft treten kann. „Dann werden wir die Erschließungsarbeiten ausschreiben“, nennt Baudezernent Scheidel einen weiteren Schritt. Bis die Gebäude im äußersten Nordwesten Viernheims aus dem Boden wachsen, wird es folglich noch einige Zeit dauern.

Mehrfamilienhäuser als Lärmschutz-Riegel

Bebaut werden soll das Gelände, das wie ein breiter Gürtel um die Bestandsgebäude der Nordweststadt liegt, mit zahlreichen drei- bis viergeschossigen Mehrfamilienhäusern. Diese sollen einen Lärmschutz-Riegel entlang der A 6 sowie an den Rändern der Wohnblocks bilden. Hinzu kommen zweigeschossige Reihenhäuser, Doppelhäuser und Einfamilienhäuser. Insgesamt entstehen nach dem bisherigen Konzept rund 840 Wohneinheiten in der Nordweststadt II, pro Hektar sind dies 40 bis 43 Einheiten. Ein neues Zuhause finden dort voraussichtlich 1600 bis 1800 Menschen.

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Sandra Bollmann
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In der Mitte des Quartiers vorgesehen ist eine Kindertagesstätte, ein Seniorenwohnheim und eine Bäckerei oder ein Café. An den Rand – zwischen Umgehungsstraße und Autobahn – kommt ein Lebensmittelmarkt. Das Stadtparlament beschloss Ende des Jahres die dafür erforderliche Änderung des Flächennutzungsplans für den Bereich der Wormser Straße.

Um den Menschen den Aufenthalt in dem neuen Stadtgebiet so angenehm wie möglich zu machen, ist dort eine ausgiebige Begrünung geplant. Öffentliche Plätze, Innenhöfe und die beidseitige Bepflanzung der Haupterschließungsstraßen machen dies möglich – vor allem aber mehrere Parks. Der größte grenzt gemäß den Plänen das Wohngebiet nach Westen zur Autobahn hin ab. Dadurch lässt sich auch der geforderte Abstand der Wohnhäuser zur neuen Ultranet-Trasse halten, ohne dass der Umfang der Bebauung reduziert werden muss. Insgesamt 60 Prozent der Gesamtfläche von 20 Hektar stehen dafür zur Verfügung. Jeweils 20 Prozent entfallen auf den Verkehr und Grünflächen.

Die Bürger Viernheims haben im Laufe des Jahres 2024 mehrfach die Möglichkeit, am Planungsverfahren mitzuwirken. Ortstermine, Infoveranstaltungen und Workshops stehen auf dem Programm. Auch Jugendliche werden nach ihren Ideen zum neuen Quartier gefragt. Außerdem gibt es etliche Gutachten – etwa zum Lärmschutz. Nach Angaben der Planungsgesellschaft MVV Regioplan kommt dabei heraus, dass die Orientierungswerte vor Ort zwar deutlich überschritten werden, die Wohnbebauung aber möglich sei.

Eine zusätzliche Wand im Bereich der Autobahn 6 bringt nach Einschätzung der Experten keine effektive Verbesserung für die Menschen. Stattdessen schlagen die Planer eine drei- bis viergeschossige Bebauung am Westrand vor, um die Wirkung des Schalls zu reduzieren. Zudem seien im Bebauungsplan passive Schutzmaßnahmen festzulegen: eine entsprechende Schalldämmung der Außenbauteile sowie der Lüftungen für die Schlafzimmer. Balkone und Terrassen dürfen demnach nicht zur Autobahn hin ausgerichtet sein.

Zauneidechsen müssen vermutlich umgesiedelt werden

Eine wesentliche Rolle spielt bei den Untersuchungen der Artenschutz. Fledermäuse, diverse Brutvögel, Amphibien und Reptilien sind laut Gutachten auf den zum Großteil landwirtschaftlich genutzten Flächen zuhause. Zauneidechsen, die in dem Gebiet vorkommen, müssen voraussichtlich umgesiedelt werden. Auch hinsichtlich der Energieversorgung gibt es bereits konkrete Vorstellungen. Für Nordwest I und II kommt laut MVV ein klimaneutrales Nahwärmenetz in Betracht. Die Wärmeerzeugung könne über eine große Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Kraft-Wärme-Kopplung und Wärmespeicher erfolgen.

Die Haupterschließung des Gebiets Nordweststadt II erfolgt über den Kreisel Wormser Straße nach Norden hin. Dort soll auch der Stadtbus entlang fahren. Auf der anderen Seite wird das neue Quartier an die Straße Am Stockfeld angebunden. Geplant ist darüber hinaus ein Radweg von Süden nach Nordwesten sowie – in Kombination mit einem Fußweg – von West nach Ost.

Redaktion

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