Mannheim. Die besondere Beziehung ist ihm bewusst. „Bei den Rhein-Neckar Löwen gibt es ein paar Schweden, die dort ihre Spuren hinterlassen haben“, sagt Gustav Davidsson. Manch einer seiner Landsleute ist noch da, wie etwa Torwart Mikael Appelgren, der längst zu einer Club-Ikone aufgestiegen ist. Andere sind wiederum weg, hatten aber riesigen Anteil an den größten Erfolgen des Vereins. Zum Beispiel Andreas Palicka und Kim Ekdahl du Rietz. Und nun möchte Davidsson diese Tradition fortsetzen und seine eigene „Geschichte“ schreiben.
Seit Juli steht der Rückraum-Rechtshänder beim badischen Bundesligisten unter Vertrag und nimmt seitdem gleich eine wichtige Rolle ein, was auch an den anhaltenden Schulterproblemen von Halil Jaganjac liegt. Der Kroate half den Löwen in den ersten Partien zumindest im Mittelblock, aber eben nicht mehr in der Offensive. Anfang dieser Woche musste er nun erneut operiert werden und fällt erst einmal aus. Die Löwen reagierten darauf am Freitag mit der kurzfristigen Verpflichtung von Andreas Holst Jensen (kommt von Montpellier HB).
MVP in Schweden
Die Hauptverantwortung auf der halblinken Rückraumposition trägt trotz dieses Transfers aber weiterhin Davidsson, der in der vergangenen Saison zum wertvollsten Spieler (MVP) der schwedischen Liga gewählt wurde. Eine Auszeichnung mit einer gewissen Aussagekraft, wenn man beachtet, wer diesen Preis in der jüngeren Vergangenheit noch so gewann. Als da wären: Elias á Skipagøtu, der nun beim THW Kiel aktiv ist, und Felix Claar, Spielmacher beim Champions-League-Sieger SC Magdeburg.
„Sehr stolz“ habe ihn diese Ehrung gemacht, sagt Davidsson, der den Löwen schon Monate vor dieser Auszeichnung seine Zusage gab und dann noch einmal einen Entwicklungssprung machte, wie Trainer Sebastian Hinze verrät: „Die Wahl zum MVP war gar nicht absehbar, als wir ihn verpflichtet haben. Gustav ist seitdem noch einmal besser geworden.“
Zuletzt beim 37:33 über Vardar Skopje übernahm der 23-Jährige Mitte der zweiten Halbzeit Verantwortung. Was seinem Naturell entspricht. Denn in der vergangenen Saison war der Rechtshänder Kapitän des Erstligisten Hammarby IF. Er weiß also durchaus, in welchen Augenblicken es darum geht, ein Spiel an sich zu reißen. Wenngleich seine Rolle in Mannheim gewiss (noch) nicht so groß ist wie bei seinem Ex-Club. Gegen Skopje scheute er sich trotzdem nicht, in einer offenen Partie etwas zu wagen und Akzente zu setzen, nachdem lange Zeit die Torgefahr bei allen Löwen-Rückraumschützen gefehlt hatte.
Das galt auch schon beim gleichermaßen glücklichen wie unnötigen 27:27-Unentschieden bei Frisch Auf Göppingen wenige Tage zuvor. Da warf Davidsson kein einziges Mal aufs Tor. „Ich war ein bisschen nervös“, räumt der Schwede ein, was drei technische Fehler innerhalb weniger Minuten unterstrichen. Sechs Torvorlagen – dazu der feine Assist zum Treffer von 27:27-Endstand von David Móré – sprechen allerdings auch für ihn. Zumal es seiner Meinung nach in Göppingen auch nicht so viele Entfaltungsmöglichkeiten für die Rückraumspieler gab. Frisch Auf habe das Zentrum sehr verdichtet und dafür Raum auf den Außenpositionen gelassen. „Da habe ich lieber gepasst“, sagt der 23-Jährige, was für eine gewisse Reife und Übersicht spricht. Die Statistik belegt seine Ausführungen: Die Flügelspieler Móré und Patrick Groetzki erzielten zusammen 14 Treffer – auch weil sie von ihren Nebenleuten wie Davidsson in Szene gesetzt wurden.
In Hannover geht es weiter
Am Sonntag (16.30 Uhr) ist der Schwede mit den Löwen bei der TSV Hannover-Burgdorf gefordert. Ziemlich sicher wird der Mann aus Stockholm dann auch wieder viel Einsatzzeit bekommen. Zumal sein Trainer mit der Blitz-Integration des Zugangs sehr zufrieden ist. „Er macht das gut“, sagt Hinze, der in der Kommunikation nach außen nicht für allzu großes Lob oder gar Superlative bekannt ist. Entsprechend darf ein Satz wie dieser schon als Anerkennung gewertet werden, wenn auch – und das ist ebenfalls typisch für den Perfektionisten Hinze – mit einer kleinen Einschränkung. Es geht um die Feinabstimmung mit Spielmacher Juri Knorr. „Wer von den beiden startet mit Ball und wer ohne?“, wirft der Trainer eine Frage in den Raum, auf die er garantiert schon eine Antwort hat. Nun geht es um die Umsetzung im Ernstfall, um Details. Um kleine Dinge, die einen großen Unterschied machen können. Für das Ergebnis im Allgemeinen. Und den Spieler im Speziellen.
Denn Davidsson weiß selbst ganz genau, dass noch sehr viel Potenzial in ihm steckt. Und dass er eben diese Möglichkeiten auch komplett ausschöpfen muss, wenn er irgendwann eine größere Rolle in der mit Weltklasseleuten besetzten schwedischen Nationalmannschaft einnehmen möchte. Das ist sein Ziel. „Zwar nicht sofort, aber in ein paar Jahren.“ Hinterlässt er bei den Löwen seine Spuren, wird Davidsson genau das vermutlich gelingen.
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