Interview

Rhein-Neckar Löwe Heymann über die Olympischen Spiele in Paris

Rhein-Neckar Löwe Sebastian Heymann ist bereit für seine ersten Olympischen Spiele. In Paris will er beim Handball-Turnier mindestens mal das Halbfinale erreichen

Von 
Stefanie Wahl
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Sebastian Heymann will mit Deutschland mindestens das Halbfinale erreichen. Turnierauftakt ist am Samstag gegen Schweden. © Tom Weller/dpa

Mit dem TGV ist Sebastian Heymann am frühen Mittwochnachmittag aus Karlsruhe am Bahnhof Paris-Est angekommen. Der 26-jährige Handball-Nationalspieler der Rhein-Neckar Löwen ist bereit für sein erstes Olympia-Abenteuer und das erste Gruppenspiel am Samstag (19 Uhr) gegen Schweden.

Herr Heymann, was für eine „Road to Paris“, die hinter Ihnen liegt...

Sebastian Heymann: Wahnsinn. Schon die Heim-Europameisterschaft im Januar hat mich beflügelt, hat mir Kraft gegeben und gezeigt: Wenn man hartnäckig bleibt, immer weiter an sich arbeitet und Gas gibt, wird man irgendwann auch belohnt. Nun steht mein Traum tatsächlich kurz bevor.

Und doch hat es einmal mehr in Ihrer Karriere einen Dämpfer gegeben.

Heymann: Als ich nach meiner Ellbogenverletzung nicht nominiert worden bin, war das schon ein Rückschlag. Doch es passieren auch Dinge, die man so nicht unbedingt auf dem Schirm hat. Dann war es auf einmal nicht ich, der eine Maßnahme absagt, weil ich verletzt bin oder etwas anderes ist. Dann war es Marian Michalczik, dem ich für die Geburt seines ersten Kindes wünsche, dass alles perfekt läuft.

Sebastian Heymann

  • Sebastian Heymann wurde am 1. März 1998 in Heilbronn geboren. Er ist ein Horkheimer Handballerkind, schon mit 17 Jahren spielt er für den TSB in der 3. Liga.
  • Der Rückraumspieler wechselte 2016 in die Bundesliga zu Frisch Auf Göppingen, wo er 2017 den EHF-Pokal gewann. Ein Mittelfußbruch und zwei Kreuzbandrisse warfen den 26-Jährigen jedoch immer wieder zurück.
  • Nach acht Jahren in Göppingen schloss sich der EM-Vierte im Sommer den Rhein-Neckar Löwen an. Er wohnt mit Freundin Anna nun in Walldorf.

Für mich war es umso schöner, als Ende Juni der Anruf von Alfred Gislason kam und er mir gesagt hat, dass ich doch dabei bin. Es ist ein geniales Gefühl zu wissen, du bist nicht nur Ersatz, sondern wirklich einer von denen, die dabei sind.

Deutschland zu repräsentieren, ist für Sie keine neue Situation …

Heymann: … aber Deutschland bei Olympischen Spielen zu repräsentieren, das kann ich gar nicht so richtig in Worte fassen. Früher ist der TSB Horkheim für mich das Maximale gewesen. Aber dann habe ich hart gearbeitet, dass ich es noch weiter schaffe. Jetzt bin ich in Paris, das nimmt mir keiner mehr - egal, was noch passiert.

Haben Sie schon als Kind Olympia mit jeder Faser aufgesogen?

Heymann: Bei Olympia lief bei uns daheim immer der Fernseher. Egal, was da kam, ich habe es verfolgt. Bei Handball, Basketball, Tennis bin ich immer dabei, aber bei dem Riesen-Event darf es gerne auch mal Leichtathletik sein oder was anderes, es gibt so viele deutsche Topathleten.

Nun sind Sie ein Teil des Spektakels.

