Gudmundur Gudmundsson sitzt auf den Stufen zum Medienzentrum in der riesigen Kölner Arena. Der Trainer spricht ruhig und besonnen über seine isländische Nationalmannschaft. Über seine Pläne. Seine Ziele. Seine Visionen. Und einen langen Weg, der vor ihnen liege.
Vier Jahre ist das nun her, kurz zuvor hatte seine neu formierte Auswahl bei der WM gegen Deutschland mit 19:24 zu verloren. Mit Spielern wie Ómar Ingi Magnússon und Gísli Kristjánsson, die Gudmundsson damals als „jung, dünn und nicht so kräftig“ bezeichnet.
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Zwei Weltmeisterschaften später sind Magnússon und Kristjánsson zwar immer noch jung, aber nicht mehr dünn und deutlich kräftiger. Vor allem aber sind sie erstklassige Handballer, die sich nicht nur in der Bundesliga behaupten, sondern im Trikot des Deutschen Meisters SC Magdeburg zu den Besten in der stärksten Liga der Welt gehören und neben dem Routinier Aron Pálmarsson die Gesichter einer isländischen Nationalmannschaft sind, die sich unter Gudmundsson zu einem Medaillenanwärter entwickelt hat.
Nach dem 40:30-Pflichtsieg über Kap Verde spielen die Nordeuropäer am Freitag (20.30 Uhr/live auf Eurosport) gegen Schweden um weitere wichtige Hauptrundenpunkte.
„Beste Mannschaft seit Jahren“
„Wir haben schwierige Zeiten hinter uns und mit dieser Mannschaft sehr viel Lehrgeld bezahlt“, sagt Gudmundsson, der die Rhein-Neckar Löwen 2013 zum Europapokalsieg führte und 2014 die Meisterschaft nur um zwei Tore verpasste. Damals hatte er eine Spitzenmannschaft mit Fleiß und Akribie aufgebaut - und dieses Kunststück wiederholt der 62-jährige Fachmann nun als Nationaltrainer seines Heimatlandes.
Keine Frage: Wenn Gudmundsson etwas kann, dann ein Team formen. Immer vorausgesetzt, man lässt ihn machen. Und verliert nicht die Geduld, so wie es ihm zuletzt bei der MT Melsungen passierte.
Wir haben die beste isländische Mannschaft seit vielen Jahren.
Denn was mit ihm möglich ist, zeigt der Mann aus Reykjavik gerade wieder. „Wir haben die beste isländische Mannschaft seit vielen Jahren“, behauptet Gudmundsson - und das muss schon etwas heißen. Denn forsche Ansagen sind ihm eigentlich fremd. Sie kommen in etwa so oft vor wie Temperaturen von mehr als 25 Grad in Island.
Wenn also schon einer wie er, bei dem das Glas immer eher halb leer als halb voll ist, so voller Optimismus und Begeisterung über seine Mannschaft spricht, dann muss da schon etwas dran sein. Ganz offensichtlich hat die Handball-Insel mit ihren 373 000 Einwohnern (Mannheim hat 310 000) bei ihrer Ausbildung von Talenten mal wieder sehr viel richtig gemacht. Die Möglichkeiten für isländische Kinder und Jugendliche sind ohnehin paradiesisch. Das weiß auch Alfred Gislason.
Der Trainer der deutschen Nationalmannschaft war einst als Spieler der Zimmerkollege von Gudmundsson beim isländischen Auswahlteam. Er kennt die Arbeitsweise seines Freundes und Kollegen - vor allem aber ist er bestens mit der Talentförderung in seiner Heimat vertraut.
„Riesige Welten“ lägen da zwischen Deutschland und Island, mahnt Gislason, wenn er an die Rahmenbedingungen und die Infrastruktur denke. Jeder Jugendliche in seiner Heimat habe ganz andere, nämlich bessere Möglichkeiten: „Besonders im Handball.“
Kein Jugendlicher kommt durchs Leben, ohne mit Handball in Kontakt zu treten.
Sein zehnjähriges Enkelkind trainiere „drei- oder viermal in der Woche“. In der Schule stünde Handball zudem auf dem Stundenplan. „Das“, betont Gislason fast schon ein wenig neidisch, „ist die Realität in Island. Kein Jugendlicher kommt durchs Leben, ohne mit Handball in Kontakt zu treten.“ Das Ergebnis zeigt sich. Und zwar nicht nur jetzt. Sondern auch schon früher.
2008 holt die kleine Nation Silber bei den Olympischen Spielen, zwei Jahre später EM-Bronze. Der Trainer bei diesen Erfolgen: Gudmundsson, der die damalige Mannschaft aber nicht mit der jetzigen vergleichen will. „Das ist schwierig. Es sind andere Zeiten.“ Der 62-Jährige stellt lediglich fest: „Die damalige Mannschaft war fantastisch. Das jetzige Team ist auf dem Weg dorthin.“ Auch das klingt ungewohnt forsch aus seinem Mund.
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