Handball-WM

Nicolaj Jacobsen: Goldgarant der dänischen Handball-Nationalmannschaft

Nach zwei Meisterschaften mit den Rhein-Neckar Löwen führt Nikolaj Jacobsen die dänischen Handballer zum dritten WM-Titel. Eine wichtige Rolle nimmt dabei auch Löwe Niclas Kirkeløkke ein, der mit den Tränen kämpft

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Marc Stevermüer
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Schon wieder auf dem Thron: Nikolaj Jacobsen mit dem WM-Pokal. © Jan Woitas/dpa

Stockholm. NationaAls der Druck abgefallen ist und sich die erste Freude ein wenig gelegt hat, sitzt Nikolaj Jacobsen ganz entspannt mit einem Dosenbier in der Pressekonferenz der Stockholmer Arena.

Der Trainer der dänischen Handball-Nationalmannschaft genießt den Moment, nachdem er Geschichte geschrieben hat. Erneut führte der Ex-Coach der Rhein-Neckar Löwen die Dänen zum WM-Titel. Zum dritten Mal in Folge.

„Es ist fantastisch. Wir haben etwas geschafft, was noch keiner anderen Mannschaft gelungen ist. Ich bin super-stolz auf die Jungs. Mein Team hat von der ersten bis zur letzten Partie unglaublich gespielt“, schwärmt Jacobsen nach dem 34:29-Finalerfolg über Olympiasieger Frankreich.

Er ist ein Weltklassetrainer. Jeder folgt seinem Plan
Handballspieler Kevin Möller

Nahezu zeitgleich geben seine Spieler die Komplimente an den 51-Jährigen zurück. „Weltklasse. Man kann es nicht anders sagen. Er ist ein Weltklassetrainer. Jeder folgt seinem Plan“, lobt Schlussmann Kevin Möller. Und Rückraumspieler Mads Mensah Larsen hält fest, dass „Nikolajs Denke einfach funktioniert“. Der Trainer wisse nicht nur stets genau, was er von seiner Mannschaft sehen möchte, sondern auch, wie er ihr seine Idee erklären und präsentieren soll. Und wie er seine Spieler einbindet.

„Nikolaj schaut nicht nur auf seinen Plan, sondern auch auf das, was die Mannschaft mag. Er findet immer eine Lösung, ist offen für Neues, entwickelt sich dadurch weiter“, sagt Mensah Larsen, der eine Art sportlicher Ziehsohn Jacobsens ist. Er kennt den überaus erfolgreichen Führungsstil des Trainers seit vielen, vielen Jahren aus gemeinsamen Zeiten in Aalborg, bei den Rhein-Neckar Löwen und der dänischen Nationalmannschaft.

Für einen wie ihn gibt man auf dem Feld einfach noch mal ein bisschen mehr
Handballspieler Niclas Kirkeløkke

Zweifelsohne ist es ein Führungsstil, der leistungsfördernd, motivierend und inspirierend wirkt. Jacobsen beherrscht die seltene Kunst, sowohl ein väterlicher Freund als auch ein strenger Entscheider zu sein. Es gelingt ihm zuverlässig, diesen Spagat zu meistern. Das wird schon während seines erfolgreichen Wirkens bei den Rhein-Neckar Löwen zwischen 2014 und 2019 deutlich, als er zweimal Meister und einmal Pokalsieger wird.

„Für einen wie ihn gibt man auf dem Feld einfach noch mal ein bisschen mehr“, räumt Niclas Kirkeløkke ein. Der Linkshänder wird auf dem Weg zum WM-Titel vielleicht nicht zu einer entscheidenden, sehr wohl aber zu einer wichtigen Figur. Weil Jacobsen mal wieder eine Idee hat. Eine Idee, die aufgeht. Und mit der dieser Trainer wieder einmal unterstreicht, dass er Spiele von der Bank gewinnen kann. Das ist ein Geschenk. Eine Gabe.

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Eine wesentliche Veränderung erfährt das dänische Spiel nämlich bei dieser WM, als der Trainer zum letzten Hauptrundenspiel gegen Ägypten den Löwen Kirkeløkke nachnominiert. Der Linkshänder ist zwar ein gelernter Rückraumspieler, kommt fortan aber auf der Rechtsaußenposition zum Einsatz.

Nationalspieler ringt um Fassung

Es ist ein Schachzug, für den sich Jacobsen vor allem mit Blick auf Kirkeløkkes Defensivqualitäten entscheidet. Er lässt den Löwen auf der Halbposition verteidigen und der für die Offensive unersetzbare Mathias Gidsel kann sich in der Abwehr ein wenig auf der Außenposition ausruhen. Das Ergebnis: Gold für Dänemark sowie die erneute Auszeichnung für Gidsel als wertvollster Turnierspieler. Fast schon nebenbei wird der Mann von den Füchsen Berlin auch noch Torschützenkönig.

„Nikolaj sagte zur mir, dass Mathias in der Abwehr ein paar Pausen benötigt. Am Ende hat sein Plan mega-gut geklappt, Mathias konnte im Angriff 60 Minuten Vollgas geben“, sagt Kirkelkøkke nach der Siegerehrung und ist in diesem Augenblick in den Katakomben der riesigen Stockholmer Arena immer noch emotional total berührt. Er kämpft gegen die Tränen, sie stehen ihm in den Augen. Es sind Tränen des Glücks, der Freude. Kirkeløkke ringt sichtlich um Fassung und gibt zu: „Ich verstehe nicht, was gerade passiert ist.“

Niclas Kirkeløkke (rotes Trikot) wurde zu einem wichtigen Faktor. © dpa

Sein emotionaler Ausnahmezustand ist in diesem magischen Moment nur allzu verständlich. Denn an diesem atemberaubenden Abend schließt sich bei ihm eine lange Zeit offene Wunde. Den dänischen WM-Sieg 2019 verpasst der 28-Jährige wegen eines Kreuzbandrisses. Nun macht er seinen Frieden damit und ist Teil dieser irren Erfolgsgeschichte. Zur Erinnerung: Ihr bislang letztes Spiel bei einer Weltmeisterschaft verloren die Dänen vor knapp sechs Jahren. Im Januar 2017 war das, im Achtelfinale gegen Ungarn. Übrigens damals mit Kirkeløkke. Seitdem folgten 28 Begegnungen ohne Niederlage. Eine Wahnsinnsserie, und ein Ausdruck an Überlegenheit, die auch bei dieser WM sehr deutlich wird.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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