Heymann: Es wird ein Wahnsinnserlebnis. Was einst als Funke begann, ist mit den Jahren zur Flamme geworden, nun wird sie entfacht. Olympia ist mehr als ein Turnier. In der Mensa sitzt vielleicht ein NBA-Star neben dir und hat genauso Kohldampf wie du. Das Coole ist: Du verstehst dich allein durch die Tatsache, dass jeder Sportler ist. Du lernst die Menschen und Typen von einer ganz anderen Seite kennen. Aber du möchtest nicht nur die Erinnerung daran haben, sondern im schönsten Fall auch was Zählbares mitnehmen.

Bundestrainer Alfred Gislason hat das Halbfinale als Ziel ausgegeben - mit Option auf mehr.

Heymann: Da bin ich voll dabei. Wir haben bei der EM schon ein super Turnier gespielt, aber gegen die absoluten Spitzennationen verloren. Das wollen wir bei Olympia noch besser machen. Aber klar ist auch: In Paris sind zwölf Weltklasseteams, da entscheiden auch die Tagesform und das Quäntchen Glück. Schon bis ins Halbfinale ist es ein schwieriger Weg, aber wir sind hungrig.

Und die Mannschaft ist sehr jung.

Heymann: Stimmt. Aber wir haben ein sehr gutes Gefüge, werden zusammen Gas geben. Alle sind bereit.

Wie fit sind Sie nach Ihren Problemen am Ellbogen?

Heymann: Zu Beginn der Vorbereitung habe ich den Ellbogen wieder etwas mehr gespürt, aber Alfred hat gleich auf die Bremse getreten und gesagt, ich solle langsamer machen. Die Zeit, die ich in der Abwehr verbracht habe, war gut, um mich mehr und mehr an den Ball zu gewöhnen. Da habe ich mit jeder Einheit gespürt, dass ich in den Rhythmus komme, Vertrauen gewinne und Sicherheit. Wir haben das echt gut gesteuert, dass ich mit einem guten Gefühl nach Paris fahre.

Hat Alfred Gislason mit Ihnen über Ihre Rolle gesprochen?

Heymann: Er möchte, dass ich mit der nötigen Aggressivität in der Abwehr zur Sache gehe, hart meinen Mann stehe. Aber auch mit einem guten Tempospiel der Mannschaft helfe, mal eine Lücke reiße für meine Nebenmänner oder mich aufgrund meiner körperlichen Voraussetzungen im Zweikampf durchsetze. Da glaubt er, dass ich der Mannschaft viel geben kann.

Was soll besser laufen als bei der Europameisterschaft im Januar?

Heymann: Der Bundestrainer hat mir mitgegeben, dass ich mich über Fehler nicht immer so aufregen soll - egal, ob es meine eigenen oder die von anderen sind. Dadurch verliere ich im Umschaltspiel manchmal ein paar Millisekunden. Zudem geht es auch um die Körpersprache. Die Hinweise haben mir geholfen, und ich habe sie auch in der Vorbereitung versucht umzusetzen.

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In Paris dürfen nur 14 Spieler pro Nation dabei sein, das wird eine kräftezehrende Angelegenheit.

Heymann: Daher wird es wichtig sein, dass wir uns als Mannschaft gut ergänzen. Da helfen wir uns gegenseitig, dass wir ein hoffentlich erfolgreiches Turnier spielen.

Ist ein Heymann-Fanclub in Paris?

Heymann: Da habe ich mich im Vorfeld ziemlich rausgehalten. Nur für die Länderspiele in Stuttgart habe ich mich um Karten gekümmert. Es wird schon der eine oder andere da sein. Ich weiß, dass ich generell nie alleine bin, ob meine Eltern, Schwester, Freundin und Freunde vor Ort oder etwas weiter entfernt sind. Ich habe von allen Rückendeckung - egal wie schwierig es ist. Sie haben mich auch nach meinem Kreuzbandriss unterstützt.

Kennen Sie Paris?

Heymann: Mit der Jugend-Nationalmannschaft war ich schon mal da. Aber wir spielen ja auch in Lille, das wird heftig. Vielleicht hilft der Wechsel aber auch, nicht von den ganzen Eindrücken überwältigt zu werden. Wir werden aber ohnehin den Fokus auf das Wesentliche legen. Daher gehen wir auch nicht zur Eröffnungsfeier, das wäre zu viel.

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