Die Magie eines Heimturniers kennt Henning Fritz. 2007 holte der einstige Weltklasse-Torwart mit den deutschen Handballern den WM-Titel im eigenen Land. Im Interview spricht er über die EM.
Herr Fritz, gibt es tatsächlich einen Heimvorteil?
Henning Fritz: Es gibt zumindest genügend Beispiele, dass eine Mannschaft mit einer gewissen Atmosphäre über sich hinauswachsen kann. 2007 war das bei uns so. Solch ein Heimturnier ist eine Kopfsache. Da geht es um Körpersprache. Mit Emotionen auf dem Feld zieht man das Publikum mit. Und diese Unterstützung verleiht Sicherheit, beeindruckt aber auch den Gegner.
Zum EM-Auftakt der Deutschen gegen die Schweiz kommen gleich mal mehr als 53 000 Zuschauer.
Fritz: Das Eröffnungsspiel ist extrem wichtig. Meiner Meinung nach hat die deutsche Mannschaft eine sehr schwere Vorrundengruppe erwischt. Die Schweiz ist ein guter Gegner, der nichts zu verlieren hat. Und für die Deutschen ist zum Auftakt ein Sieg schon fast Pflicht, wenn man sieht, dass sie anschließend auch noch auf Frankreich treffen.
Die Startformation des deutschen Teams funktioniert. Doch wenn gewechselt wird, gibt es häufig einen Bruch. Ist das ein Problem?
Fritz: Das wird sich im Turnier zeigen. Wenn man mal vom Jahr 2016 mit dem EM-Titel und Olympia-Bronze absieht, kam genau das gefühlt immer mal wieder vor. Andererseits haben wir vor acht Jahren gesehen, dass man mit einer Mannschaft, die nicht zu den Favoriten gehört, erfolgreich sein und ohne einen Bruch wechseln kann.
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Wie gelingt so etwas?
Fritz: Die Rahmenbedingungen müssen passen. Da sind Trainer, Spieler und das gesamte Umfeld gefragt. Die Vergangenheit hat doch immer wieder gezeigt: Wenn jeder Spieler sich wohlfühlt und seine Rolle innerhalb der Mannschaft ganz genau kennt, kann er sein Leistungsmaximum erreichen. Das Wissen um die eigene Rolle führt zu Sicherheit. Und Sicherheit ist wiederum eine Grundvoraussetzung, um sein Potenzial abzurufen.
Das Torwartgespann bilden der 32-jährige Routinier Andreas Wolff und der 21-jährige David Späth. Ist das eine gelungene Kombination?
Fritz: Da sind wir wieder beim Thema Rollen. Die sind hier klar verteilt und das ist gut so. Druck und Erwartungshaltung sind ohnehin schon groß genug. Da muss es nicht noch einen internen Wettbewerb geben. Andi ist die aktuelle Nummer eins, David gehört die Zukunft. Wir sind auf dieser Position sehr gut besetzt.
Was macht Späth aus?
Fritz: David brennt immer, ist sehr extrovertiert und pusht sich in die Spiele rein. Er hat auch in jedem Spiel eine Strategie. Wenn ich ihn beobachte, sehe ich immer einen Plan bei ihm. Er macht nicht irgendetwas Atypisches, sondern geht gezielt auf den Ball. Und das macht einen Klasse-Torwart aus.
Man sagt aber doch, dass Torhüter erst im Alter so richtig gut sind.
Fritz: Davids Leistungen sind deswegen ja auch keine Selbstverständlichkeit. Er erfüllt schon jetzt viele Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere. Und das habe ich in dieser Form selten bei einem jungen Torwart gesehen. In den nächsten Jahren werden Erfahrung und eine gewisse Gelassenheit dazukommen. Er kann sich einen Namen machen, der dann einfach den einen oder anderen Gegner auch noch zusätzlich beeindruckt.
Bei der deutschen Mannschaft gibt es den Traum vom Halbfinale. Ist das wirklich drin?
Fritz: Natürlich ist das Halbfinale möglich. Diese Mannschaft kann jeden Gegner schlagen. Das hat sie punktuell gezeigt. Was aber fehlt, ist die Konstanz. Die kann sich aber im Laufe eines Turniers ganz schnell einstellen, wenn ein Team zusammenwächst. Gerade wir Deutschen haben das doch 2007 und 2016 erlebt.
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