Das Vorhaben war riskant – und ging kolossal schief. Vor etwa einem Jahr beförderten die Rhein-Neckar Löwen den bisherigen Co-Trainer Klaus Gärtner zum Chefcoach und kündigten gleichzeitig an, dass der 46-Jährige im Sommer 2022 wieder ins zweite Glied rücken und Assistent des künftigen Trainers Sebastian Hinze wird.
Es war von Beginn an eine gewagte Konstruktion, die der Handball-Bundesligist damals aber noch halbwegs nachvollziehbar begründete. Gärtner solle im Sinne von Hinze agieren und den Neuaufbau einleiten, erklärten die Löwen und verwiesen darauf, dass eine Übergangslösung mit einem Trainer von außen keinen Sinn ergebe. Denn eben dieser würde nicht das große Ganze im Blick haben, sondern nur auf den schnellen Erfolg aus sein. Die Argumentation klang einigermaßen logisch, wenngleich es schon damals und auch ohne das heutige Wissen besser gewesen wäre, Hinze sofort aus seinem Vertrag beim Bergischen HC zu kaufen.
Von ihrem eigenen Plan mit Gärtner waren die Verantwortlichen des zweimaligen deutschen Meisters dann auch nur ein halbes Jahr lang überzeugt. Die Löwen stürzten in der Tabelle ab, spielten schlecht. Die teils unrealistischen Erwartungen wurden selbst nach dem peinlichen Aus in der European League nicht korrigiert. Von einer Top-Drei-Platzierung in der Bundesliga war weiterhin die Rede. Ein Ziel, das mit diesem katastrophal zusammengestellten Kader nicht zu erreichen ist. Erst recht nicht mit einem Trainer, der ein Himmelfahrtskommando übernommen hatte, von Beginn an unter strenger Beobachtung stand, mit dem Stempel „Übergangslösung“ versehen war und auch Fehler beging. Denn ein bisschen mehr als 14:20 Punkte hätten es trotz aller Kaderprobleme schon sein müssen.
Trainerthema unterschätzt
Mit Gärtners Abberufung als Chef und seiner Abschiebung in den Scoutingbereich sowie der Verpflichtung von Ljubomir Vranjes – einer zuvor partout nicht gewollten externen Lösung auf der Bank – gestanden die Löwen im Januar bereits ein, dass sie das heikle Trainerthema falsch angegangen waren, es eigentlich sogar dramatisch unterschätzt hatten. Entsprechend ist Gärtners nahender kompletter Abschied nun auch nichts anderes mehr als das umfassende Scheitern des einstigen Plans, zeigt der Weggang doch auch, wie viel durch die Degradierung des Odenwälders vor vier Monaten kaputtging und dass es vor allem keine gemeinsame Vertrauensbasis mehr gibt.
Aus Gärtners Sicht ist dieser Schritt konsequent und richtig, für die Löwen ist er ein schwerer Schlag. Denn sie verlieren nicht nur einen Menschen, der den Verein bestens kennt und in den vergangenen Monaten einer der wichtigsten Ansprechpartner des künftigen Trainers Hinze war, sondern vor allem auch den nächsten verdienten Löwen, der diesen Club viele Jahre prägte und im Herzen trägt.
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