Fußball

Neues Leben im DFB-Team dank Publikumsliebling Rudi Völler

Ein Spiel hat Rudi Völler gereicht, um die Herzen der Fußballfans noch ein bisschen mehr zu erobern. Der Interims-Bundestrainer wirkte nach dem 2:1 gegen Frankreich erleichtert - und hob einen Spieler hervor

Von 
Alexander Müller
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DFB-Teamchef für ein Spiel und schon wieder Publikumsliebling: Rudi Völler zeigte sich erleichtert über den Sieg gegen die Franzosen. © Federico Gambarini/dpa

Dortmund. Der Bodyguard an der Seite von Rudi Völler wirkte ziemlich deplatziert. So etwas braucht „Tante Käthe“, Liebling der Massen, eigentlich nicht. Erst recht, nachdem Völler mit einem 2:1 (1:0)-Sieg gegen Vizeweltmeister Frankreich der am Boden liegenden Nationalmannschaft neues Leben eingehaucht hatte. „Es gibt nur ein‘ Rudi Völler“, stimmten die Fans in der Dortmunder Arena nach 70 Minuten zur Melodie von „Guantanamera“ an - einen ein wenig in Vergessenheit geratenen Klassiker des deutschen Fußball-Liedguts. Wer braucht einen Bodyguard, wenn ihm so viel Zuneigung entgegenschlägt?

Als der Ein-Spiel-Bundestrainer durch den Umlauf der Dortmunder Arena Richtung Pressekonferenzraum spazierte, sah Völler sehr verschwitzt und abgekämpft, aber auch komplett in sich ruhend aus. „Es war sehr anstrengend. Ich bin ehrlich, es war stressig die Tage“, sagte der 63-Jährige, als er es nach oben vor die wartenden Journalisten geschafft hatte.

Völler: „Es tut einfach gut“

Völlers stressige Tage: das fürchterliche 1:4 gegen Japan am Samstag, die daraus resultierende „unumgängliche“ Beurlaubung des glücklosen Bundestrainers Hansi Flick am Sonntag, das eilends zusammengeschusterte Trainerteam um Völler, Nachwuchschef Hannes Wolf und DFB-U-Trainer Sandro Wagner. Die Vorbereitung auf das schwierige Match gegen Frankreich, und dann das Spiel selbst, in dem die deutsche Auswahl einen großen Namen im Weltfußball mit einer - im Vergleich zum erbärmlichen Japan-Auftritt - Leistungsexplosion niederrang.

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Der offensichtlich unkaputtbare Thomas Müller, der das DFB-Team in der 4. Minute mit 1:0 in Führung brachte und auch sonst eine überzeugende Leistung ablieferte, sprach von „einem kleinen emotionalen Befreiungsschlag“ nach zuvor fünf sieglosen Spielen, Frust und Selbstzweifeln. „Es tut einfach gut“, meinte auch Völler. Natürlich stand eine große Frage im Raum: Wie kann eine Mannschaft, die gegen Japan derart dilettiert hat, sich nur drei Tage später derart monumental steigern?

Unter Völler seien ein paar Sachen geändert worden, berichtete Torhüter Mac-André ter Stegen: „Wir wollten eine Struktur haben, die relativ einfach ist.“ Das bedeutete in Dortmund: ein klares System, eine klare Aufgabenverteilung - und vor allem leidenschaftliche Abwehrarbeit. Aber auch die personellen Umstellungen gingen auf: Die Außenverteidiger Benjamin Henrichs (links) und Jonathan Tah (rechts) spielten grundsolide, Routinier Müller machte am Vorabend seines 34. Geburtstags nicht nur sein Tor, sondern rackerte unermüdlich für das Team. Und als Kapitän Ilkay Gündogan nach einer knappen halben Stunde angeschlagen raus musste, schlüpfte die aus Mannheim stammende DFB-Entdeckung Pascal Groß fast nahtlos in seine Rolle im Schaltzentrum.

Sonderlob für Sané

Natürlich profitierte die DFB-Elf auch davon, dass Frankreich ohne Wunderstürmer Kylian Mbappé (Knieschmerzen) antrat und nicht immer den Eindruck machte, in diesem Testspiel auch noch die allerletzten Prozentpunkte herauskitzeln zu wollen. Dennoch: Der Abend von Dortmund ging als Mutmacher durch, als Beweis, dass die individuelle Qualität im deutschen Team nicht so weit weg von der Spitze ist, wie man nach den trostlosen letzten Vorstellungen unter Flick meinen konnte.

Leroy Sanés 2:0 in der 87. Minute wertete Völler als die „Befreiung“ - und hielt noch ein Sonderlob für den Torschützen bereit: „Leroy war Weltklasse.“ Da verzieh Völler dem Bayern-Angreifer auch, dass er kurz nach seinem Treffer noch einen Foulelfmeter herbeiführte, den Antoine Griezmann zum 1:2 verwandelte (89.). „So einen Elfer verursacht nur ein Stürmer“, witzelte Völler.

K.o.-Kriterium für neuen Bundestrainer benannt

An seinem Entschluss, sein Bundestrainer-Comeback auf dieses eine Spiel zu begrenzen, sei nicht zu rütteln, bekundete der 63-Jährige am Dienstag kurz vor Mitternacht noch einmal. Ab sofort steigt Interimscoach Völler als Sportdirektor wieder in die Bundestrainersuche ein. „In drei Wochen müssen wir eine Lösung parat haben“, sagte er.

Ab 9. Oktober geht der DFB-Tross auf USA-Reise - mit Testspielen gegen die USA und Mexiko. Zu Kandidaten wie Julian Nagelsmann wollte sich Völler nicht äußern. Nur ein K.o.-Kriterium ließ sich der Ex-Nationalstürmer entlocken. „Wichtig ist, dass es ein Deutsch sprechender Nationaltrainer ist. Und natürlich muss es auch ein Topmann sein. Das ist der wichtigste Trainerjob in unserem Land.“

Redaktion Fußball-Reporter: Nationalmannschaft, SV Waldhof, Eintracht Frankfurt, DFB

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