Frankfurt. Kim Gottwald jubelte mehr als sonst, als Niclas Füllkrug in der Nachspielzeit gegen die Schweiz per Kopfball zum 1:1 ausglich. Gut, er wird nicht der Einzige im Land gewesen sein, der den sicheren Platz eins der deutschen Elf in der Gruppe feierte. Für Kim Gottwald bedeutete das Tor jedoch mehr als nur die Freude über den Ausgleichstreffer. Es bedeutet, dass das nächste Spiel in Dortmund stattfinden wird und nicht in Berlin. Somit verkürzte sich Gottwalds Weg um ein paar Hundert Kilometer. Denn der 20-Jährige läuft der deutschen Nationalmannschaft hinterher. Und das, obwohl er bisher nur eines der Spiele im Stadion verfolgen konnte.
Als er am Dienstag nach dem Spiel gegen die Schweiz ans Telefon geht, ist Gottwald „irgendwo in Hessen“. Auf dem Weg von Frankfurt nach Dortmund stehen für ihn an einem heißen Dienstag 46 Kilometer auf dem Programm. „Hinzu kommen 700 Höhenmeter.“
Seit dem ersten Spiel der DFB-Elf in München läuft Gottwald durch die Republik. „Bevor es in München losging, war ich schon sehr aufgeregt“, sagt er. „Werde ich Schmerzen haben? Kann ich nach dem ersten Tag laufen? Schaffe ich das überhaupt?“ Das seien die Fragen gewesen, die den 20-Jährigen beschäftigten. Doch er lief einfach los. Von den Schmerzen und Zweifeln blieb nicht viel übrig – „wahrscheinlich auch wegen des Adrenalins“.
In Bayern hat es ihm am besten gefallen
Gottwald scheint ein junger Mann zu sein, der spontane Aktionen liebt. „Die Idee, zu den Spielen der deutschen Mannschaft zu joggen, hatte ich vor etwa einem Monat.“ Er habe auf dem Spielplan gesehen, dass die Vorrundenmatches im süddeutschen Raum sind und gedacht: „Das passt super.“ Mittlerweile hat er mehr als 400 Kilometer bewältigt.
Vor dem ersten Spiel gegen Schottland reiste Gottwald von Köln mit dem Zug an. Denn dort studiert der 20-Jährige, der in seiner Freizeit meistens 15- und 20-Kilometer Läufe macht, Jura. Gerade bereite er sich auf das erste Staatsexamen vor, Präsenzveranstaltungen in der Uni fallen somit weg. „Sonst hätte ich keine Zeit, den ganzen Tag zu laufen.“ Unterstützt wird Gottwald von seinen Eltern: Seine Mutter sei bis Frankfurt mitgeradelt, sein Vater fahre jetzt mit Auto und Gepäck mit. Warum tut sich das der 20-Jährige an?
„Mir gefällt die Herausforderung.“ Zudem spiele die Vermarktung des Projekts eine entscheidende Rolle: Gottwald teilt jeden Tag Videos seiner Läufe und gibt seinen 30 000 Abonnenten Einblicke in seinen Alltag. Egal, ob es ein Schnipsel des Blaubeermuffins ist, den er frühstückt oder der Ausblick von einem Aussichtspunkt: Seine Zuschauer können virtuell fast mitlaufen.
In Person sei zwar noch niemand mitgelaufen, Gottwald sagt jedoch, er würde sich über Begleitung freuen. Ein weiterer Motivationsschub sind die Spiele der DFB-Elf: „Die geben Kraft und machen Lust auf mehr.“ In Frankfurt bekam er Karten für das Spiel, die ersten zwei Spiele verfolgte er beim Public Viewing. Ob es in Dortmund mit einem Ticket klappt, sei bisher nicht sicher.
Insgesamt habe es ihm in Bayern bislang am besten gefallen: „Die Landschaft dort ist schon etwas Einzigartiges.“ Abends sei er oft in Biergärten gegangen, „als ich mit den Leuten ins Gespräch gekommen bin, waren viele begeistert“. Am Samstag möchte Gottwald in Dortmund ankommen. Wenn es für die deutsche Mannschaft gut läuft, geht es für den 20-Jährigen am Sonntag weiter. Dann in Richtung Stuttgart. Dort findet das Viertelfinale statt.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/sport_artikel,-sport-der-deutsche-fan-der-zu-allen-spielen-laeuft-_arid,2219575.html