Fußball-EM

Tränen und ein Happy End: Frankfurt erlebt die große Ronaldo-Show

Ein verschossener Elfmeter, Tränen - und dann doch noch der Triumph. Portugals Superstar Cristiano Ronaldo spielt im EM-Achtelfinale gegen Slowenien in Frankfurt die Hauptrolle

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Alexander Müller
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Fassungsloser Superstar: In der Verlängerung verschoss Cristiano Ronaldo einen Strafstoß, doch im Elfmeterschießen trug er zum Happy End bei. © Uwe Anspach/dpa

Frankfurt. Der gigantische Videowürfel im Frankfurter Stadion gilt als einer der modernsten in Europa. Als Schiedsrichter Daniele Orsato die erste Halbzeit der Verlängerung beim EM-Achtelfinale Portugal gegen Slowenien mit einem Pfiff beendet hatte, bekamen die 46 576 Zuschauer deshalb hochauflösende Bilder davon geliefert, wie einer der besten Fußballer seiner Generation einen ungewöhnlichen Gefühlsausbruch erlebte. Cristiano Ronaldo weinte in der kurzen Pause, und die tröstenden Worte seiner portugiesischen Kollegen entfalteten kaum mildernde Wirkung.

In der 103. Minute hatte der fünffache Weltfußballer einen Elfmeter verschossen. Besser gesagt: Der slowenische Ausnahmetorhüter Jan Oblak hatte Ronaldos nicht schlecht getretenen Strafstoß überragend gehalten. „Ich habe versucht, das Spiel zu entscheiden und den Elfer reinzumachen. Aber das ist mir nicht gelungen. Ich habe letztes Jahr immer getroffen, aber Oblak hat wirklich super gehalten“, sagte der mittlerweile 39-Jährige hinterher.

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Da konnte Ronaldo schon wieder lächeln, denn im folgenden Elfmeterschießen parierte Portugals Torhüter Diogo Costa alle drei slowenischen Versuche, während die Südeuropäer alle trafen - mit 3:0 zog der Europameister von 2016 ins EM-Viertelfinale ein, in dem es am Freitag (21 Uhr) in Hamburg zur Wiederauflage des Endspiels aus dem Titel-Jahr gegen Frankreich kommt.

Gegen Frankreich wird die Leistung von Frankfurt nicht ausreichen

Ronaldo ist der Inbegriff dafür, wie sich der Fußball in den vergangenen 20 Jahren in einen globalen Unterhaltungsbetrieb verwandelt hat. In Kapstadt und Kuala Lumpur laufen die Kinder in Ronaldo-Trikots herum. Der Mann von der Blumeninsel Madeira ist längst nicht mehr nur eine Fußball-Legende, sondern eine Stilikone geworden.

In Frankfurt raunten die Zuschauer schon, als Ronaldo nur den Platz zum Warmmachen betrat. Die schwierige Partie gegen widerborstige Slowenen, die sich gut aufs konzentrierte Verteidigen verstehen, glich dann einem Hollywood-Streifen mit Happy End für den Hauptdarsteller Ronaldo. Denn trotz seines heftig beweinten Fehlschusses in der Verlängerung nahm sich Portugals Kapitän beim Elfmeterschießen als erster Schütze den Ball - und verwandelte diesmal sicher. Woraufhin Ronaldo eine entschuldigende Geste in Richtung der portugiesischen Fans machte. Danach trafen noch Bernardo Silva und Bruno Fernandes.

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„Natürlich war ich unglaublich traurig und hinterher überglücklich. Das ist Fußball. Das kann man nicht erklären. Alles oder Nichts - das passiert immer wieder, und dann dreht sich das Schicksal“, erklärte der Angreifer hinterher seine emotionale Achterbahnfahrt von Frankfurt.

Das Drehbuch dieses Abends hatte vor dem hochspannenden und dramatischen Ende aber lange fußballerische Durchschnittsware bereitgehalten. Portugal dominierte zwar die Begegnung, aber im und rund um den slowenischen Strafraum fehlten Präzision und Durchschlagskraft. Was auch an Zielspieler Ronaldo lag, der in der 89. Minute frei vor Oblak eine Großchance vergab, die er zu seinen besten Zeiten sicher genutzt hätte. Generell krankte Portugals Offensivspiel ein wenig daran, dass es zu sehr auf den mittlerweile in der zweitklassigen saudi-arabischen Liga aktiven Superstar zugeschnitten ist.

Alle Aktionen schienen darauf ausgerichtet, Ronaldo in eine Abschlusssituation zu bringen - und das ist dann für den Gegner leicht durchschaubar. Zumal man Ronaldo sicher nicht beleidigt, wenn man feststellt, dass er mit 39 Jahren nicht mehr in der Verfassung und Form ist wie zu seiner Blütezeit.

Gegen Vizeweltmeister Frankreich wird eine durchwachsene Leistung wie die von Frankfurt wahrscheinlich genauso wenig genügen, wie sich nur auf die Qualitäten von Diogo Costa zu verlassen, der als erster Torhüter der EM-Historie drei Elfmeter parierte.

Der Klassiker gegen „Les Bleus“ wäre der passende Zeitpunkt für Ronaldos erstes Tor in diesem Turnier. Die Bilanz des Jahrhundert-Angreifers bei seiner sechsten Europameisterschaft steht nach dem Achtelfinale weiter bei 14 Treffern. Sollte Ronaldo den Bann im Klassiker gegen Frankreich brechen, wäre das eine weitere hollywoodreife Geschichte, die zu seiner außergewöhnlichen Karriere passen würde.

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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