Stuttgart. Es gab Historisches zu bejubeln in der Stuttgarter Porsche Arena. Allerdings nicht für die Rhein-Neckar Löwen, denn die waren am Sonntagnachmittag entgegen allen Erwartungen die Leidtragenden des Stücks schwäbischer Bundesliga-Geschichte. Erstmals, seitdem der TVB Stuttgart nach dem Aufstieg 2015 im Oberhaus des deutschen Handballs beheimatet ist, gingen in einem Duell mit den Löwen nach dem 32:28 (15:11)-Sieg des TVB die beiden Punkte an den Außenseiter – was bezeichnend für den aktuellen Zustand der Löwen ist. Und schlimmer noch: Die Niederlage ging absolut in Ordnung und wurde zudem passenderweise noch mit der Verletzung von Nationalspieler Jannik Kohlbacher womöglich garniert, der nach einem Stich in der Wade passen musste und nun ebenfalls länger fehlen könnte.
„Das bessere Team hat gewonnen, daran gibt es gar keinen Zweifel, und damit müssen wir uns abfinden“, redete Trainer Martin Schwalb dann auch gar nicht lange um den heißen Brei herum, wollte aber die Verletzungsmisere nicht außer acht lassen. „Und fehlen Jungs, und die anderen sind nicht an ihre Grenzen gekommen. Jetzt kamen noch zwei Verletzungen dazu“, spielte Schwalb neben dem frühzeitigen Aus Kohlbachers auf die Sprunggelenksverletzung von Lukas Nilsson an, die sich der Schwede schon vor dem Spiel in Berlin zugezogen hatte. „Wenn so etwas dazukommt, wird das ein enges Höschen“, meinte Schwalbe, was Stuttgart in die Karten spielte. „Wir haben sie in einem guten Moment erwischt“, erwähnte TVB-Coach Jürgen Schweikardt die personellen Probleme und die bedenkliche Formtendenz der Badener. „Dann sind sie auch nicht besser als wir“, meinte Schweikardt.
Fehlstart als Wegweiser
Dass seine Mannschaft an diese Umstände glaubte, wurde von Beginn an klar. Die Löwen überraschten mit Youngster Philipp Ahouansou im Innenblock neben Mait Patrail, die größeren Probleme zeigten sich aber schnell im Angriff. Die Badener erwischten mit dem 0:3 (3.) einen üblen Fehlstart, die Anfangsphase gab einen Vorgeschmack auf das, was da kommen sollte.
Immer wieder blieben die Gelben im Block hängen, der Ball kam nicht am Kreis an oder wenn mal einer der Löwen-Profis den Ball aufs Tor brachte, war TVB-Keeper Primoz Prost zu Stelle. Die Folge: Ein Gegenstoß nach dem anderen, was dazu führte, dass die Stuttgarter ständig in Front lagen. Jerry Tollbring gelang zwar noch der 5:5-Ausgleich (8.), danach liefen die Löwen aber nur noch hinterher.
Keine Gefahr aus dem Rückraum
Und funktionierte zu Beginn immerhin noch das Spiel über Kreisläufer Kohlbacher, geriet das Angriffsspiel dann zusehends aus den Fugen. So brachte Ahouansou bis zur Halbzeit nur zwei seiner zehn Versuche im Tor unter, Nilsson war bei seinem zehnminütigen Wirken mit vier Fehlversuchen einmal mehr keine echte Alternative.
Auch von Albin Lagergren auf der rechten Seite und von Spielmacher Andy Schmid ging viel zu wenig Torgefahr aus, die Stuttgarter bestraften bis zum 15:10 (28.) weiter jeden Fehler umgehend. Tollbrings Gegenstoß zum 15:11-Halbzeitstand hielt die Löwen auf Tuchfühlung.
Die Geschichte des zweiten Durchgangs war dann aber entsprechend schnell erzählt. Die Löwen versuchten es mit dem zusätzlichen Feldspieler, kassierten bezeichnenderweise aber sofort einen Treffer ins verwaiste Tor. Die Stuttgarter antworteten auf die taktisch letzte Patrone der Badener ebenfalls mit einem Feldspieler mehr, bestimmten damit das Tempo und hielten geschickt den Vorsprung – nicht zuletzt weil die Löwen genau immer dann einen einfachen Fehler machten, wenn sie die Möglichkeit hatten, einen wichtigen Schritt zu machen. Näher als bis auf drei Treffer 27:24 (51.) kamen die teilweise desolat agierenden Badener deshalb nicht mehr heran. Als der TVB eine 3:0-Serie zum 30:24 hinlegte (54.), war die Partie endgültig entschieden.
„Egal, was wir versucht haben – wir haben unser Spiel nicht gefunden“, resümierte Mait Patrail nach der erschreckend schwachen Vorstellung, die auch Torwart Nikolas Katsigiannis ordentlich im Magen lag. „Das ist für unseren Anspruch einfach zu wenig“, meinte der Keeper zu der unerwarteten Niederlage, die den Liga-Dritten im Kampf um die internationalen Plätze auch tabellarisch in die Enge treibt. „Das ist eine sportlich sehr prekäre Lage“, warnte Spielmacher Schmid mit Blick auf die nächsten Wochen.
Stuttgart – Löwen
- TVB Stuttgart: Prost, Lehmann – Zieker (2), Peshevksi (5), Pfattheicher (2) – Lönn (6), Häffner (5), Kristjansson (8) – Röthlisberger, Weiß (2), Schulze, Nicolaus (1), Müller (1), Wieling (1).
- Rhein-Neckar Löwen: Katsigiannis, Palicka (ab 44.) – Tollbring (8/2), Kohlbacher (3), Groetzki (4) – Ahouansou (5), Schmid (2), Lagergren (1) – Patrail (2), Nilsson (1), Gislason (1), Kirkeløkke (2), Trost, Zacharias (n.e.), Veigel (n.e.)
- Strafminuten: Röthlisberger (2) – Kohlbacher (2), Palicka (2).
- Beste Spieler: Kristjansson, Häfner – Kohlbacher, Tollbring – Schiedsrichter: Florian Baumgart/Sascha Wild (Neuried/Offenburg).
- Zuschauer: keine zugelassen.
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