Leichtathletik - Fabienne Königstein sitzt seit Dezember 2021 im Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbunds.

Fabienne Königstein - Mannheimer Marathon-Ass wirkt im DOSB-Präsidium

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Christian Rotter
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Marathonläuferin Fabienne Königstein will dem Sport auch über die Profikarriere hinaus verbunden bleiben. © Adam Warzawa / dpa/Philipp Dümcke

Mannheim. Fabienne Königstein ist Athletensprecherin, werdende Mutter und sitzt seit Dezember im Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbunds. Die Marathonläuferin der MTG Mannheim will viel bewirken, wie sie im Interview sagt.

Frau Königstein, Sie sind eine der besten deutschen Marathonläuferinnen, Athletensprecherin, Mitglied im Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbunds und werdende Mutter - welche dieser Rollen beansprucht Sie derzeit am meisten?

Fabienne Königstein: Es ist immer noch die Rolle der Läuferin, der Trainingsplan nimmt die meiste Zeit meines Tags in Anspruch. Bis zu meinem Entbindungstermin sind es noch fünf Wochen, daher laufe ich aktuell nicht mehr, um den Bewegungsapparat durch das Extra-Gewicht nicht zu überlasten. Ich sitze aber viel auf dem Fahrrad, trainiere im Wasser und mache Krafttraining.

Nach Ihrem elften Platz als beste deutsche Marathonläuferin bei der EM 2018 mussten Sie einige Verletzungen wegstecken. Ist nun eine gute Phase, um alles richtig auszukurieren?

Königstein: Im vergangenen Jahr hatte ich im August eine Operation. Ich wusste, dass ich danach eine ziemlich lange Reha-Phase haben werde. Eine Schwangerschaft passt zwar nie so ganz in eine sportliche Karriere. Ich habe mir allerdings gedacht, dass in den nächsten Jahren wohl kein besserer Moment kommen wird. Ich bin glücklich, dass es so schnell geklappt hat, schwanger zu werden. Ich kann mir jetzt bei allem mehr Zeit lassen und denke schon, dass es positiv ist, wenn ich in einem halben Jahr wieder richtig loslege und mein Körper bis dahin die benötigte Ruhepause hatte.

Gibt es schon ein sportliches Ziel, auf das Sie schielen?

Königstein: Wenn alles klappt, würde ich im Frühjahr 2023 schon gerne wieder einen Marathon laufen. Ich werde sehen, mit welcher Zielsetzung ich dann am Start stehe. Es ist schon wichtig, die Form vorsichtig aufzubauen, um nicht die nächste Verletzung zu riskieren. Ich muss auch erst einmal abwarten, wie die Geburt läuft.

Fabienne Königstein

  • Fabienne Königstein wurde am 25. November 1992 in Wiesloch geboren.
  • 2018 war ihr sportlich bislang erfolgreichstes Jahr. Bei der DM in Düsseldorf feierte die Marathonläuferin der MTG Mannheim den Titelgewinn, bei der EM in Berlin landete sie auf dem elften Platz.
  • Die 29-Jährige hat an der Universität Heidelberg ihr Studium der Molekularbiologie erfolgreich abgeschlossen.
  • Seit dem vergangenen Jahr ist Königstein Präsidiumsmitglied im Verein „Athleten Deutschland“ sowie im Deutschen Olympischen Sportbund.

Sie engagieren sich sehr für den Sport. Liegt Ihnen das im Blut?

Königstein: Das kann man wohl so sagen, früher war ich auch immer die Klassensprecherin. Leider hatte ich im Studium und wegen des umfangreichen Trainings nicht mehr so viel Zeit, um mich zu engagieren. Nach dem Studium war für mich klar, dass ich die frei gewordene Zeit nutzen will, um mich in der Athletenvertretung einzubringen.

Welche Ämter haben Sie übernommen?

Königstein: Im Oktober 2021 wurde ich zunächst in das Präsidium des Vereins „Athleten Deutschland“ gewählt. Parallel wurde ich zusammen mit den anderen Präsidiumsmitgliedern auch in die Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes gewählt. In den Satzungen ist festgehalten, dass diese zusätzliche Gremien besetzt. Dazu gehört das DOSB-Präsidium, aber zum Beispiel auch der Aufsichtsrat der Sporthilfe und der NADA. Wir haben uns intern abgesprochen, wer was machen möchte, und da ich das DOSB-Präsidium spannend finde und Frankfurt nicht so weit weg ist, habe ich dort eine Rolle übernommen.

Was ist Ihr größtes Anliegen?

