Mannheim. Als ihre Trikots mit den Nummern 55 und 57 unter das Hallendach der SAP Arena gezogen wurden, gab es kein Halten mehr. Die Gefühle überwältigten Jochen Hecht und Ronny Arendt, Tränen füllten ihre Augen. Immer wieder ließen die Fans ihre Lieblinge hochleben.
„Es ist für mich eine große Ehre, dass meine Nummer jetzt unterm Hallendach der SAP Arena hängt – neben Trikots von grandiosen Spielern, zu denen ich als Kind aufgeschaut habe. Dass ich in diesen elitären Kreis aufgenommen werde, hätte ich nie gedacht“, sagte Hecht, der sich zuvor mit seiner Mannschaft im gemeinsamen Abschiedsspiel mit 7:9 (0:4, 3:4, 4:1) vom „Team Arendt“ getrennt hatte.
„In die Herzen der Fans gespielt“
Viele Weggefährten und Freunde bereiteten den beiden Mannheimer Eishockey-Ikonen einen Abend, den sie nie vergessen werden. Kein Geringerer als Harold Kreis stand beim „Team Arendt“ hinter der Bande. „Jochen und Ronny sind zwei Spieler, die sich über Jahre in die Herzen der Adler-Fans gespielt haben. Ich bin stolz darauf, beide auf ihrem Karriereweg begleitet zu haben und Teil ihres Abschiedsspieles sein zu dürfen“, sagte Kreis, der an Hechts Seite den Titel 1997 nach Mannheim holte und während seiner Trainertätigkeit bei den Adlern die tadellose Einstellung von Arendt zu schätzen lernte. Auch Christoph Ullmann, der gestern als „Joker“ zwischen den beiden Mannschaften pendelte, fand warme Worte für seine ehemaligen Mitspieler: „Jochen war jahrelang der beste deutsche Eishockey-Spieler. Obwohl er Ende der 1990er nach Amerika gegangen ist, hat er sich nie von seiner Heimat abgenabelt, sondern beispielsweise im Sommer immer mit uns trainiert. Ronny hat die ersten Jahre der SAP Arena maßgeblich geprägt. Er hat sich den Spitznamen ,Hooligan’ über die Jahre verdient, das sagt alles!“
Der Abend stand ganz im Zeichen der Adler-Lieblinge. „Einmal Mannheim – immer Mannheim“ stand in großen Buchstaben auf einem Banner, das die Fans in der Nordwestkurve aufgehängt hatten. Nachdem DEL-Geschäftsführer Gernot Tripcke die Protagonisten als „DEL-Legenden“ ausgezeichnet hatte, sendeten die Olympia-Helden Marcus Kink, Christian Ehrhoff, David Wolf und Dennis Endras eine Grußbotschaft über den Videowürfel. Als Hecht um 19.29 Uhr mit dem Smartphone bewaffnet das Eis betrat, brandete Jubel im Rund auf. Ronny Arendt schallte zehntausendfach sein Spitzname „Hooligan“ entgegen, den er sich in seinen zwölf Saisons als Adler verdient hatte.
Auf dem Eis gab Arendt den Ton an. Vorlage zum 1:0, das 2:0 selbst erzielt – es lief nach Wunsch für den 37-Jährigen. Kult-Schiedsrichter Peter Slapke trug seinen Teil zu einem gelungenen Abend bei: Mal schickte er Shawn Belle auf die Strafbank, „weil das Betatschen von Jochen und Ronny heute verboten ist“, mal fuhr er zum Videobeweis und entschied auf Tor, obwohl Andrew Joudreys Schuss klar am Pfosten gelandet war. Dass die Aufholjagd von Hechts Team zu spät kam und Arendt seine Mannschaft mit einem Hattrick zum Sieg führte, war gestern zweitrangig.
Richtig emotional wurde es nach dem Abschiedsspiel. Als die Bilder zweier eindrucksvoller Karrieren über den Videowürfel flimmerten, hatten Hecht und Arendt Tränen in den Augen. „Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden, ich bin überwältigt“, sagte Arendt. „Dass ich einmal in einem solchen Rahmen verabschiedet werden würde, hätte ich nie zu träumen gewagt.“ Hecht ging es genauso. „So große Nervosität habe ich schon lange nicht mehr verspürt. Es war mir ein Vergnügen, dass ich für euch auf dem Eis stehen durfte“, rief er den Fans zu.
Dann war es so weit. Untermalt mit feierlicher Musik wurden um genau 22.09 Uhr die beiden Banner unters Arena-Dach gezogen. Sie gesellten sich zu den Trikots von Vereinsgrößen wie Werner Lorenz, Harold Kreis oder Marcus Kuhl. Künftig werden die Nummern 55 (Hecht) und 57 (Arendt) nicht mehr in Mannheim vergeben – eine Ehre, die einem Ritterschlag gleichkommt.
„Wenn man so lange wie Jochen und Ronny im Profi-Eishockey mitspielen kann, dann ist das etwas Außergewöhnliches, denn unser Sport fordert viel. Beide können stolz sein auf diese Karrieren“, sagte Sascha Goc, der noch am Nachmittag mit seinem Bruder Niki dem dritten Goc für den Finaleinzug bei Olympia zugejubelt hatte. „Was für ein großer Tag für das deutsche Eishockey“, fasste Adler-Geschäftsführer Matthias Binder den 23. Februar 2018 zusammen – den Tag der Legenden.
Info: Fotostrecke unter morgenweb.de/adler
Drittelergebnisse: 0:4, 3:4, 4:1.Team Hecht: Markus Flemming, ...
Drittelergebnisse: 0:4, 3:4, 4:1.
Team Hecht: Markus Flemming, Youri Ziffzer – Sascha Goc, Dominik Bittner; Michael Bakos, Jörg Hanft; Andreas Renz, Alexander Sulzer – Philip Hecht, Glen Metropolit, Jochen Hecht; Daniel Körber, Till Feser, Andrew Joudrey; Mario Gehrig, Alexander Serikow, Christoph Ullmann.
Team Arendt: Youri Ziffzer, Ilpo Kauhanen – Shawn Belle, Nico Pyka; Blake Sloan, Martin Ancicka; Torsten Fendt, Niki Goc – Duanne Moeser, Tomas Martinec, Ronny Arendt; Craig MacDonald, Ken Magowan, Mike Glumac; Andrew Joudrey, Christoph Ullmann, Glen Metropolit.
Tore: 0:1 Glumac (7.), 0:2 Arendt (8.), 0:3 Sloan (12.), 0:4 Pyka (18.), 1:4 J. Hecht (Penalty/22.), 2:4 Gehrig (23.), 2:5 Sloan (27.), 3:5 Joudrey (30.), 3:6 Sloan (33.), 3:7 Arendt (38.), 3:8 Glumac (39.), 4:8 Serikow (42.), 5:8 Feser (47.), 5:9 Arendt (56.), 6:9 P. Hecht (57.), 7:9 S. Goc (60.).
Schiedsrichter: Peter Slapke.
Zuschauer: 11 231.
Strafminuten: Team Hecht 0 – Team Arendt 4.
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