Serie - Die Eiskunstläuferin war einst ein sportliches Aushängeschild von Mannheim / Frühes Karriereende nach großen Erfolgen

Was macht … Sarah Hecken?

Von 
Sibylle Dornseiff
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Augsburg. Seit 22 Jahren bestimmt der Eiskunstlauf das Leben von Sarah Hecken. Eine noch größere Rolle spielen derzeit aber zwei Männer: Söhnchen Stephan, vier Monate alt, und Lebenspartner Henry Haase, 25, Eishockey-Profi bei den Augsburger Panthern. Mit dem Berliner ist sie vor zwei Jahren aus der Bundeshauptstadt nach Düsseldorf gezogen, im Sommer 2018 nach Bayern. „Wir fühlen uns dort rundum wohl“, ist die 25-Jährige, die bis 2015 zu den sportlichen Aushängeschildern Mannheims gehörte, glücklich. „Mal sehen, wie es mit Henry weiter läuft“, hätte sie nichts dagegen, wenn der Einjahresvertrag des Verteidigers verlängert werden würde. Auch wenn Mannheim ihre Herzensheimat bleibt: „Da bin ich aufgewachsen, da wohnen meine Eltern.“

Mit drei Jahren stand sie das erste Mal auf dem Eis des MERC, machte unter den Fittichen von Trainer Peter Sczypa früh Karriere, gewann alle deutschen Nachwuchstitel, wurde mit erst 14 Jahren die bis heute jüngste Meisterin bei den Seniorinnen, war damals allerdings noch zu jung für einen Start bei den Europameisterschaften 2008. Doch sie hielt sich beim Juniorinnen-Grand-Prix schadlos, hatte 2007 als erste deutsche DEU-Läuferin Gold gewonnen und holte 2008 Bronze. Den nächsten Rekord verbuchte die ehemalige Schülerin der IGMH 2010, als sie sich – als Küken des gesamtdeutschen Teams – für die Olympischen Spiele in Vancouver qualifizierte. „Olympia war neben der WM 2011 mein größtes Erlebnis“, schwärmt sie noch heute von den Tagen in Kanada. „Aber auch die Qualifikation bei den deutschen Meisterschaften in Mannheim ist unvergesslich. Es war aufregend, die Stimmung in der immer vollen Eishalle in der SAP Arena atemberaubend. Ich bekomme noch immer Gänsehaut, wenn ich Filme von damals anschaue.“

2013 Wechsel nach Berlin

Dennoch verließ die insgesamt siebenfache deutsche Meisterin Ende 2013 ihre Heimatstadt in Richtung Berlin. „Ich brauchte damals unbedingt einen Wechsel, eine andere Umgebung“, fiel ihr die Trennung von ihrem Coach jedoch sehr schwer. „Es hatte gar nichts mit Peters Sczypa zu tun, er war und ist noch immer meine Nummer eins. Wir hatten so viele tolle gemeinsame Erlebnisse. Ihm verdanke mein ganzes Eiskunstlauf-Wissen.“

Auch wenn Sarah Hecken heute mit großer Gewissheit sagt, „alles, was ich gemacht habe, hat mich stärker gemacht“, war die Zeit in Berlin alles andere als leicht. „Ich brannte vor Ehrgeiz, war übermotiviert, habe viel zu viel trainiert, eine Verletzung zog die andere nach sich, weil ich keine richtig auskuriert habe“, weiß sie, was schief gelaufen ist und weshalb sie ihre Karriere 2015 beenden musste – zwei bis drei Jahre zu früh. „Nach einem Bänder- und Kapselriss im Fuß belastete den anderen zu stark und hatte dann auch noch einen schweren Trainingssturz, bei dem ich mir im unteren Rücken zwei Wirbel brach. Das war sehr schmerzhaft. Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert war.“

Noch mehr aber schmerzte die Erkenntnis, das Eiskunstlaufen aufgeben zu müssen. „Aber die Ärzte haben mich überzeugt, dass ich andernfalls mit großen Spätschäden rechnen müsste. Es ist nun mal so, dass man von unserem Sport nicht leben kann. Ich hatte das Glück, Bundeswehrsoldatin zu sein. Trotzdem war mir schon lange klar, dass ich irgendwann aufhören muss. Ich habe so viel erreicht, für mich, für Deutschland – darauf bin ich stolz.“

Nachdem der Entschluss gefallen war, freute sich die BWL-Fernstudentin sogar auf ihr neues Leben, beendete eine Ausbildung als Immobilienkauffrau und lernte ihren Lebenspartner Henry Haase kennen. Als sie mit ihm dann 2016 nach Düsseldorf übersiedelte, hatte sie die Chance, bei der DEG als Trainerin zu arbeiten und zog die Schlittschuhe wieder an. „Meine C-Trainer im Breitensport hatte ich schon, ich machte nun auch den Leistungssportschein und hatte plötzlich eine Ganztagsbeschäftigung.“

Siebenmal pro Woche baute sie in täglich acht Stunden in einer kalten Halle ohne Seitenwände („was waren wir in Mannheim verwöhnt!“) eine Nachwuchs- und Leistungsgruppe auf, betreute zudem Anfänger und Erwachsene. „Es macht mir riesig viel Spaß, mein Wissen und meine Erfahrung weiterzugeben“, hat sie ihre Berufung gefunden.

2018 siedelte sie mit Henry nach Augsburg um. Weil sie schon hochschwanger war, bemühte sie sich nicht sofort wieder um eine Trainerstelle. „Ich bin noch bis September in Elternzeit, danach würde ich aber gerne wieder als Trainerin arbeiten.“

Sarah Hecken

  • Sarah Hecken wurde am 27. August 1993 in Mannheim geboren, machte 2012 an der IGMH Abitur. Sie war Sportsoldatin bei der Bundeswehr, studierte BWL (Fernuniversität), beendete eine Ausbildung als Immobilienkauffrau und ist lizensierte Eiskunstlauftrainerin.
  • Sie lebt in Augsburg und hat einen viermonatigen Sohn Stefan und ist mit Eishockeyspieler Henry Haase liiert (Verteidiger bei den Panthern).
  • Ab 1996 lernte sie beim MERC Eiskunstlaufen, bis Ende 2013 war Peter Sczypa ihr Trainer. Anfang 2014 wechselte sie nach Berlin zu Stefan Lindemann. 2015 musste sie ihre Karriere nach einer schweren Verletzung beenden.
  • Erfolge: Sieben deutsche Meistertitel, vier davon bei den Seniorinnen (2008, 2010, 2011, 2013). Zwei EM-Teilnahmen (16.,11.), drei WM-Starts (12., 11., 20.), 12 Medaillen bei internationalen Wettkämpfen (6 x 1., 4 x 2., 2 x 3.), Olympia-Teilnahme in Vancouver 2010 (18.).
  • 2009 war sie Mannheims Sportlerin des Jahres, 2013 wurde sie zur BUGA-Botschafterin ernannt. 

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