Doha. Ehrbare Geister gibt es in Katar weitaus mehr als Einheimische. Überall tun sie etwas, oft in übergroßer Zahl. In dem reichen Wüstenemirat würde ohne die vielen Arbeiter und Angestellte aus allen Ecken der Erde, die im Schatten der Glitzerwelt ihren Dienst tun, bei dieser WM nichts laufen. Kein Hotel oder Shop hätte geöffnet, kein Bus oder Taxi würde fahren - und niemals wären beispielsweise acht WM-Stadien entstanden. Insofern ganz passend, dass am katarischen Nationalfeiertag beim WM-Endspiel zwischen Argentinien und Frankreich im pompösen Lusail-Stadium (Sonntag, 16 Uhr/ARD) auch zwei fleißige Lieschen mitmachen, die ein fast selbstloser Ansatz vereint.
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Ohne Rodrigo de Paul, Nummer sieben der Argentinier und Aurélien Tchouaméni, die Nummer acht der Franzosen, würden sich kaum Lionel Messi und Kylian Mbappé duellieren. Sie sind es, die den Weltstars den Rücken freihalten. Zwei Bodyguards, die ziemlich darin aufgehen, ihrer Majestät auf dem Weg ins Finale zu dienen. Wer ihren Wert verkennt, hat den Fußball nicht verstanden. Sie sind es erst, die zwischen Defensive und Offensive das Gleichgewicht herstellen, wobei sich die Mittelfeldspieler in ihrem wachsamen Auftreten teils ähnlich sind.
Beide spielen in Madrid
Vielleicht liegt’s daran, dass sie inzwischen in derselben Stadt den Ordnungshüter spielen, weil der eine (De Paul) seit dem vergangenen Jahr bei Atletico Madrid spielt, der andere (Tchouameni) seit dieser Saison bei Real Madrid. Beide haben viel von ihrem Spielverständnis, ihr Gefühl für Raum und Zeit vorrangig auf Vereinsebene gelernt.
De Paul, 28, profitierte von der Serie A in Italien, wo taktische Lehre großgeschrieben wird. Fünf Jahre spielte er bei Udinese Calcio, ehe ihn sein Landsmann Diego Simeone unbedingt bei Atletico haben wollte. Er ist kein glänzender Techniker, seine Passquote ist selten überragend, aber dafür seine Präsenz. Er versteht sich als Kämpfer, der alles für den Kapitän tut.
Tchouaméni, 22, profitierte von der guten Nachwuchsausbildung bei Girondins Bordeaux, kam dann bei AS Monaco unter, wo ihn anderthalb Jahre der disziplintreue Niko Kovac trainierte, den er seinen besten Lehrmeister nennt. Er hat gegen England ein Fernschusstor erzielt und gegen Marokko 95 Prozent seiner Pässe an den Mann gebracht. Im Halbfinale war er in seinem 20. Länderspiel der omnipräsente Verbindungsmann. Wie es sich für einen selbstbewussten Aufsteiger gehört, hat er auch keinerlei Angst vor dem Weltstar auf der Gegenseite: „Messi oder kein Messi. Es ist ein WM-Finale, wir wollen einfach nur gewinnen.“ Ein ehrbarer Ansatz.
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