Fußball-WM

Die Sehnsucht der deutschen Frauen nach der Melbourne-Rückkehr

Der Auftakt in der australischen Metropole war einer nach Maß. Beschwingt bereiten sich die DFB-Frauen nun auf das zweite Gruppenspiel gegen Kolumbien vor. Vor den Südamerikanerinnen warnt die Bundestrainerin eindringlich

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Frank Hellmann
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Lena Oberdorf versprühte bei der Abfahrt gute Laune. Bald will sie wieder auf dem Platz stehen. © Sebastian Gollnow/dpa

Melbourne. Die Melbourne Docklands gelten als das Megaprojekt einer atemberaubenden Großstadt. Milliardenschwere Investitionen haben in den alten Hafenanlagen teure Wohnungen für rund 30 000 Menschen, ein tolles Football-Stadion und futuristische Hotels entstehen lassen. Eine komplett schwarz verglaste Luxusherberge steht etwa an der Waterfront in zweiter Reihe hinter Palmen. Dort quartierten sich die deutschen Fußballerinnen für ihren WM-Auftakt gegen Marokko ein und eben dort verbrachten sie nach dem 6:0-Kantersieg eine weitere Nacht.

Am Dienstagmorgen unternahmen etliche Spielerinnen noch eine schnelle Shoppingtour, ehe es zum Flieger nach Newcastle und dann zurück ins Quartier nach Wyong ging. Mit Selbstvertrauen statt Selbstzweifeln.

Ehe die Vorbereitung auf das zweite Gruppenspiel gegen Kolumbien am Sonntag (11.30 Uhr/live in der ARD) anläuft, steht der Mittwoch noch einmal zur freien Verfügung. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hält am Mix aus Anspannung und Entspannung fest. Schöne Plätze an der Central Coast gibt es noch genügend zu entdecken - man muss in diesem riesigen Land nur weit genug fahren.

„Noch viel Luft nach oben“

„Es wird bestimmt wieder einiges angeboten“, sagte Torhüterin Merle Frohms, die ihre Vorderleute dafür lobte, „auf den Punkt zu performen“. Sie selbst hatte sich am Abend des erfolgreichen Auftaktspiels mit einer Portion Pommes belohnt - passend zum Hashtag der DFB-Frauen: #hungriGER.

Mittelfeldspielerin Lina Magull fand, es sei wichtig gewesen, „für uns selbst ein Zeichen zu setzen, natürlich auch ein gutes Gefühl nach Deutschland zu vermitteln“. Aber übertreiben müsse man nun auch nicht. Auch Führungsspielerin Svenja Huth sah angesichts weiterhin zu vieler Abspielfehler noch „viel Luft nach oben“.

Popp denkt an ihren verstorbenen Vater

Dennoch schien in der australischen Sporthauptstadt von einigen so viel Ballast abzufallen wie nach einer ekligen Dschungelprüfung. „Girl On Fire“ von Alicia Keys sang sogar die sonst doch eher schüchterne Stürmerin Jule Brand voller Inbrunst mit, als der FIFA-Bus zurück vom Olympic Park durch den Regen von Melbourne fuhr.

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Mal wieder Feuer und Flamme scheint vor allem Alexandra Popp zu sein, die für die Mission zum dritten Stern brennt wie kaum eine andere. Die wegen ihres kürzlich verstorbenen Vaters etwas sentimentale Doppelpackerin schälte sich einmal mehr als Unterschiedsspielerin heraus. Nur hat das von der 32-Jährigen verletzt verpasste EM-Finale auch belegt, dass eine alleine auch nicht alles richten kann.

Lob für Doorsoun

Insofern eine gute Botschaft, dass ihre eingewechselte Vertreterin Lea Schüller spät vor dem Block mit den meisten der 2500 deutschen Fans traf. Da könnte jemand vielleicht noch so wichtig werden, wie es Sara Doorsoun oder Melanie Leupolz bereits waren.

Deren Einsätze kamen für die Kaderhygiene zu einem idealen Zeitpunkt. Gegen den mit Abstand schwächsten WM-Gegner blieben kleine Wackler folgenlos. Die bereits bei der WM 2019 in allen fünf Spielen zum Einsatz gekommene Doorsoun wisse, „wie man Dinge abläuft“, lobte die Bundestrainerin. „Ihre positive Energie tut uns gut.“ Die 31-jährige Abwehrspielerin hat über den Fußball zu sich selbst gefunden.

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Was Leupolz von der Geburt ihres mit nach Australien genommenen Sohnes sagen kann. „Auf dem Weg zum Stadion musste ich mich mal kneifen, dass ich wirklich wieder bei der Weltmeisterschaft bin, sogar in der Startaufstellung stehe und mein Land repräsentieren darf.“

Bundestrainerin warnt

Der (Mutter-)Stolz war der 29-Jährigen anzusehen. Vor den Augen des designierten DFB-Sportdirektors Sami Khedira sandte Leupolz aus der kosmopolitischen Großstadt die Botschaft: Es geht im Notfall auch ohne die in England noch so überragenden Stützen Marina Hegering und Lena Oberdorf, wobei letztere bereits schon wieder so viel witzelte, dass sie bald wieder die grätschende Spaßverderberin spielen dürfte. „Ich bin zuversichtlich, aber das bin ich ja immer in jeder Situation.“

Die 21-Jährige wird es im fast ausverkauften Football Stadium von Sydney am Sonntag auch brauchen, denn Kolumbien hat seine Qualitäten mit einem ersten Ausrufezeichen beim 2:0 gegen Südkorea unterstrichen. Voss-Tecklenburg warnte erneut vor der „körperlichen Wucht und starken Physis“.

Hinzu kommt eine bisweilen grenzwertige Gangart, auf die sich ihr Team einstellen muss. Gleichwohl: Bei allem Respekt vor den Fortschritten des Südamerika-Zweiten kann für die DFB-Frauen allein der Gruppensieg das Ziel sein. Mehr als ein netter Nebeneffekt wäre es, dass es dann zum Achtelfinale am 8. August erneut ins pulsierende Melbourne gehen würde. Dort sieht man sich nur als Gruppenerster wieder. Der Gruppenzweite muss am selben Tag in Adelaide antreten. Auch attraktiv, aber nicht so atemberaubend.

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