Königstein: Mir ist besonders wichtig, dass wir in der Athletenkommission alle an einem Strang ziehen. Nur so können wir effektiv etwas für die Athleten erreichen. Im Sommer soll es eine Umfrage unter den Athletinnen und Athleten geben, welche Themen aktuell die drängendsten und wichtigsten sind. Wenn wir die Ergebnisse ausgewertet haben, entscheiden wir, in welchen Bereichen wir in den nächsten Jahren die Schwerpunkte setzen werden.

Ist es illusorisch, darauf zu hoffen, dass Athletinnen und Athleten bei der Vergabe von sportlichen Großereignissen gehört werden?

Königstein: Beim Internationalen Olympischen Komitee ist in den vergangenen Jahren einiges passiert, unter anderem gibt es jetzt eine Menschenrechtsklausel in den Verträgen mit den Gastgeberländern, die diese unterzeichnen müssen. Es findet ein Umdenken statt, auch beim Thema Nachhaltigkeit, was ich sehr begrüße. Insofern könnte ich mir schon vorstellen, dass künftig die Athletinnen und Athleten mehr beteiligt werden.

Dann sind Sie in diesem Punkt gar nicht so skeptisch?

Königstein: Ich sehe die positiven Entwicklungen. Man sieht ja, an welche Länder die Olympischen Spiele in den nächsten zwölf Jahren vergeben wurden. Ich denke, das ist ein starkes Signal. Ehrlich gesagt, bin ich die Diskussionen um die Olympischen Spiele in Peking langsam leid. Das hat viele Facetten. Zum einen wurde die Entscheidung, dass Peking die Spiele bekommt, schon 2015 getroffen. Seither hat sich wirklich viel getan. Zur Wahrheit gehört auch, dass damals die einzige Alternative Kasachstan war, was auch nicht viel besser gewesen wäre. Und die deutsche Bewerbung für München hat leider in der Bevölkerung keine Unterstützung gefunden. Ich finde es extrem schade, dass man so kritisch nach China schaut, statt sich zu fragen, warum wir die Spiele nicht wollten. Das ändert natürlich nichts daran, dass auch ich die Vergabe der Spiele an China kritisch sehe. Man wird einen solchen Fehler nicht mehr machen. Für uns Athleten war es gerade in der Corona-Zeit, in der viele Veranstaltungen abgesagt werden musste, aber sehr wichtig, dass Olympia stattgefunden hat.

© picture alliance/dpa/PAP

Sie wollen sich beim DOSB auch Frauen-Themen annehmen. Was wollen Sie konkret bewirken?

Königstein: Das Thema Frauen und Sport hat viele Facetten. Ich bin sehr interessiert an der medizinisch-trainingswissenschaftlichen Seite. In der Forschung muss es mehr Studien geben, in denen weibliche Sportler untersucht werden, zurzeit sind das meist Männer. Gerade das Thema zyklusbasiertes Training finde ich sehr spannend, darüber weiß man noch viel zu wenig. Ich finde es zudem extrem wichtig, dass bei sportmedizinischen Checks künftig auch gynäkologische Untersuchungen dabei sind. Es muss zumindest Ansprechpartner für Athletinnen geben. Viele fühlen sich da ziemlich alleingelassen. Der Haus- oder Frauenarzt kennt sich nicht so gut damit aus, was für Sportlerinnen wichtig ist.

Zu Beginn des Interviews haben wir über Ihre verschiedenen Rollen gesprochen, wie zeitintensiv sind die beim DOSB und bei Athleten Deutschland?

Königstein: Mittlerweile finden viele Sitzungen digital statt und sind damit gut umsetzbar. Wenn es am Abend eine zwei-, dreistündige Onlinekonferenz gibt, kann ich den Tag über trotzdem mein Trainingspensum abspulen.

Ihre Amtszeit ist auf vier Jahre angelegt, was ist der nächste Schritt?

Königstein: Ich schiele ein bisschen darauf, dass ich nach meiner Sportlerkarriere irgendwo hauptamtlich im Sport arbeite. Ich möchte dem Sport mein Leben lang verbunden bleiben. Ich hoffe, dass ich in meinen Ehrenamtsjahren einen noch besseren Einblick bekomme.

Inwiefern hilft Ihnen bei Ihren vielen Aufgaben die Disziplin, die man als Marathonläuferin mitbringen muss?

Königstein: Ich habe mir über die Jahre eine gewisse Routine antrainiert. Die braucht man, um alles unter einen Hut zu bekommen. Die Mutter-Rolle, die nun noch dazukommen wird, wird eine ganz neue Herausforderung. Sie wird mir aber auch sehr viel Kraft geben.

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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