Leichtathletik

Malaika Mihambo begeistert auch mit EM-Silber

Weil der Oftersheimerin drei Zentimeter zur Goldmedaille fehlen, endet ihre Erfolgsserie bei der Europameisterschaft in München. Dennoch war sie nach schwierigen Wochen mit ihrer Leistung zufrieden

Von 
Christian Rotter
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Malaika Mihambo landete bei 7,03 Metern, letztlich fehlten der Oftersheimerin nur drei Zentimeter zum erneuten EM-Gold. © Sven Hoppe/dpa

München. 2019, 2020 und 2021 – dreimal in Folge haben Deutschlands Sportjournalisten Malaika Mihambo zur „Sportlerin des Jahres“ gewählt. Und ohne der Abstimmung vorgreifen zu wollen: Eine Überraschung wäre es nicht, würde die Oftersheimerin im Dezember in Baden-Baden wieder ganz oben stehen. Gut drei Wochen, nachdem die 28-Jährige von der LG Kurpfalz in Eugene (USA) ihren WM-Titel verteidigt hatte, gewann sie am Donnerstagabend bei der Leichtathletik-EM in München die Silbermedaille. Mit 7,03 Metern musste sich Mihambo der Serbin Ivana Vuleta (Mädchenname: Spanovic) geschlagen geben, die gleich zum Auftakt einen 7,06-m-Satz vorlegte. Dritte wurde die Britin Jazmin Sawyers (6,80 m).

Internationaler Weitsprung trägt Mihambos Namen

EM-Gold, WM-Gold, Olympia-Gold, WM-Gold und jetzt EM-Silber – seit vier Jahren trägt der internationale Weitsprung Malaika Mihambos Namen. Sie hat sich längst einen Platz in der Riege der ganz Großen ihrer Sportart verdient. Daran ändert auch das Ende ihrer Siegesserie bei Großereignissen am Donnerstag nichts. Sie akzeptiert es, wenn eine Konkurrentin besser ist. „Ich habe keine Angst davor, mal nicht zu gewinnen“, sagte sie vor der Heim-EM.

Mihambo definiert sich nicht ausschließlich über ihren sportlichen Erfolg. Klar, sie will weit springen, in der Sandgrube möglichst erst nach mindestens sieben Metern landen. Doch die 28-Jährige will mehr in ihrem Leben, das sie nicht auf ihre sportliche Klasse reduzieren will. Sie ist wissbegierig, offen, schaut nach links und rechts und scheut nicht davor zurück, sich reflektiert zu wichtigen Themen dieser Zeit zu äußern.

Große mentale Stärke

Ohne ein gewisses Talent wäre Mihambo nicht da, wo sie derzeit ist. Ihre wohl größte Stärke ist aber, dass sie sich mental auf jede noch so kritische Situation einstellen kann. Bei den Olympischen Spielen in Tokio sprang sie erst im letzten Versuch zu Gold, bei der WM in Eugene ließ sie sich auch nicht davon aus der Bahn werfen, dass sie nach zwei Fehlversuchen im dritten liefern musste. Sie ließ sich auch nicht davon aufhalten, als sie nach ihrer Rückkehr aus den USA positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Zehn Tage musste Mihambo mit dem Training aussetzen, ihre EM-Teilnahme hing an einem ganz seidenen Faden, erst vor einer Woche gab sie nach überzeugenden Trainingseindrücken grünes Licht für einen Start.

In der Qualifikation am Dienstag setzte sie ein Zeichen der Stärke. Mit 6,99 Metern zeigte sie, dass sie nicht nur irgendwie mitspringen, sondern um den Titel kämpfen will. Und dann? Dann musste sie abermals zeigen, dass sie widrige Umstände als Herausforderung sieht. Eine Unwetterwarnung sorgte dafür, dass die Wettbewerbe am Abend erst mit einer 30-minütigen Verzögerung begannen. Blitze zuckten über dem Olympiapark, es goss aus Eimern. Die Zuschauer wurden aufgefordert, sich in den überdachten Bereich des Olympiastadions zurückziehen.

Dann blies ein Orkan durchs weite Rund – obwohl der Regen gerade nachgelassen hatte. Als sich Mihambo parallel zur Sandgrube warmlief, war das Publikum zum ersten Mal aus dem Häuschen. Es war angerichtet, doch eine spielte nicht mit: Vuleta hob ab – und landete erst wieder bei 7,06 Metern. Das saß! Mihambo konnte mit 6,71 m zunächst nicht kontern und reihte sich auf dem zweiten Platz ein. Im zweiten Versuch hatte die Oftersheimerin ihre innere Stärke wiedergefunden. Der Sprung ging weit, aber nicht weit genug. 7,03 m, auf die Siegesweite fehlten ganze drei Zentimeter.

Milhambo ist voller Ehrgeiz

„Es geht für mich immer darum, meine beste Leistung zu zeigen. Und zwar unabhängig davon, was ich schon erreicht habe. Dieser Ehrgeiz steckt stets in mir“, sagt Mihambo in der eindrucksvollen ARD-Dokumentation „Meine innere Reise“. Sie will nicht Titel an Titel reihen, bis sie irgendwann in der Belanglosigkeit verschwimmen, sondern sie will das Maximale aus sich herausholen. Sie will Grenzen ausloten, austesten, ob in ihrem Körper noch mehr steckt als ihre Bestleistung von 7,30 Metern.

Am Donnerstag war nicht mehr drin. „In den brenzligen Situationen, in denen ich nur noch eine Chance habe, versuche ich, im Moment zu sein“, gab sie zuletzt eines ihrer Erfolgsgeheimnisse preis. Würde sie auch diesmal – wie bei den Olympischen Spielen in Tokio im vergangenen Jahr – der letzte Versuch zu Gold führen? Nein, um 22.34 Uhr war klar, dass sie ihren EM-Titel abgeben muss: „Nach den schwierigen Wochen bin ich mit meiner Leistung zufrieden“, sagte Mihambo.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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