Olympia

Ein Löwe zerreißt sich für den großen Olympia-Traum

Jannik Kohlbacher war im letzten Gruppenspiel der deutschen Olympia-Handballer gegen Slowenien gefordert. Und der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen lieferte. Die DHB-Auswahl sicherte sich auch dank ihm den Gruppensieg

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Christian Rotter
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Packten ordentlich zu: Sebastian Heymann (links) und Jannik Kohlbacher (rechts) stoppen Kristjan Horzen. © Marco Wolf/Imago

Paris. Bei seinem Ausblick auf den Medaillenkampf war Jannik Kohlbacher genauso forsch wie zuvor auf dem Parkett. „Ich wäre nicht ich, wenn ich nicht sagen würde, dass wir jedes Spiel gewinnen wollen“, sagte der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen nach dem souveränen 36:29 (23:14)-Erfolg im letzten Gruppenspiel gegen Slowenien.

Mit dem Sieg zog die deutsche Handball-Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen in Paris als Gruppenerster ins Viertelfinale ein. In diesem wartet am Mittwoch aber die größtmögliche Herausforderung: Im Fußballstadion von Lille geht es für das Team von Bundestrainer Alfred Gislason vor 27 000 Zuschauer gegen Europameister Frankreich - und seine Fans.

Kohlbacher hatte zuletzt kürzertreten müssen, seine Adduktoren machten sich bemerkbar. Da diesmal Luca Witzke verletzungsbedingt nicht zur Verfügung stand und sich Kohlbachers Probleme gebessert hatten, kehrte der 29-Jährige in den Kader zurück. Der Odenwälder saß zunächst auf der Bank und sah von dort aus, wie seine Teamkollegen nicht ins Spiel fanden. 8:10 hieß es nach 15 Minuten in einem Duell, in dem es für beide Mannschaften nur noch darum ging, von der bestmöglichen Position aus in die K.o.-Runde zu starten. Das Ticket für das Viertelfinale hatten beide bereits gelöst.

Mit Kohlbacher kommt der Umschwung

Gislason reagierte. Obwohl klar war, dass es bei einem Sieg gegen Frankreich gehen würde, wollte der Isländer unbedingt die Gruppe gewinnen - und seine Spieler taten ihm den Gefallen. Zur Halbzeit hieß es 23:14 für Deutschland, weil die Abwehr immer besser zupackte und Sebastian Heymann von den Rhein-Neckar Löwen (sechs Tore) seine bislang beste Turnierleistung zeigte.

Auch nach der Pause blieb Kohlbacher auf der Platte. „Unser Coach konnte Jungs wie Johannes Golla und Julian Köster schonen. Es ist doch super, wenn unsere Kräfte im Viertelfinale frisch sind“, sagte Kohlbacher, der auch bei der hohen Führung in der zweiten Halbzeit weder sich noch Gegner schonte. Als würde es Spitz auf Knopf stehen, warf er sich in die Zweikämpfe, holte Siebenmeter heraus und trug sich auch selbst in die Torschützenliste ein.

Viertelfinalgegner Frankreich bleibt bislang hinter Erwartungen zurück

Seinen bislang größten internationalen Erfolg mit der Nationalmannschaft hatte Kohlbacher vor acht Jahren mit dem EM-Titel gefeiert. „Seitdem ist einiges an Erfahrung dazugekommen. Und ich bin vor einem Länderspiel nicht mehr so nervös“, betonte der 29-Jährige, der - wenn es gut läuft - beim olympischen Turnier die Marke von 120 Länderspielen knacken kann.

Damit er dieses kleine Jubiläum feiern kann, muss Deutschland am Mittwoch Frankreich aus dem Weg räumen. Ein großer Name, der bislang in Paris aber weit hinter den Erwartungen zurückblieb und keinen großen Schrecken verbreitete. Der Viertelfinaleinzug des Teams um Nikola Karabatic stand erst am Sonntagnachmittag nach dem 24:20 im letzten Gruppenspiel gegen Ungarn fest.

Umzug nach Lille tut deutschem Team laut Kohlbacher gut

Deutschland wird dagegen mit breiter Brust in die Partie gehen. „Die Mannschaft ist sehr konstant geworden und wächst mit jedem Spiel. Ich freue mich über die Leistung aller Spieler. Die Jungs haben sich super konzentriert in der Vorrunde“, lobte Gislason den Auftritt seiner Truppe, die sich nur gegen Kroatien den Schneid abkaufen ließ und sich mit 8:2 Punkten den Gruppensieg sicherte.

An diesem Montag zieht das deutsche Aufgebot weiter nach Lille. „Vermissen werde ich, dass ich mit Basti Heymann nicht mehr an der Seine spazieren kann“, sagte Kohlbacher, für den die Vorteile des neuen Spielorts aber klar überwiegen: „Es wird uns guttun, vom Trubel wegzukommen. Außerdem werde ich die langen Wege zum Essen nicht vermissen. Teilweise ging da mehr als eine Stunde drauf.“

Mit Clubkollege Heymann zeitweise im Innenblock

Vor drei Jahren war Kohlbacher zum ersten Mal bei Olympia dabei. Wobei die wegen der Corona-Pandemie ins Jahr 2021 verlegten Spiele in Tokio in vielen Bereichen außergewöhnlich waren. „Japan an sich war schon etwas Besonderes. Das alles aber in leeren Hallen und alle mussten Masken tragen? Es kam kaum olympisches Flair auf“, sagte Kohlbacher, der damals nur gegen Brasilien zum Einsatz kam.

Nun spielt er eine größere Rolle. Er zeigte, dass er sich für das Team - und für eine Medaille - zerreißen wird. Gegen Slowenien stellte er für einige Minuten sogar mit seinem neuen Clubkollegen Heymann den Innenblock. Ein Duo, auf das sich die Löwen-Fans in der nächsten Saison freuen dürfen. Auch Seite an Seite in der Abwehr? „Basti hat das in Göppingen überragend gespielt. Ich denke schon, dass das gegen Slowenien gut funktioniert hat und für unseren Clubcoach Sebastian Hinze eine Alternative ist.“

Redaktion Koordinator der Sportredaktion

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