Aggressivität

Angriff an Silvester auf Viernheimer Feuerwehr: „Sind gezielt beschossen worden!“

Die Viernheimer Feuerwehr ist davon überzeugt, dass sie bei ihrem Einsatz an Silvester mit Feuerwerkskörpern gezielt beschossen wurde. Die Polizei sieht hingegen keinen konkreten Anhaltspunkt für einen Tatvorwurf

Von 
Wolfram Köhler
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Brandflecken auf dem Apostelplatz zeugen von den Geschehnissen in der Silvesternacht. Die Feuerwehr hatte dort mehrere Kleinbrände zu löschen. © Bernhard Kreutzer

Viernheim. Ganz unterschiedlich bewerten Polizei und Feuerwehr einen Tag nach Neujahr die Geschehnisse der Silvesternacht auf dem Viernheimer Apostelplatz: Die Brandschützer sind nach wie vor davon überzeugt, dass sie bei ihrem Einsatz von jungen Leuten mit Feuerwerkskörpern gezielt beschossen wurden. Das Polizeipräsidium Südhessen hingegen sieht aktuell keinen konkreten Anhaltspunkt, um von einem tätlichen Angriff zu sprechen. Die Ermittlungen dauern an.

Laut Polizei-Sprecher Bernd Hochstädter wurde die Freiwillige Feuerwehr um 0.40 Uhr alarmiert. Vor dem alten Rathaus in der Innenstadt waren mehrere Kleinbrände zu löschen. Unter anderem schlugen Flammen aus Mülleimern. „Der Feuerwehr flogen Böller und Raketen um die Ohren“, beschreibt Hochstädter die Situation vor Ort. Es sei „klar, dass sie unter diesen Bedingungen ihrer Arbeit nicht nachgehen kann“.

Auch viel Müll erinnert an die Silvesternacht in Viernheim. © Bernhard Kreutzer

Deshalb blieben die Einsatzkräfte zunächst in ihren Fahrzeugen, bis die Polizei vor Ort war. Dies sei sehr schnell gegangen, betont Hochstädter. Da die reguläre Streife bei einem Unfall in der Kreuzstraße gefordert war, seien die Kollegen der Bereitschaftspolizei in die Viernheimer Innenstadt gefahren. Bei deren Eintreffen an der Apostelkirche sei „ein Großteil von mehreren Dutzend junger Leute“ weggerannt. Dem verbliebenen Rest gegenüber sei ein Platzverweis ausgesprochen worden. „Dann konnte die Feuerwehr schnell wieder ihre Arbeit machen.“

Er habe jedes Verständnis, dass sich die Wehr in einer solchen Situation „geordnet zurückzieht“, sagt Hochstädter. Auch wolle er das Thema nicht kleinreden. Aber einen Beleg für den Tatvorwurf sieht der Pressesprecher des Polizeipräsidiums in Darmstadt bislang nicht. Möglicherweise gebe es in den kommenden Tagen neue Erkenntnisse. Es habe keine Verletzten gegeben. Auch sei es nicht zu Schäden an den Einsatzfahrzeugen der Brandschützer gekommen, stellt Hochstädter fest.

Personalien vereinzelt festgestellt

Ziel der Beamten sei es zunächst gewesen, eine Lage zu schaffen, in der die Feuerwehr nicht mehr gefährdet ist. Nur vereinzelt sei es gelungen, Personalien der Menschen auf dem Platz festzustellen. Generell sei es in einer solchen Situationen „schwer zuzuordnen, wer die Feuerwerkskörper abschießt“, erklärt Hochstädter. Das Geschehen auf dem Apostelplatz sei insgesamt „sehr unübersichtlich“ gewesen.

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Viernheim: Einsatzkräfte am Apostelplatz gezielt attackiert

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Von
Sandra Bollmann
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Lucas Haas, Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Viernheim, widerspricht dieser Darstellung nicht. „Es liegt uns fern, haltlose Verdächtigungen in den Raum zu stellen“, betont er. Die Kollegen hatten Haas zufolge aber „von Anfang an das Empfinden, dass das alles nicht versehentlich passiert“. Raketen und Leuchtkugeln seien „genau dorthin“ geflogen, wo sich die Einsatzkräfte befunden hätten. „Wenn jemand eine Leuchtkugelpistole hat, kann er auch beeinflussen, wohin das Ding fliegt“, so der Pressesprecher. Ein „Feuerwerkskörper mit kurzer Distanz“ sei ganz gezielt abgeschossen worden. „Wir haben uns unter Beschuss gefühlt“, wiederholt Haas seine Einschätzung.

Vorfälle wiederholen sich

Gleichwohl sei die konkrete Absicht „schwer zu belegen“. Dies gelte auch für den Eindruck, dass die Leute vor Ort Reste von Feuerwerksbatterien und andere Materialien eventuell anhäuften und entzündeten. Für die Einsatzkräfte im ganzen Land, aber auch speziell die Viernheimer Feuerwehr seien solche Vorfälle „leider nichts Neues mehr“, bilanziert Lucas Haas. Die Brandschützer wurden im Laufe des vergangenen Jahres mehrfach bei Einsätzen aggressiv beschimpft und in ihrer Arbeit behindert. Besonders massiv wurde die Feuerwehr bei einem Einsatz am 1. Mai 2024 attackiert, als sie einen Brand in einer Wohnung in der Mainstraße löschte. Eine Bewohnerin kam damals ums Leben.

Aber auch bei anderen Einsätzen seien die Kollegen zuletzt immer häufiger Pöbeleien ausgesetzt gewesen. Dies löse bei der Feuerwehr aktuell keine neuen Prozesse aus, sagt Haas. „Wir ärgern uns darüber.“ Vor allem aber seien diese Entwicklungen „sehr traurig“.

Redaktion

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